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an den kalten Weltraum abzugeben, während die der Erdoberfläche benachbarten von dieser aus stetig er wärmt werden. Dieser Procefs, der nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tage stattfindet, ist es, der die unteren Luftschichten warm erhält, während die oberen kalt bleiben. Gay-Lussac stieg mit dem Luftballon 7000 m hoch und beobachtete dabei ein Sinken der Wärme von 31°auf—io° Celsius. Barral und Bixio hatten in gleicher Höhe 38° Kälte auszuhalten. Gl ai sh er, der 10000 m hoch gestiegen war, hat mehr als 40° Kälte ertragen müssen. Ragt nun die Spitze eines Berges hoch hinaus in die Lufthülle der Erde, so findet zwar an seiner Ober fläche derselbe Procefs statt, die Sonnenstrahlen treffen ihn sogar ungeschwächter und die nächtliche Aus strahlung ist ungehinderter, aber zur Erwärmung der Atmosphäre trägt die isolirte Spitze, die stets von kühlen Luftmassen umspielt wird, nur wenig bei. Die Erwärmung des Berges durch die Sonne' ist selbst verständlich in dem Falle eine äufserst geringe, wenn seine Abhänge mit Schnee und Eis bedeckt sind, denn dann wird, nachdem die Temperatur auf o° gebracht ist, alle dunkle Wärme zum Schmelzen des Schnees verwandt, und ein weiteres Steigen der Wärme findet nicht statt. Nach Sonnenuntergang wird also die Temperatur schnell unter den Gefrierpunkt sinken, wenn nicht etwa der feuchtwarme Südwestwind den bisherigen Zustand ausnahmsweise aufrecht erhält. Die mittlere Jahrestemperatur der Montblancspitze wird von H. Schlaginweit auf —15° C. taxirt, was etwa einer nördlichen Breite von 70° entsprechen würde. Auf der Monterosaspitze wird es ähnlich sein. Dort beobachtete derselbe Forscher bei hellem Wetter am 22. August 1851 Mittags 12 Uhr — 5,1° C„ um 1 Uhr dagegen —4,8° C. Wenn aber Humboldt angiebt, dafs ihm auf den Abhängen des Chimborazo in 6000 m Höhe das Quecksilber im Thermometer gefroren sei, was also eine Temperatur von — 39° C. bedeuten würde, so mufs dies als etwas ganz Aufser- gewöhnliches betrachtet werden, da dort die Schnee grenze etwa bei 4800 m liegt, dieselbe also höchstens um 1200 m überschritten war. Hat doch selbst Glaish er in unseren Breiten erst bei 10000 m Höhe eine ähn liche Kälte erlebt. Während isolirte Bergspitzen die umgebende Luft durch nächtliche Ausstrahlung kaum zu erwärmen ver mögen, sind hochgelegene Plateaus um so mehr dazu imstande, je umfangreicher sie sind. Das grofsartigste Hochland der Welt ist die Hochebene von Tibet, deren mittlere Plateauhöhe 4000 m die Höhe zahlreicher Hochgipfel der Alpen übersteigt, dessen Fläche aber die des Deutschen Reiches um das Dreifache übertrifft. Dort finden sich noch in der Höhe von 5000 m Städte, wie z. B. Thok Dschalung in dem Goldbezirke bei den Indusquellen. Man wohnt also dort höher, als auf dem Gipfel des Montblanc. Wie ist dies möglich? Die Erwärmung und nächtliche Ausstrahlung der Erdoberfläche wird dort im wesentlichen ebenso vor sich gehen, wie im Flachlande, so dafs die be nachbarten Schichten der Atmosphäre hinreichende Wärme behalten, um das Thier- und Pflanzenleben zu ermöglichen. Der Barometerstand in jenen Höhen ist aber niedrig, d. h. die Lufthülle nicht so hoch, wie bei uns, die Luft aufserdem trocken, da die Entfernung von dem Ocean grols ist, der Erwärmungsprocefs sowohl wie der Aus- strahlungsprocefs wird also ein derartiger sein, dafs der Contrast zwischen Tageshitze und Nachtkälte sich in unangenehmster Weise fühlbar machen wird. Man er hält also eine Vorstellung davon, wie sich das Klima der Erde gestalten würde, wenn ein Theil ihrer Atmo sphäre plötzlich verschwände und namentlich der Wasser gehalt vermindert würde. Ferner erkennt man, dafs der bekannte Unterschied zwischen oceanischem und 1.8 continentalem Klima weniger darauf beruht, dafs