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und geringerem Mangangehalt dem weniger reinen Metall mit niedrigerem Gehalt an C und höherem Gehalt an Mn vorzuziehen. Denn jereinerdas Eisen, desto zäher ist es, und es wird, wie bisher, wohl immer die vornehmste Aufgabe des Eisenhütten manns bleiben müssen, das Kohlenstoffeisen möglichst rein aus den Erzen abzu scheiden. Mn wird nie einen vollwerthigen Ersatz für G bieten können. Dafs es nur bei Innehaltung eines gewissen Höchstgehalts an G hüttentechnisch möglich bleibt, ein Flufsmetall von bestimmt vorge schriebenen Festigkeits-Eigenschaften zu erzeugen, unterliegt keinem Zweifel. Der Höchstgehalt an C wird aber mit der Reinheit des Metalls steigen können und Sache der Hüttenmänner würde es sein zu entscheiden, ob nicht dem Bauingenieur zum Besitz eines derartigen möglichst reinen Kohlen- stoff-Flufsmetalls verholten werden kann. Letzterer würde dann, da mit der Reinheit des Eisens dessen Zähigkeit wächst, unter Umständen dazu schreiten dürfen, ein Flufsmetall zu verwenden, dessen Festigkeits-Eigenschaften höhere, als die bisher gebräuchlichen Werthziffern aufweisen. Damit wären wir bei dem letzten der zu besprechenden Punkte, Wahl der Gütezahlen oder Werthziffern der Festigkeits-Eigenschaften, angelangt. Die von der Commission vorge schlagenen Zahlen: 42 bis 45 kg Zugfestigkeit, 21 % Dehnung und 24 kg Elasticitäts-Grenze entsprechen im Mittel etwa denjenigen Werthen, welche heute die Mehrzahl der Constructeure für die passendsten hält. Wenn man nun bedenkt, dafs bei den ersten Versuchen mit dem Flufsmetall das Verlangen nach hoher Festigkeit vorherrschend war, dafs man im Laufe der Zeit aber ge- zwungenermafsen die Anforderungen an die Festig keit nach und nach ermäfsigen, dagegen diejenigen an die Zähigkeit erhöhen mufste; wenn man ferner beobachtet, wie die augenblickliche, einer gewissen Zwangslage entsprechende Strömung sichtlich dahin gerichtet ist, die Werthziffern der Festigkeit immer noch mehr, selbst bis zu derjenigen des Schweifseisens herab, zu ermäfsigen, so kann man sich Angesichts der zu erwartenden Aufgaben und Fortschritte des Brückenbaues der Befürchtung nicht entschlagen, die augenblickliche Strömung möchte solchergestalt in eine falsche Bahn ge lenkt werden. Der Brückenbau-Ingenieur wird ja erfreut sein, wenn er anstatt des Schweifseisens in dem kohlen stoffarmen, reinen Flufsschmiedeisen einen Baustoff erhält, den er als vollgütigen Ersatz des Schmiedeisens selbst für die geringfügigsten Trag werke verwenden kann. Wenn aber an ihn gröfsere Aufgaben herantreten, wenn es für ihn gilt, ungewöhnliche Spannweiten zu überbrücken, dann wird ihm das Flufsschmiedeisen dem Schweifs ¬ eisen gegenüber veraussichtlich keine oder nur wenige Vortheile bieten. Er wird es von der Hand weisen und nach einem Flufseisen verlangen, welches bedeutende Festigkeit mit hoher Zähigkeit I vereint, damit er durch Verminderung der todten Last der Ueberbauten sein Werk verbilligern oder dessen Spannweite bis aufs äufserste Mafs erstrecken kann. Der vorstehend ausgeführte Grundgedanke: „Streben nach dem Erhalt und der Möglichkeit der Verwendung eines Flufsmetalls von grofser Festigkeit und Zähigkeit“ scheint auch Gonsidere bei der Abfassung seines Einzelgutachtens vor geschwebt zu haben. Er verlangt nämlich darin ein Flufsmetall von mindestens 55 kg Zugfestig keit, 30 bis 32 kg Elasticitätsgrenze, 19 % Dehnung und 37 bis 42 % Einschnürung. Bei Begründung dieser hohen Ziffern weist er vergleichsweise auf die Festigkeits- und Belastungsverhältnisse der Eisenbahnschienen hin. Er unterläfst allerdings dabei hervorzuheben, dafs die Schienen viel kürzere Dauer haben, als wir sie von Theilen der Brücken-Tragwerke erwarten müssen, und dafs die Form des Schienen - Querschnitts und die geringe Bearbeitung, welche die Schiene erleidet, neben ihrer grofsen Festigkeit Mitursachen ihrer bedeutenden Widerstandsfähigkeit sind. Zutreffend bemerkt er aber, dafs die Beanspruchung keines Theiles einer eisernen Brücke eine derartig ge waltsame, mit Stöfsen, Erschütterungen und Form änderungen verknüpfte sei, als diejenige der Schiene, und dafs es daher wohl angängig sei, ein zähes Flufsmetall, von annähernd so hoher Festigkeit wie diejenige der Schiene, als Brücken- Baustoff mit Sicherheit zu verbrauchen. Wir sind der nämlichen Meinung, indem wir glauben, dafs unter Umständen Hüttenmann und Bauingenieur sich behufs Erreichung des ange deuteten Zieles entgegen kommen und in die Hände arbeiten werden. Dann wird in der heutigen Strömung zu Gunsten des Flufsschmiedeisens voraussichtlich über kurz oder lang eine Spaltung eintreten, deren Wachsthum vorwiegend der aus- gebreiteteren Verwendung eines zähharten, festen Flufsstahls zu Gute kommen dürfte. Um ein solches Ereignifs vorhersagen zu können, braucht man kein grofser Prophet zu sein. Allerdings wird bis zu seinem augenfälligen Eintritt wohl noch eine Spanne Zeil verfliefsen ; inzwischen mögen unsere Hütten männer es sich angelegen sein lassen, das gewünschte Metall in vorzüglicher Güte zu erzeugen, und unsere Bauingenieure mögen, um mit veralteten Gewohnheiten aufräumen zu können, versuchen, bei Anordnung der Brücken - Querschnitte und Verbindung der Brückentheile neuen Ideen und Gebräuchen Geltung und Boden zu verschaffen. Bromberg, im Juni 1888. Mehrtens. VII.s 4