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sein werden, das ist eine Frage, die der weiteren Discussion unterliegen kann, es mufs aber unserm Anträge entsprechend schleunigst Rath geschafft werden. Deshalb ist in erster Linie zu befür worten eine Eisenbahn - Frachtermäfsigung, damit keine Zeit verloren geht. Die Kanalisation der Mosel erfordert zu viel Zeit, als dafs wir darauf warten könnten. Wir müssen daher als ganz dringendes Erfordernifs für unsere Hochofenindustrie die Forderungen hinstellen, die hier in den Anträgen enthalten sind: die Einführung von Eisenbahn - Frachtermäfsigungen als interimistische Mafsregel und die Kanalisation der Mosel als Definitivum , und ich kann auf Grund dieser Erörterungen, die wohl kaum Jemand anzuzweifeln imstande sein wird, Sie nur bitten, dieser Resolution einhellig zuzustimmen, damit die Wirkung derselben an zuständiger Stelle eine um so günstigere sein möge. Hr. Geheimrath Jencke-Essen: M. H. 1 Nach Punkt 2 der Ihnen vom Herrn Referenten vorgeschlagenen Resolution werden bestimmte Frachttarife für Erzbezüge gefordert; dies veranlafst mich, auf die Frage der Erztarifirung etwas näher einzugehen, als es von Seiten des Herrn Referenten geschehen ist, und zwar einestheils um Ihnen darzulegen, was wir auf diesem Gebiete wohl erreichen und mit gutem Gewissen fordern können, andererseits aber auch um darzulegen, was nach meinem persönlichen Ermessen unerläfsliche Bedingung ist, wenn in dieser Frage überhaupt etwas erreicht werden soll. Der Herr Referent hat ausgeführt, dafs die niederrheinisch-westfälische Hochofenindustrie zu einem grofsen Theile sich genöthigt gesehen hat, zur Herstellung von Roheisen überzugehen, welches für den Thomasprocefs geeignet ist, und dafs, nachdem die Vorräthe an Puddel- und Schweifs schlacken verbraucht und die nahe gelegenen Rasenerzfelder abgebaut sind, der niederrheinisch- westfälischen Hochofenindustrie nichts erübrigt, als den Bezug der Erze von Lothringen und Luxemburg zu bewirken. Zur Ermöglichung dieses Bezuges ist von dem Herrn Referenten die Kanalisirung der Mosel in Vorschlag gebracht worden und ich will den Effect dieser Mafsregel, wenn sie ausgeführt sein wird, ganz gewifs nicht bestreiten; aber, m. H., ehe die Kanalisirung der Mosel durchgeführt sein wird, wird selbst dann, wenn dieselbe allseitig auf Förderung und Sympathie stöfst, eine sehr geraume Zeit vergehen. Ob diese Förderung und Sympathie eine allgemeine sein wird, ist mir zweifelhaft. Nach den Erfahrungen, welche bei andern erstrebten Kanalbauten gemacht werden, ist wohl mit Recht anzunehmen, dafs noch mancher Stein des Anstofses beseitigt werden inufs, ehe die Kanalisirung der Mosel durchgeführt sein wird. Ich bin vielmehr der Ansicht des Hrn. Brauns, dafs an erster Stelle eine Frachtverbilligung zu erstreben sei und dafs wir Alles thun müssen, um nach dieser Richtung den gewünschten Erfolg zu erzielen. Geben wir uns aber in dieser Beziehung vorläufig nicht einer allzu grofsen Illusion hin. Auf dem Gebiete der Eisenbahn- tarifirung ist seit der Verstaatlichung der Eisenbahnen eine gewisse Stagnation — oder nennen wir es eine langsamere Fortentwicklung — eingetreten. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen die Annahme, dafs ich damit einen Vorwurf gegen die Staatseisenbahnverwaltung erheben wollte: für denjenigen, der den Verhältnissen einigermafsen nahe stand, war der Eintritt einer solchen langsameren Fortentwicklung nichts Unerwartetes, eine solche Stagnation mufste eintreten, das lag offen auf der Hand. M. H.! Während früher die Privatbahnen in der Lage waren, Fragen der Tarifermäfsigung und der Klassification der Tarife durch einen Federstrich der Direction, oft sogar des Decernenten zu entscheiden, ist dadurch, dafs kraft des Gesetzes die Interessenten zur Berathung und Beschlufs- Fassung über Tariffragen mit herangezogen werden, ein Verfahren eingeführt worden, welches einen langen Zeitraum für sich in Anspruch nimmt. Ich erinnere nur daran, dafs kraft des Gesetzes alle Fragen, welche die Tarife betreffen, den Ausschufs und das Plenum des Bezirkseisenbahnraths und des Landeseisenbahnraths, ferner manchmal auch die deutsche Eisenbahntarifcommission, die Generalconferenz sämmtlicher deutschen Eisenbahnen und selbstverständlich auch den geordneten instanzenmäfsigen Weg der Staatsbehörden zu passiren haben; und dafs damit geraume Zeit vergeht, selbst wenn auf allen betheiligten Seiten der beste Wille besteht, etwas in der Sache zu thun, bedarf keines Beweises. Selbst Fragen, die für dringlich gehalten werden, erfordern häufig ein Jahr und mehr zu ihrer Erledigung. Einen drastischen Beweis liefert der Verlauf der Bestrebungen, welche auf Ermäfsigung der Eisenerzfrachten gerichtet sind. Wie der Herr Vorsitzende vorhin ausgeführt hat, haben diese Bestrebungen concreten Ausdruck zunächst gefunden in dem im Jahre 1882 beim Landeseisenbahnrath vorgelegten Anträge, und es hat bis zum 1. August 1886 gedauert, ehe diesen Bestrebungen ein theilweiser Erfolg durch Einführung des sogenannten Nothstandstarifs gesichert worden ist. M. H. 1 Ich kann allerdings in dieser Frage — und ich bitte, dafs ich angesichts dieser Versammlung mich freimüthig aussprechen darf — die Eisenindustrie selbst von einem Vorwurf nicht freisprechen, und das ist der Vorwurf, dafs sie in sich selbst uneins und eifersüchtig für jeden Bezirk Sonderinteressen geltend gemacht und dadurch der Staatsregierung die Fassung eines Beschlusses ganz ungemein erschwert hat. Es wird eben seit der Verstaatlichung der Bahnen