das Wasser sich langsamer erwärmt und abkühlt als die Erde, sondern zum grofsen Theile darauf, dafs die Luft über dem Ocean mit Wasserdämpfen gesättigt ist, wäh rend sie über den Continenten weit trockener ist. Der Wasserdampf in der Luft ist es also, der die Erde wie ein Halstuch vor allzu starker Erwärmung und Abküh lung schützt, er hauptsächlich ist der Regulator des Klimas. Ohne die Atmosphäre würde der Unterschied zwischen Tag und Nacht bezüglich der Temperatur ein weit gröfserer sein, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Auch der Contrast der Temperaturen in der Sonne und im Schatten würde weit auffallender sein. In Rom beträgt diese Differenz im Durchschnitt 12°, in Genf 15,5°, in 2500 m Höhe fand man in der Schweiz 18,6°, auf der Höhe des Montblanc (4800 m) 21°, unter dem reinen Himmel Indiens in gröfserer Höhe sogar fast 28° Differenz. Diese Zahlen hat man benutzt, um die Temperatur der Sonne abzuschätzen, wobei man bis auf 5 Millionen Grad Celsius gelangt ist! Der Weg der Rechnung läfst sich in populärerWeise durch folgende Betrachtung einigermafsen veranschaulichen. Man nehme vorläufig einmal an, dafs an der Grenze der Atmosphäre das Thermometer im Sonnenschein 40 0 C. mehr zeige, als im Schatten, dann würde man, wenn zwei Sonnen, wie die vorhandenen, am Himmel ständen, etwa 8o°, bei dreien vielleicht 120° Differenz anzunehmen haben. Denkt man sich aber das ganze Himmelsgewölbe mit Sonnen bedeckt, so würde der gesammte Raum, der von ihnen eingeschlossen ist, die Sonnentemperatur anneh men. Die obige Zahl 40 wäre also mit der Zahl zu multipliciren , welche angiebt, wie viele Sonnen sich am Himmelsgewölbe placiren lassen, nämlich 184000. Wir werden aber unten sehen, dafs die Zahl 40 höchst wahrscheinlich zu klein angenommen ist. Es sei nun nicht verschwiegen, dafs diese Methode nicht ohne Bedenken ist und dafs andere Forscher, z. B. Zöllner, weit geringere Temperaturen für die Sonne an genommen haben. Der Genannte fand 27 000°. Die obengenannte Zahl, so colossal sie klingt, stimmt aber recht gut mit den von Helm holz gefundenen Resul taten zusammen, die aus der mechanischen Wärme theorie abgeleitet sind und uns vielleicht gelegentlich beschäftigen werden. Was nun den Begleiter unserer Erde, den Mond, anbetrifft, der durchschnittlich der Sonne ebenso nahe ist, wie wir, so steht zu vermuthen, dafs seine mittlere Oberflächentemperatur etwa der der Erde entsprechen wird. Da er aber keine, oder höchstens eine kaum nachweisbare Atmosphäre besitzt, so werden die Tem- peraturcontraste weit gröfser sein, als bei uns, beson ders dann, wenn der Wasserdampf fast vollständig fehlen sollte. Die Differenz wird noch dadurch erheb lich vergröfsert, dafs jeder Punkt der Mondoberfläche im Durchschnitt 14 Tage (ä 24 Stunden) lang von der Sonne beschienen wird, 14 Tage lang aber sich in der Nacht befindet. Wie grofs mag der Wärmeunterschied sein? Erst in neuerer Zeit ist es gelungen, nachzuweisen, dafs das Mondlicht überhaupt wärmende Kraft besitzt, dafs es also einen gröfseren Theil dunkler Wärmestrahlen enthält. Die von Melloni, Forbes und Lord Rosse mit der Thermosäule angestellten Versuche haben den Nachweis geliefert. Nach Rosse sollen 92% der Mond strahlung auf die dunkle Wärme zu rechnen sein. Er hat ferner berechnet, dafs der Mond etwa ebenso stark wärmend wirkt, wie eine gleich grofse Kugel von 110° Celsius in gleich grofser Entfernung. Nimmt man nun die mittlere Temperatur der Erdoberfläche beispielshal ber zu 18° an, und setzt man die des Mondes ebenso- grofs an, so ergiebt sich für die Nachtseite des Mondes eine mittlere Temperatur von — 74 0 (denn 110 — 74 = 56, die Hälfte also gleich 18). Die mittlere Differenz zwischen Tag- und Nachtwärme beträgt also dort oben 184°, während die Maximaldifferenz die Zahl 200 jeden- 9