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Nr. 2. Fig.2 „STAHL UND EISEN.“ Februar 1888. 4957,2X57,2X7,9 2 Fl. 115 X 13 Gitterst. 50 X 8 gerichtet. Eine Gufssäule wurde oben und unten mit Flantschen von 280 mm Durchmesser und aufserdem in 300 mm Abständen mit jeweilig 4 angegossenen Dornen von 48 mm Länge ver sehen. Um letztere wurde Bindedraht geschlungen, ! welcher den 60 mm dicken Cementputz von 1 Theil Gement und 3 Theilen Sand fest hielt. Aehnlich war ein gleiches Schmiederohr um mantelt. Eine Nietstütze wurde mit Föhrenholz von 30 mm Stärke ummantelt, welches durch eine Hülle von 1 mm starkem Eisenblech ein geschlossen war. Je eine Gufs- und Schmiede säule wurde mit 1 Theil Gement und 1 Theil Sand ausgegossen, während in eine zweite Gufs säule ein Gasrohr von 60 mm Durchmesser eingeführt und mit 1 Theil Cement und 3 Theilen ' Sand vergossen wurde. Der Gementkern sollte die Standfestigkeit erhöhen, das Gasrohr der I Gufssäule dieselbe auch dann noch erhalten, i wenn sie im Feuer Risse bekam. Möllers Schlufsfolgerungen aus seinen Ver suchsergebnissen lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen: 1. Entgegen den Ergebnissen der ersten Bauschin gerschen Versuchsreihe findet Möller, dafs bei 10 Gufssäulen keine Risse durch Anspritzen im glühen den Zustande entstanden sind. Bausehinger kommt bei seiner zweiten Reihe zu ähnlichem Ergebnifs. Der Umstand, dafs Möller mit frisch gegossenen Säulen arbeitete, läfst bei ihm die sonderbare Vermuthung entstehen, dafs das Gufseisen, ähnlich dem Gement, mit dem Alter seine Festigkeitseigenschaften ändern möge. Es liegt wohl näher, an eine verschiedene Gattirung des Eisens oder an eine bei den verschiedenen Versuchsreihen benutzte andere Gufsweise zu denken; Bauschingers erste Säulen waren Ausschufsstücke. 2. Aus Bauschingers Versuchen sowie aus anderweitigen Erfahrungen weifs man, dafs Gufssäulen trotz der durch schnellen Wärmewechsel etwa eingetretenen Rissenoch tragfähig bleiben können. Diese Risse können bei gegenseitigen Verschiebungen der Bruch querschnitte und beim Auftreten von Biegungs momenten gefährlich werden.. Man mufs daher erstens die Gufssäulen central belasten und kann sie zweitens nach Möllers Vorgehen mit einem eingesetzten Kern (Gasrohr) versehen, zu dessen Be ¬ festigung jedoch zweckmäfsig die Cement- mörtelfüllung vermieden wird, da sie wegen ihrer Dampfentwicklung gefährlich werden kann. (Wegen der bei den Versuchen getragenen Lasten und den erzeugten Spannungen, wegen des Vergleiches der Standsicherheiten u. s. w. wolle man das Original einsehen.) 3. Die der Gufssäule zugernuthele Belastung darf nur so grofs sein, dafs die im Feuer einseitig erwärmte und angespritzte Säule infolge des entstehenden Biegungsmomentes keine Zugspannungen erfährt; letztere müssen wegen der Gefahr bei etwaiger Rifsbildung vermieden werden. 4. Viel wichtiger als die Frage wegen des zu verwendenden Materials ist die Anwendung richtiger Constructions- Verhältnisse. Die Gufs- und die Schmiede säule kann in gleichem Mafse feuersicher construirt werden, wenn die Abmessungen richtig gewählt werden. Die Säulen dürfen nicht zu schlank construirt werden. Es empfiehlt sich, L/D (Länge zum Durchmesser) kleiner als 10 zu wählen, wenn die Säule be weglich, und L/D < 17, wenn sie fest eingespannt ist. Es ist hier darauf auf merksam zu machen, dafs absolute Feuer sicherheit bei dem im Feuer geborenen Eisen nicht erwartet werden kann. 5. Durch den Mantel läfst sich die Wirkung des Feuers längere Zeit auf halten; die Säule wird vor übermäfsiger, einseitiger Erwärmung durch das Feuer und vor einseitiger Abkühlung durch An spritzen geschützt. 6. Gufseisen kann leichter als Schmiedeisen in einem Querschnitt angehäufte Materialfehler enthalten, welche sich dem Auge entziehen. Lühmann empfiehlt daher, Säulen mit sichtbaren Kaltgufsstellen jedenfalls nicht zu verwenden; man darf diesen Satz wohl auf alle äufserlich sichtbaren Materialfehler ausdehnen. In wie hohem Mafse die Eisenconstruction in Hochbauten durch die bei gröfseren Bränden gemachten Beobachtungen in Mifscredit gebracht worden waren, wissen die verehrten Leser zur Genüge. Selten hat wohl eine Brandstelle auf den ersten Blick dieser Erfahrung so sehr das Wort geredet als die Trürnmerstätte des Brandes in der Kaiserstrafse zu Berlin. Aber gerade die Erfahrungen, welche sich an der Hand dieser Trümmer gewinnen lassen, zeigen auch, wie sehr die oben unter 3 und 4 gegebenen Regeln berechtigt sind, und in wie hohem Mafse die Unsicherheit infolge mangelhafter Construction die in der Festigkeitsver- minderung des erwärmten Eisens be gründete Gefahr überwiegt.