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Der Verkehr auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen. Nachstehend sind die Stromlängen und Stromgebiete einiger Hauptflüsse der Erde — aus Justus Perthes’ Taschenatlas, 23. Auflage 1887 — zusammengestellt: Stromlänge km Stromgebiet qkm Amanzona .... 5710 7 000 000 Mississippi-Missouri . 6530 3 300 000 Kongo 4200 3 206 050 Rio de la Plata . 3700 3 000 000 Nil 6170 2 810 300 Jangsekiang 5200 1 872 000 Wolga ..... 3390 1 459 000 St. Lorenz .... 3816 1 378 000 Ganges-Brahmaputra . 3000 1 294 000 Orinoco .... 2235 850 000 Donau 2850 817 000 Rhein . 1320 224 400 Weichsel .... : 1040 193 000 Elbe 1150 143 300 Loire 930 121 000 Oder 900 112 000 Rhone 810 98 900 Der Rhein nimmt unter den europäischen Strömen bezüglich seiner Länge die achte, be züglich seines Flufsgebietes die fünfte Stelle ein, ist aber an geschichtlicher, staatlicher und wirthschaftlicher Bedeutung allen anderen über legen. Vom Ursprung bis zur Mündung durch strömt er hochcultivirte Länder. Die Alpen speisen ihn und lassen seine Gewässer selbst in den trockensten Sommern nicht versiegen. Seine Mündung zertheilt sich in mehrere Arme, deren wichtigste für Seeschiffe zugänglich, an deren Ufern Welthäfen entstanden sind. Das Flufsgebiet des Rheins ist über zwei Fünftel so grofs wie die Gesammtfläche Deutschlands, um- fafst allerdings auch benachbarte Grenzländer. Kein Flufs der Welt verknüpft sich in gleichem Mafse mit Geschichte, Sage und Dichtung. Zu Zeiten der tiefsten Erniedrigung Deutschlands wurden seine Ufer ein Raub der Fremden, die Zeiten des Aufschwunges stellten den alten Besitz wieder her. »Die Wacht am Rhein« singt man vom Niemen bis zu den Vogesen, sie ist des Volkes Weise, des Volkes Lied geworden, gilt im Auslande als die deutsche Marseillaise, als das deutsche Rule Britania. Die wirthschaftliche Bedeutung des Rheins ist grofs, aber nicht so grofs wie sie sein könnte. Dies Gefühl kam uns wieder un willkürlich bei Durchsicht der Einladungsschrift zum III. internationalen Binnenschiffahrts- Congrefs in Frankfurt a. M., welche sehr schätzbare Mittheilungen über die Wasserstrafsen des Rheingebietes und den Verkehr auf den selben enthält. Der Rhein war stets eine der belebtesten Völkerstrafsen, selbst zu Zeiten, als der kleinste Gebieter an seinen Ufern Stapelgeld, Mauth oder Zoll erhob, dagegen für Fahrbarkeit des Flusses keinen Groschen opferte. Wandel schaffte erst die Rheinschiffahrtsordnung vom 31. März 1831, die in der Revidirten Rheinschiffahrts-Acte vom 17. October 1868 Ergänzung und Erweiterung fand. Die Schiffahrt ist von Basel bis an das offene Meer für Jedermann frei und die Ufer staaten sind zum Erhalten des Fahrwassers und der Ufer verpflichtet. Gelegentlich der tech nischen Strombefahrung 1861 wurden folgende Normaltiefen bei 1,5 m Wasserstand am Kölner Pegel in Aussicht genommen: Von Strafsburg bis Mannheim 1,5 m » Mannheim » Goblenz 2,0 » » Goblenz » Köln 2,5 » » Köln » Rotterdam 3,0 » Bei der Strombefahrung 1874 wurde auch für die Strecke von Gaub bis Goblenz 2,5 m Normaltiefe vereinbart. Der bekannte niedrigste Wasserstand am Kölner Pegel betrug 0,09 m, der niedrigste Wasserstand im Jahre 1884 = 1,0 m. Die Normaltiefen sind in Deutschland mit Ausnahme weniger Stellen vorhanden, doch theilweise in ungenügender Breite, dagegen fehlen in Holland — durch die Waal — noch 0,75 m an der vereinbarten Tiefe. Leider hindern häufig Niederwasserstände eine all gemeine Verwendung von tiefgehenden Schiffen. Im Jahre 1886 fuhren auf dem Rhein 5434 Segelschiffe und Schleppkähne, 524 Dampfboote. Das gröfste Rheinschiff trägt 1330 Tonnen, die Durchschnittstragfähigkeit der Segelschiffe bezw. Schleppkähne ist 186 Tonnen. Bis Mitte 1887 waren noch 139 Segelschiffe und 10 Dampfer hinzugekommen, so dafs die Gesammtzahl der Schiffe 6107 betrug. Der Güterverkehr auf dem Rhein steigt mit jedem Jahr. Er erreichte in Rheinhäfen überhaupt Tonnen in deutschen Häfen Tonnen 1870 4 053 162 5 663 290 1875 4 455 150 6 716 647 1880 5 637 513 9 276 109 1885 8 075 626 12 289 102 1886 9 747 260 14 470 492