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212 Nr. 3. n STAHL UND EISEN.“ März 1888. Als Mafs derselben wird gewöhnlich die Gröfse der procentualen Dehnung der Probestäbe beim Zer- reifsen und der verhältnifsmäfsigen Querzusammen ziehung des Bruchquerschnittes angesehen. Die strengste Prüfung auf Zähigkeit besteht indessen darin, dafs der einerseits eingekerbte Probestab einer langsamen Biegung, bei welcher die Einkerbung auf der Zugseite sich befinden mufs, unterworfen wird. Vollkommen zähes Material wird die Biegung an nehmen, ohne zu brechen. Unseres Wissens besteht nur gutes, sehniges Schweifseisen diese Probe. c) Unempfindlichkeit gegen Bearbeitung im kalten und warmen Zustande. d) Freisein von inneren, sogenannten falschen Spannungen. e) Verhältnifsmäfsig geringe Empfindlichkeit gegen kleine Oberflächenfehler. Verfasser berichtet alsdann über die Erfahrungen bei Brückenbauten aus Flufseisen in den letzten Jahren in den verschiedenen Ländern und kommt zu folgendem Schlufsergebnifs: Die erörterten Eigenschaften des Flufsmaterials — seine Vorzüge und Schwächen — charakterisiren dasselbe als ein solches, das wegen seiner das Schweifseisen hoch überragenden Festigkeit und Dehn barkeit wohl zu Brückenbauzwecken herangezogen zu werden verdiene, jedoch mit unerläfslicher Vorsicht und Sorgfalt, seinen Eigenthümlichkeiten entsprechend, behandelt werden müsse. Ob die bei uns übliche Detailconstruction, die für Schweifseisen ganz vor züglich ist, auch für Flufsmaterial passend sei, ist eine andere Frage. Wir sind geneigt, dieselbe zu verneinen, und behaupten, dafs die rationelle Detail construction der besonderen Eigenthümlichkeit des Gonstructionsmaterials Rechnung tragen müsse. Des halb glauben wir, dafs es Aufgabe der Gonstructeure sein werde, nach den dem Flufsmaterial entsprechen den Constructionsprincipien ein besonderes neues System der Detailconstruction zu schaffen. Die Zu sammensetzung der Constructionsglieder aus vielen neben- oder übereinander befindlichen oft dünnen Theilen, wie z..B. bei den T-Gurten unserer Brücken, dürfte für Flufseisen kaum angezeigt sein. Die Em pfindlichkeit des Flufseisens verbietet die Anwendung aller gewaltsamen Operationen in kaltem Zustande und es müssen Arbeiten, wie das gewaltsame Auf dornen der zu vernietenden Theile u. s. w. möglichst vermieden werden. Die Nietarbeit selbst sollte daher auf das Allernothwendigste beschränkt, nur in der Fabrik und mit Nietmaschinen, die mit ruhigem Druck arbeiten, ausgeführt werden. Es folgt daraus, dafs die einzelnen Constructionsglieder möglichst einfach gehalten, aus wenigen, dafür aber im Profil starken Walzstücken herzustellen sein würden. Die Ausführung von Nietungen an der Baustelle müfste gänzlich unter bleiben und die erforderlichen Verbindungen dürften nur mittelst abgedrehter Schraubenbolzen erfolgen. Die Knotenpunkte müfsten gelenkförmig, allenfalls nach Art der amerikanischen Brücken ausgebildet werden. Für die Stofsverbindung gedrückter Con structionsglieder würde der directe Contact der ge- stofsenen Theile anzustreben sein u. s. w. Wir zweifeln nicht, dafs es gelingen werde, derartige Detailconstructionen ausfindig zu machen, und sind dann überzeugt, dafs bei richtiger Behandlung des ursprünglich guten Materials und Anwendung der erforderlichen Sorgfalt in der Herstellung das Flufs material sich als ausgezeichnet geeignet auch im Brückenbau erweisen werde. Der sicherste Leitstern für die Beurtheilung eines Gonstructionsmaterials ist und bleibt die möglichst genaue