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April 1889. „STAHL UND EISEN.* Nr. 4. 281 1. die Mosel von Metz bis Coblenz kana- lisirt werde; 2. bis zur Fertigstellung der Moselkanali- sirung die Frachten für die obengenannten Erze auf den Satz des Nothstandstarifs vom 1. August 1886 ermäfsigt werden mit der Mafsgabe, dafs dieselben niedrigen Frachtsätze für Eisenerztransporte über haupt zur Einführung gelangen. Zugleich wird die Ermäfsigung der Frachten auch für die übrigen zur Herstel lung des Roheisens benöthigten Rohmaterialien als ein dringendes Bedürfnifs bezeichnet, wenn die Exporlfähigkeit der deutschen Eisen- und Stahlindustrie erhalten bleiben soll.“ Aufs neue beschäftigte sich der Vorstand der Gruppe mit der Frage des Eisenbahntarifwesens, als er von dem ihm eng befreundeten »Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen In teressen in Rheinland und Westfalen« gebeten wurde, mit Bezug auf den von der Geschäfts führung des letzeren versendeten Fragebogen die Mitglieder der Gruppe um möglichst eingehende Beantwortung zu ersuchen. Dies geschah, und so war in der am 26. Januar 1889 stattgehabten Generalversammlung des genannten Vereins eine eingehende Besprechung der Eisenbahnfrachtfrage möglich, deren Resultat in der Annahme der nachfolgenden Beschlufsanträge gipfelte: „In anbetracht der schon seit mehreren Jahren in starker Zunahme begriffenen Ueber- schüsse der Staatseisenbahnverwaltung spricht der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirth schaftlichen Interessen in Rheinland und West falen die Erwartung aus, dafs diese Ueberschüsse, den bei Berathung des Eisenbahngarantiegesetzes und später wiederholt seitens der Königlichen Staatsregierung abgegebenen Erklärungen ent sprechend, in weit gröfserem Mafse als bisher für die Hebung der wirthschaftlichen Interessen des Landes verwendet werden. Insbesondere erklärt er es 1. für hothwendig, dafs die Reform des Tarifs im Sinne der Ermäfsigung der Frachtgebühren für Massengüter (Erze, Stein-, Braun kohlen und Koks, Erden und Steine, Kalk und Gement, Roheisen, Rohbaumwolle, Dünge mittel u. s. w.), sei es gleichmäfsig für das gesammte Staatseisenbahnnetz, sei es für bestimmte, besonders wichtige Verkehrsbe ziehungen, in kürzester Frist vorgenommen werde, um so mehr, als die Ausfuhrfähig keit, namentlich der niederrheinisch-west fälischen Industrie, bei den jetzigen Fracht sätzen auf die Dauer ernstlich bedroht er scheint. 2. Er erklärt ferner, dafs er von dem Beschlufs des Landeseisenbahnraths vom 8. December 1888 und der bei dieser Gelegenheit seitens des Vertreters der König!. Staatsbahnver waltung ausgesprochenen grundsätzlichen Zustimmungserklärung in betreff der Ab fertigungsgebühren, gern Kenntnifs genommen hat, da auch er seinerseits einen billigen Ausgleich der zwischen Osten und Westen bestehenden Ungleichheiten auf dem Gebiete der Abfertigungsgebühren für drin gend nothwendig hält, aber er erwartet, dafs bei einer Ermäfsigung derselben die Frachten auf gröfsere Entfernungen mindestens in demselben Mafse ermäfsigt werden wie die jenigen auf nähere Entfernungen, und dafs die Regelung dieser Frage mit Beschleuni gung erfolge. 3. Zur weiteren Hebung der Ausfuhr über deutsche Häfen erachtet der Verein eine fernere, den Wettbewerb mit den ausländi schen Häfen thatsächlich ermöglichende Herabsetzung der Frachtsätze für die zur Ausfuhr bestimmten Stückgüter für dringend nothwendig. 4. In bezug auf den Stückgutverkehr über haupt liegt es nach Ansicht des Vereins in der Billigkeit, dafs die in Mengen von mindestens 2 Tonnen gleichzeitig zur Aufgabe gebrachten Stückgüter dem Satze des Ausnahmetarifes für Stückgüter unter worfen werden, sowie dafs der in den Ein führungsbestimmungen für den Ausnahme tarif für Stückgüter erfolgte Ausschlufs der Stücke von aufsergewölnlichem Umfange (vgl. § 4b der allgemeinen Tarifvorschriften) zur Aufhebung gelangt.“ Lebhafte Klagen sind der Gruppe über die Art und Weise zugegangen, wie die neuen »Allgemeinen Bedingungen für die An lage, Bedienung und Unterhaltung von A n schl ufsge 1 eisen« von den Eisenbahnen zur Durchführung gebracht werden. In einem Falle wurde von einem Etablissement verlangt, dafs eine nur durch den Erwerb von Grund stücken, die einer anderen Firma gehörten, mög liche Erweiterung der Anschlufsgeleise vorge nommen würde. Da aber die letztere Firma die Grundstücke als für ihren Betrieb unentbehrlich bezeichnet, so wurde zwar von der Erweiterung nach dieser Richtung abgesehen, von dem ersteren Etablissement aber, welches für die nur im In teresse der Eisenbahn vorgenommene Veränderung seines Anschlufsgeleises bereits die enorme Summe von 24 433 verausgabt hat, verlangt, „sich ver traglich zu verpflichten, nach Eröffnung der neuen Bahnhofsanlagen auf Verlangen der Eisen bahnverwaltung ausreichende Uebergabegeleise und zwar je eines für die Zuführung und Ab holung der Wagen auf seine Kosten herzustellen“, also sich zu einem Vertrage zu verpflichten, dessen Tragweite absolut nicht zu übersehen ist. Das Werk hat sich natürlich geweigert und ist die Sache bis heute noch unerledigt.