Volltext Seite (XML)
sind Ihnen z. B. meine Arbeiten über die Unterschiede von Koks- und Holzkohlenroheisen, über die Schweifsbarkeit des Eisens, das Verbrennen des Stahls, die elektrische Leitungsfähigkeit des manganhaltigen Eisendrahts u. s. w. bekannt. Man hat mir wohl aus dieser anscheinend manchmal zu schleunigen Veröffentlichung einen Vorwurf gemacht, aber m. H., meiner Ansicht nach hat die Wissenschaft nicht nur die Aufgabe, das, was die Praxis bereits kennt und kann, durch thunlichst eingehende Versuche und zweifellose Ergebnisse zu begründen und zu erklären, sondern auch die Aufgabe, durch schnelle Mittheilung noch nicht vollkommen abgeschlossener Erfahrungen der Praxis Handhaben zu weiteren Fort schritten zu geben. (Beifall.) Hätte man die heutigen Kenntnisse in der Elektricitätslehre abwarten wollen, so besäfsen wir weder Telegraph, noch Telephon, noch Dynamomaschine. Meine Absicht ist auch erreicht. Ich habe die Anregung zu weiteren Fortschritten auf demselben Gebiete gegeben. Bei der Beobachtung des Kleingefüges von Eisen ist es stets nothwendig, auf eine gut polirte Schlifffläche zurückzugehen, und die verschiedenen Gefügebestandtheile durch sanfte Aetzung in verschiedene, aber wenig von einander abweichende Ebenen zu bringen. Das Verfahren ist von dem Engländer Sorby vor etwa 25 Jahren angegeben und seither von allen Mikroskopikern benutzt worden. Es ist dies auch gerechtfertigt. Ein jeder Bruch des Eisens folgt ja den Oberflächen der die Masse zusammensetzenden Krystalle oder Körner und durchschneidet der Regel nach nur die Masse, welche zwischen den einzelnen Körnern Verbindungen giebt, manchmal auch fehlt. So ist denn der Bruch, auch abgesehen von seiner Unebenheit, niemals geeignet zu mikroskopischer Untersuchung des Gefüges. Dafs man ein Eisen, dessen Kleingefüge im Schliffe untersucht werden soll, vorher in bezug auf Oberfläche, Bruch u. s. w. genau beobachten wird, liegt so nahe, dafs die Hinweisung darauf wohl überflüssig, ja komisch erscheinen möchte. Der geschliffene oder polirte Schliff eines Eisenstücks gründet sich auf die Herstellung so kleiner Bruchflächen, dafs diese nicht mehr der Oberfläche der Körner folgen, sondern durch letztere hindurchgehen, giebt also die Möglichkeit, auch in das Innere der Körner zu schauen. Die erste Aufgabe ist also, geeignete Schliffe herzustellen. Dies ist nicht schwer, es erfordert nur Geduld, hinreichend feine Schleifmittel, Kühlung des Eisenstücks beim Schleifen durch Waten im Wasser und Vorsicht beim Poliren zur Verhütung runder Kanten und Verdrückung weicher Eisentheile. In jeder mechanischen Werkstätte ist dies leicht auszuführen. Der Raum, in dem es geschieht, mufs nur abgeschlossen und vor Staub geschützt sein. Wem es Schwierigkeiten machen sollte, den will ich es gern lehren. Ist glücklich ein unter der Lupe rifsfreier Schliff hergestellt, so geht man an das Aetzen desselben, nachdem er sorgfältig durch Waschen mittels eines Pinsels in Chloroform von anhaftendem Schleifstaub und durch Chloroform, Alkohol und Aether von allen Fetttheilen befreit ist. Auch der geringste Theil von Fett, der vielleicht durch das Berühren mit dem Finger auf die Fläche gekommen ist, giebt, wenn man ihn nicht entfernt, vollkommen falsche Bilder wieder, und darum ist es nothwendig, für alle verschiedenen Fette die nöthigen Lösungsmittel zu haben, welche sich in Chloro form, Aether, Alkohol und deren Mischungen darbieten. Auch mit dem Aether mufs man vor sichtig sein. Wenn der Aether verdampft, giebt er leicht Rostflecke, welche nachher demjenigen, der nicht mit der Sache vertraut ist, als Gefügebild erscheinen. Das Zeichen der vollendeten Reinigung des Schliffes für die Aetzung ist, dafs ein Tropfen Wasser die ganze Fläche vollkommen gleichmäfsig bedeckt. Nun kommt das Aetzen. Durch dasselbe sollen die Gefügetheile verschieden angegriffen und dadurch in ein wenig verschiedene Ebenen gelegt werden. Wir müssen uns thatsächlich das Eisen denken als einen beim Erstarren krystallisirenden Körper, der gerade so gut, wie wir es bei Gesteinen finden, aus einer im flüssigen Zustande homogenen Masse verschiedenartig krystallisirende Körper ausscheidet, zwischen denen schliefslich eine Grundmasse erstarrt. Das Aetzen soll natürlich keine chemische Veränderung hervorrufen. Alle Aetzmittel, welche, wie z. B. das von irgend Jemand vorgeschlagene Silbernitrat, Niederschläge erzeugen, den wohl Mancher für Kohlenstoff gehalten haben mag, sind im voraus zu verwerfen. Aber auch unter den einfachen Säuren mufs Auswahl stattfinden. Ich empfehle für die Praxis allein verdünnte Chlor- wasserstoffsäure (anfangend mit 1 : 1000 Wasser dem Volumen nach). Gefährlich ist Salpetersäure. Sie haben, m. H., in der Literatur gewifs alle verfolgt, wie man gezwungen gewesen ist, in der Neuzeit dasjenige, was man früher als amorphen Kohlenstoff bezeichnete', in zwei besondere Arten zu trennen, nämlich in Gement- oder Carbid- und Härtungskohlenstoff. Aetzt man nun mit Salpeter säure, so verhalten sich beide Kohlenstoffarten verschieden: Härtungskohlenstoff giebt braunschwarze, Cementkohlenstoff blaue Abscheidungen , und diese lassen zwar vorerst schon ein hübsches Urtheil über die Kohlenstoffarten zu, aber gleichzeitig heften sie sich so fest an das Eisen, dafs das Bild ein vollständig falsches wird. Nach meinen vielen Versuchen ist die Salzsäure das einzige Agens, welches man zweckmäfsig zu gleichartigen Aetzungen in der Praxis brauchen kann.