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450 Nr. 7. bezw. der Flufsstahl , bewährtermafsen seit Jahren schon als der geeignetste Baustoff, aber auch auf den Gebieten der Gonstructionen der verschiedensten Baufächer macht sich lang sam eine Strömung zu Gunsten des Flufsmetalls geltend. Der Bau flufsstählerner Schiffe und Kessel hat bereits eine bedeutende Ausdehnung gewonnen. Selbst in unserm engern Vaterlande, dessen Bauverwaltungen, indem sie das Schweifs eisen bevorzugen, dem Flufseisen gegenüber sich meistens noch abwartend verhalten, hat wenigstens der Schiffbau in Stahl sich den ihm gebührenden Platz erobert. Jedoch sieht man bei uns die Verwendung des Flufseisens zu Dampf kesseln, Brücken-Tragwerken und derlei Gonstruc tionen meist noch mit ungünstigen Augen an. Diese Abneigung hat verschiedene Gründe, welche wir an anderer Stelle näher erörtert haben.* Die Gründe haben aber nicht alle und dann auch nur bedingungsweise ihre Berechtigung. Danach bedarf die Frage der Verwendung des Flufseisens für Gonstructionen, insbesondere für Brücken-Tragwerke, zwar immer noch mehr der Klärung, jedoch ist nicht zu verkennen, dafs sie ihrer Lösung mit raschen Schritten entgegen eilt. Daher tritt nach unserer Meinung für die Leiter bedeutender Brückenbauten die Pflicht heran, zu ihr entschieden Stellung zu nehmen. So hat auch die rumänische Regierung auf den Rath ihrer Ingenieure vor Inangriffnahme des Baues der grofsen Eisenbahnbrücken über die beiden Donauarme bei Cernavoda die Flufseisen- Frage einer gründlichen Erörterung unterwerfen zu müssen geglaubt, indem sie sich durch Ver mittlung des französischen Ministers der öffent lichen Arbeiten die bezüglichen Ansichten be deutender französischer Ingenieure, insbesondere des »Conseil general des ponts et chaussees«, einholte. Nachdem wir zunächst Lage und Abmessun gen der in Rede stehenden Brücken mit einigen suchungen, mit welchen man auf Hüttenwerken und in Constructionswerkstätten behufs Feststellung der Eigenschaften des Flufseisens allseitig beschäftigt ist, erspriefslich wirken, einmal dadurch, dafs manches verborgene Ergebnifs mühevoller Forschungen an die Oeffentlichkeit kommen wird, und das andere Mal durch die damit verbundene Anregung zu weiterem Studium, dessen Feld ein um so gröfseres ist, als die neuesten Untersuchungen mehr und mehr darzuthun scheinen, dafs der Brückenbauer bei der Verwendung von Flufseisen in der Qualität, welche heute in der erforderlichen Zuverlässigkeit hergestellt werden kann, nach verschiedenen Grundsätzen als bei Schweifseisen bauten und nach theilweise neuen Formeln zu Werke gehen mufs. Die Redaction legt auf eine zahlreiche Beiheiligung bei diesen Besprechungen einen um so gröfseren Werth, als dieselben für die Bearbeitung der »Klassification von Eisen und Stahl«, welche der Verein deutscher Eisenhüttenleute neuerdings in die Hand genommen hat, zweifellos eine klärende Vorarbeit sein werden. * Mehrtens. Zur Frage der Verwendung des Flufseisens für Bauconstructionen. »Centralblatt der Bauverwaltung« 1888, Nr. 5, 6, 8 und 8a. — Juli 1888. Worten berührt haben, werden wir das in den »Annales des ponts et chaussees« veröffentlichte Gutachten einer vom »Conseil« eingesetzten Commission in seinen wesentlichsten Punkten auszugsweise wiedergeben und daran eine Be sprechung knüpfen. Die Brücken liegen in der zwischen den Städten Cernavoda an der Donau und Gonstantza am Schwarzen Meere zu erbauenden Strecke der Eisen bahnlinie Bukarest-Cernavoda-Constantza, welche zwei Arme der Donau und eine dazwischen liegende Insel in gerader Linie überschneidet. Die Brücke über den bei Cernavoda vorbeiführenden Hauptarm hat 4, diejenige über den Borcea-Arm 3 Oeff- nungen von je 165 m Spannweite. Diese beiden, mit wagrechter Fahrbahn angelegten Flufsbrücken verbindet ein im Bahngefälle von 1 :100 liegender Viaduct mit 52 Oeffnungen von je 50 m Spann weite. Alle Ueberbauten sind Balkenbrücken und für die Flufsbrücken nach dem Halbparabel träger-System, für den Viaduct nach dem Parabel träger-System ausgebildet. II. Bei den selbst für aufsereuropäische Ver hältnisse ungewöhnlichen Abmessungen der vor liegenden Spannweiten war es selbstverständlich geboten, der Flufseisenfrage die eingehendste Be achtung zu schenken. Der Commission war die Wahl zwischen Schweifseisen und Martin-Flufs- stahl gestellt. Sie zog dabei folgende Sonder punkte in den Bereich ihrer Untersuchungen. 1. Vergleich der Gewichte für Brücken aus Schweifseisen und Martinstahl bei verschie denen Spannweiten ; 2. Vergleich der Kosten der Material-Be schaffung und Verarbeitung; 3. Bestimmung der Grenze der Spannweite, für welche die Verwendung von Flufsstahl vortheilhafter ist, als Schweifseisen ; 4. Feststellung der Bedingungen für die Festig- keits - Eigenschaften der vorzuschlagenden Flufsstahl-Sorte; 5. Beste Art der Verarbeitung und Vernietung. Zu diesem Behufe hielt die Commission Um frage bei den bedeutendsten französischen Hütten werken (von Batignolles, Fives-Lille, Creusot, Gail, Terre-Noire) und einigen hervorragenden französi schen Ingenieuren. Aufserdem studirte sie die zur Zeit bei der französischen Marine, der englischen Admiralität und dem Board of Trade geltenden Bestimmungen und Gepflogenheiten, sowie auch einzelne der bereits vorliegenden Ausführungen von flufsstählernen Brückenconstructionen. Soweit die Ergebnisse der Umfragen und vergleichenden Untersuchungen sich kurz zusammenfassen liefsen, wurden sie, wie nachstehend angegeben, tabel larisch geordnet. Die ausführlicheren Einzel berichte sind in der Quelle nachzulesen. .STAHL UND EISEN.“