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festzusetzen: 1. wie die Löhne und Gedinge erhöht werden; 2. dafs für keinen Bergmann die Schicht länger als 8 Stunden dauert, dafs die Ein- und Ausfahrt in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde dauert, und dafs bei längerer Dauer der Seilfahrt die Zeit möglichst auf Kosten der Zeche geht; 3. dafs Ueberschichten nur statlfinden: a) wenn sie zur Sicherheit des Berg werks oder zur Sicherung von Bergleuten noth wendig sind, b) wenn solche nach vorheriger Verständigung zwischen Grubenverwaltungen und Bergleuten in Fällen aufserordentlicher Geschäfts häufung nothwendig sind; 4. jeder Zwang zu Ueberschichten ist zu verbieten, insbesondere dem Bergmann ohne vorherige Meldung zu gestatten, zur gewöhnlichen Schicht ein- und auszufahren; 5. Pulver, Oel und Gezähe ist nur zu den Selbst kosten der Zeche zu berechnen; 6. eine Mafs- regelung der Streikenden auszuschliefsen: 7. die Abkehrscheine gemäfs § 4 des Essener Protokolls des Vorstandes des bergbaulichen Vereins ein zurichten. Der Vorstand des bergbaulichen Vereins ist i nach seiner Erklärung verpflichtet, für die stricte Durchführung dieser Bedingungen einzutreten. I Bezüglich des Wagennullens und der Ordnungs- [ strafen, des Unternehmer-Wesens u. s. w. bringen wir in Vorschlag, dafs das Gentral-Streik-Gomite über diese letzteren Punkte ein Promemoria an das König]. Oberbergamt richtet und auf die baldmöglichste Beseitigung aller nach der Richtung eingerissenen Mifsstände hinzuwirken sucht. Werden diese Bedingungen nicht durchgeführt, so soll nach 2 Monaten wiederum gestreikt werden.“ Soweit die officiellen Actenstücke. Wenden wir uns nun kurz zu der Beur- theilung des Wesens dieses Arbeiterausstandes, | so kann darüber kein Zweifel sein, dafs hier seitens der Arbeiter ein Versuch der Vergewalti gung vorlag, der ohne Noth in Scene gesetzt wurde; denn die Arbeiter hätten ganz dasselbe I erreichen können, wenn sie die ordnungsmäfsige Kündigungsfrist eingehalten und inzwischen ihre Forderungen mit dem Hinweise, dafs sie bei Nichtgewährung derselben nach 14 Tagen sämmt- lieh die Arbeit einstellen würden, formulirt hätten. Sie hätten dann unser wirthschaftliches Leben vor grofsem Schaden bewahrt und wären selbst nicht contractbrüchig geworden. Se. Maj. der Kaiser hat den letzteren Punkt den Arbeiterver- tretern gegenüber sehr stark betont und daran hätten sich unserer Meinung nach viele, an scheinend recht übereifrige Vermittler ein gutes Beispiel nehmen können. Die Arbeiterabordnung hat Sr. Majestät selbst erklärt: „Auf die Lohnerhöhung legen wir nicht Werth.“ Hungerlöhne, von denen die in der Aufhetzung der Arbeiter gegen die Arbeitgeber ihre Lebensaufgabe und Lebensbedingung suchende Art der Presse einmal wieder nicht genug zu sprechen wufste, sind es also nach ausdrück licher Versicherung der Arbeiter selbst nicht ge wesen, welche zu dem Ausstande führten, sondern das Bestreben, das zu erhalten, „was sie von ihren Vätern ererbt“, nämlich 8stündige Schicht. Gerade diese Forderung aber haben die Arbeiter fallen lassen, wie denn auch die »rückhaltlose« Unterwerfung der Arbeitgeber unter die For derungen der Arbeiter, welche als Vorbedingung des Wiederbeginns der Arbeit verlangt wurde, keineswegs erfolgt ist, weil sie nicht erfolgen konnte, wenn nicht Ordnung und Unterordnung, die im grofsgewerblichen wie in jedem geschäft lichen Betriebe herrschen müssen, völlig negiert werden sollte. Das hat mit gesundem Gefühl die Mehrzahl der Bergleute eingesehen, und so bleibt es bei der Nichteinberechnung der Ein- und Ausfahrt in die 8 stündige Schicht, welch letztere übrigens ein Vorzug des rheinisch-westfälischen Berg manns genannt werden mufs, da sie in keinem andern Reviere, auch nicht auf den König lichen Gruben in Saarbrücken, üblich ist. Sagt doch die Königl. Bergwerksdireclion daselbst in ihrer am 17. Mai an die Bergleute gerichteten Bekanntmachung wörtlich: „Eine Verkürzung der Schicht bei der Kohlengewinnung auf 8 Stunden, wie dieselbe bei Aus- und Vorrichtungsarbeiten stattfindet, ist auf den hiesigen Gruben nicht möglich.“ Wenn daher in den Versammlungen der aus ständigen Arbeiter vielfach die Ansicht geäufsert wurde, sie würden sich besser stehen, wenn sic »königliche Arbeiter« würden, so spricht diese Bekanntmachung der Saarbrückener Bergwerks- direction eben nicht sehr dafür, dafs diese Hoff nungen in Erfüllung gehen würden. Gerade dieses Beispiel staatlicher Gruben zeigt übrigens mehr als alle Auseinandersetzungen, dafs schliefslich die Forderungen der Arbeiter ihre natürliche Grenze an dem finden müssen, was überhaupt zu ge währen möglich ist. Dies ist aber von vielen Seiten — bewufst oder unbewufst — bei diesem Arbeiterausstande übersehen worden. Im Gegensatz zu solchem Unverstände legt selbst ein Mann wie der Abg. Hitze, dessen denk bar weitgehende Arbeiterfreundlichkeit doch wahr lich über allen Zweifel erhaben ist, in seinem »Arbeiterwohl« den rheinisch-westfälischen Berg leuten ans Herz, sich des Vorzugs der 8 stündigen Schicht bewufst zu bleiben. „So lange bei den westfälischen Gruben Seilfahrt oder eine andere maschinelle Menschenförderung nicht eingeführt war und die Belegschaften auch für gröfsere Teufen noch Fahrten (Leitern) benutzten, also zur Einfahrt und noch mehr zur Ausfahrt einen erheblichen Kraftaufwand aufwenden mufsten, war es durchaus gerechtfertigt, die dafür erfor derliche Zeit in die 8 stündige Schicht mit ein zubegreifen. Seitdem aber bei gröfser werdenden