Kenntnifs seiner Eigenschaften; je gründlicher dieselbe ist, um so sicherer wird auch die Art und Weise der Verwendung des Materials gehandhabt werden können. Zu dieser Kenntnifs kann man je doch nur durch zahlreiche Versuche gelangen ; diese dürfen aber nicht auf die blofsen Festigkeitsproben mit einfachen Stäben beschränkt bleiben, sondern müssen der besonderen Verwendung im Brückenbau entsprechend sich auf durch Nietung verbundene Stäbe, auf Profileisen u. s. w. erstrecken. Und nicht nur dies. Es müfsten zu diesem Zwecke besonders erbaute Träger von ähnlicher Detaildurchbildung wie die wirklichen Brückenträger durch Belastungen bis zum Bruche oder doch bis zur gänzlichen Deformirung gebracht werden, damit sowohl die Schwächen des Materials als jene der Construction deutlich in die Augen fallen. Erst solche Versuche, im grofsen Mafs- stabe durchgeführt, würden den Werth des Materials und der aus ihm gebildeten Gonstructionen zur Gel tung bringen. Er wäre Sache der Regierungen, der artige Versuche ausführen zu lassen und damit sowohl die wissenschaftlich, als auch nationalökonomisch wichtige Frage der Verwendung des Flufsmaterials im Brückenbau einer Lösung entgegenzuführen. Von Seite des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines wurde über Antrag des Vereins- Präsidenten, Herrn Hofrathes Bischoff, im November 1887 ein Gomite eingesetzt, welchem die Aufgabe zu gewiesen wurde, über die Bedingungen, unter welchen Flufseisen zu Brückenbauten zulässig sei, zu berathen und hierüber Bericht zu erstatten. Wir begrüfsen diesen Beschlufs mit lebhaftem Interesse und sind überzeugt, dafs die Arbeiten dieses Comits, in wel chem so ausgezeichnete Namen vertreten sind, die Lösung der angeregten, nach vielen Richtungen hin hochwichtigen Frage wesentlich fördern werden. Glück auf!“ Von der Eisenbahn Lulea-Ofoten* war, heifst es in einer Uebersicht über die Eisenbahnen in Norwegen im Jahre 1885/86 im „Archiv für Eisenbahn wesen“, Ende September 1887 eine Strecke von 156 km von Lulea aus fertig gestellt, bis zum November wurde die Verbindung von Lulea nach Gellivara erwartet. Die Eisenbahn durchschneidet zunächst auf eine Ent fernung von 35 km das fruchtbare Thal des Lulea- flusses bis zum Dorfe Boden. Von da an ist die Gegend gebirgig und felsig, auch finden sich Waldungen, untermischt mit Seen und Sümpfen, an der Bahn. Die Grenze von Lapland wird bei 112 km über schritten, bei 125 km tritt die Bahn in den Polarkreis ein. Der Bahnbau wird wesentlich dadurch erleichtert, dafs die Materialien, wie Holz, Kies und Sand überall zur Hand sind. Das Eisen für die Brücken von Nattavara und Gellivara, sowie für andere kleinere Brückenbauten ist englischer Herkunft. Die Maschinen, von denen zwei bereits in Lulea angekommen sind und beim Bahnbau benutzt werden, sind in Manchester gebaut; die Ablieferung zahlreicher, in Birmingham gebauter Erzwagen sollte vor Schlufs der Schiffahrt 1887 erfolgen. Die Berichte über die nach Vollendung der Eisenbahn bis Gellivara erreichbaren Gellivaraerze lauten aufserordentlich günstig. Von zwei Seiten, der Firma Johnson, Matthey & Go. und der Firma Fried. Krupp sind — unabhängig von ein ander — sorgfältige Untersuchungen des Gehaltes der Erze angestellt. Beide stimmen darin überein, dafs die Erze 70 % metallisches Eisen enthalten. Der Hafen von Bilbao. Nach den Angaben der »Revista Minera« vom 1. Februar betrugen die Eisenerzverschiffungen im Jahre 1887 aus dem Hafen von Bilbao: * Vergl. »Stahl und Eisen« 1884, S. 307 und diese Nummer S, 207.