Volltext Seite (XML)
In einer zweiten Versuchsreihe, bei welcher das Koksfeuer nach seinem Durchbrennen aufs neue gedeckt, also die Feuerthüre geöffnet wurde, fanden nachstehende Verhältnisse statt: Bei Gaszutritt war in 5,5 m Entfernung von der Gasdöse die Temperatur 727° und in 17,1 m Abstand 469°. Nachdem der Gasschieber geschlossen worden war, und nun nur Luft und Verbrennungspro- ducle der Koksfeuerung abstrichen, fand während der 5. bis 11. Minute nach dem normalen Betrieb vorn eine Temperatur der Luft von 130° und hinten von 215° G. statt und während der 16. bis 22. Minute vorn 146°, hinten 198°. Von den angeführten Gesichtspunkten aus, sowie nach diesen Ermittlungen erscheint es fraglich, ob für einige Zeit erloschenes oder ausgebliebenes Gas nach seinem Wiedererscheinen bei der Kesselheizung der Friedenshütte sich auf seinem Wege zum Fuchs wieder entzünden konnte, und wäre nur dann eine Möglichkeit hierzu vorhanden gewesen, wenn entweder das Brenngas sich in seiner Zusammensetzung geändert hätte oder durch Flugfeuer die zur Entzündung erforderliche Temperatur geboten worden wäre oder endlich Oxydationen unter Feuererscheinungen sich vollzogen hätten. Der letzte Fall kann wohl hier, wenngleich er sich bei Staubkästen eingestellt hat, vernach- läfsigt werden, dagegen liegt die Möglichkeit der ersten Fälle vor. Wäre nämlich das Rosifeuer mittels des Schürhakens aufgebrochen worden, so hätten sich je nach dem Stadium der Entgasung mehr oder weniger kohlenwasserstoffhaltige Destillationsproducte entwickeln können, auch ist bei einigermafsen starkem Zuge die Fortführung von hellglühendem Brennmaterial nicht abzuleugnen; fafst man jedoch die hierbei obwaltenden Verhältnisse ins Auge, so müssen Entzündungserscheinungen, wie sie zu Explosionsvorgängen erforderlich sind, als ausgeschlossen bezeichnet werden. Vor allen Dingen bleibt zu beachten, dafs zur Herbeiführung veränderter Verhältnisse die Feuerthüre zu öffnen war und das auf dem Roste befindliche Brennmaterial noch glühend sein mufste. Hier konnte, wenn eine Entzündung angenommen wird, nur im vorderen Theile des oberen Zuges eine Ver brennung vor sich gehen, weil durch die Wiederbelebung des Rostfeuers von dieser Stelle die Ent zündung ausgehen mufste; eine Entzündung und explosionsartige Verbrennung an' anderer Stelle, sei es durch Flugfeuer oder heifse Wände, mufs stark bezweifelt werden, weil durch das Oeffnen der Thüre eine bedeutende Abkühlung der Heizgase eintrat und ferner durch übermäfsige Luftzufuhr die Verbrennungs temperatur der Entzündungstemperatur näher gerückt wurde und deshalb in doppelter Weise die Fort pflanzungsgeschwindigkeit einer etwa möglichen Entzündung sehr gering ausfiel. Die vorhin gegebenen Zahlen bieten zur Beurtheilung der auftretenden Verhältnisse einen Anhalt. Die Behandlung eines Feuers würde selbstverständlich von gar keinem Einflufs auf die übrigen Roste gewesen sein. Alle bei Kesselanlagen mit Hochofengasfeuerung bisher vorgekommenen Unregelmäfsigkeiten in der Feuerungsanlage haben sich durch nur sehr geringe Effecte gekennzeichnet; es spricht dies dafür, dafs in allen bekannt gewordenen Fällen entweder nur ein mäfsiges Expandireri, oder sogar Entweichen der Verbrennungsproducte möglich, dafs also mit anderen Worten die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung, selbst bei der ungeeignetsten Kanalführung, stets eine relativ geringe war. Wäre dem anders, so könnten zwar gröfsere Effecte, als wie bislang beobachtet, erzielt werden, indessen müfsten auch hier für die Erklärung des Friedenshütter Explosionsunfalls weitgehende und geschraubte Annahmen gemacht werden. Es wurde eingangs die Explosivität zu 4,55 Atm. angegeben. Selbstverständlich kann solcher' Druck niemals in einer Kesselfeuerungsanlage auftreten, weil, wie vorhin ausgeführt, die Entzündungs geschwindigkeiten nie übermäfsige sein können, dann aber auch die Verbrennungen nicht vollständig oder bei constantem Volumen stattfinden, sei es dadurch, dafs die Gase in den Kanälen expandiren oder abgesaugt werden, oder durch geöffnete Thüren oder abgedrücktes Kesselmauerwerk entweichen. Aufsergewöhnliche Verbrennungen in Kesselfeuerungen oder Zügen haben, so viel bis heute bei Verwendung von Hochofengichtgasen bekannt geworden ist, nie einen heftigen Charakter ge- äufsert, sondern sind mit geringer Druckentfaltung als Verpuffung verlaufen, und wenn man auch vorgekommenen Zerstörungen bedeutende Kräfte unterzulegen geneigt war, so zeigte doch ein näheres Eingehen auf den Verlauf, dafs nur unwesentliche Druckäufserungen stattgefunden hatten. Ganz anders müssen die Kräfte gedacht werden, welche Verwüstungen, wie solche sich bei der Friedenshütte gezeigt haben, hervorbringen konnten. Aus dem Umstande, dafs die Unterkessel fast sämmtlich ihren Lageplatz nicht verlassen haben, wird gefolgert, die Gasexplosion müsse zwischen den Ober- und Unterkesseln, also im ersten Zuge, ihren Sitz gehabt haben. Wird dies angenommen, so mufste die zerstörende Kraft, da mit Berück sichtigung des Auftriebes des Oberkessels dessen zu bewältigendes Gewicht bei 4,5 Atm. = — 12 124 kg und die Kraft zur Trennung der Verbindungsstutzen bei nur 10 kg Festigkeit der Gonstruction 719 510 kg betrug, mindestens 707 386 kg sein, was, wenn der Angriff auf der ganzen Länge des Oberkessels erfolgt wäre, einem Drucke von 3,75 kg entspräche. Weder diese Angriffsfläche noch dieser Druck können aus verschiedenen Gründen erreicht worden sein und bleibt deshalb