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dingt. Ein phosphorreiches Gufseisen zeigt nicht selten einen ziemlich hohen Bruchmodul; aber es zerbricht plötzlich, ohne vorher eine erhebliche Einbiegung zu erleiden. Es ist spröde. Eine Säule, aus solchem Material gegossen, läuft Gefahr, zu zerbrechen, wenn sie einer plötzlichen Erschütterung ausgesetzt wird; ein Wasserrohr für Hochdruckleitungen zerspringt unter dem Stofse des Wassers, obgleich es vorher die Probe unter dem doppelten oder dreifachen Drucke aus gehalten hatte; eine Ofenplatte berstet, sobald sie einseitig erwärmt wird. Einige beachtenswerthe Mittheilungen über die Prüfung des Eisens in nordamerikanischen Giefsereien gab kürzlich H. S. Fleming auf der letzten Jahresversammlung des Vereins nord amerikanischer Holzkohlen-Eisenhüttenleute. * Von dem zu untersuchenden Roheisen werden jedesmal 15 Pfund in einem Graphittiegel ge schmolzen.** Um dasselbe auf seine Dünnflüssig keit zu prüfen, giefst man eine Probe in eine aus gewöhnlichem Formsande hergestellte Gufs- form eines Stabes von 12 Zoll Länge, 1 Zoll Breite und nur 6/100 Zoll (11/2 mm) Dicke von dem einen Ende her ein. Die Gufsform läuft zwar niemals vollständig aus; je länger aber der Abgufs wird, desto dünnflüssiger ist das Metall. Ein Stab mit den gleichen Abmessungen, je doch mit einer Rippe an der einen Seite, hat den Zweck, eine Schlufsfolgerung zu ermöglichen, ob das Gufseisen starke Neigung zum Verziehen besitzt, ob mithin leicht Spannungen in den Gufs- stücken entstehen. Von einem gemeinschaftlichen Eingusse aus werden sodann zwei Stäbe gegossen, beide 12 Zoll lang, der eine einen halben Zoll im Quadrat, der andere einen Zoll breit und 1/10 Zoll (21/2 mm) stark. Die beiden Endflächen jedes Stabes wer den in der Gufsform durch eingelegte Gufs- schaalen gebildet, deren Abstand von einander genau 121/s Zoll beträgt. Bei einer Schwindung gleich 1 lse der ursprünglichen Länge, welche man, wie bekannt, als die durchschnittliche Schwindung des Gufseisens anzunehmen pflegt, würden dem * Journal of the United States Association of Charcoal Iron Workers vol. VII pag. 242. ** Ein Schmelzen im Cupolofen dürfte meines Erachtens nicht minder gut anwendbar sein. nach die erkalteten Stäbe genau 12 Zoll lang sein. Sechs Paar solcher Stäbe werden gegossen und, nachdem man die Schwindung jedes einzel nen gemessen hat, um ein gutes Durchschnitts- ergebnifs zu erhalten, zu den Festigkeitsprüfungen verwendet. Letztere bestehen theils aus Belastungs-, theils aus Schlagproben. Die Belastungsproben werden auf einer Maschine ausgeführt, im wesentlichen aus einem Hebel mit verschiebbarem Gewichte bestehend, welche selbstthätig die stattfindende Einbiegung bei jeder Belastung verzeichnet. Die Schlagproben werden mit einem Fall gewichte von 25 Pfunden ausgeführt, der erste Schlag aus 1/2 Zoll Höhe, dann jedesmal 1‘s Zoll höher, bis der Bruch erfolgt. Ein Stift verzeich net auch hier die stattfindende Einbiegung bei jedem Schlage, ein anderer das Zurückgehen des Stabes nach dem Schlage. Alsdann wird noch die Härte der Stäbe ver mittelst einer von Professor Turner in Birming ham gebauten Maschine gemessen, die Härtung, welche das Gufseisen an den Enden bei der Be rührung mit den eisernen Gufsschaalen erfahren hat, geprüft, und die Beschaffenheit des Korns mit Hülfe einer Lupe besichtigt. Ueber alle diese Beobachtungen wird Buch geführt, und die Probe stäbe werden für spätere Vergleiche aufbewahrt. Wie der Vortragende versicherte, ist das be schriebene Probirverfahren in einer Giefserei, welche täglich durchschnittlich 70 Tonnen Roh eisen verarbeitet, seit länger als zwei Jahren in Anwendung, und man hat dabei die Ueberzeugung gewonnen, dafs es jede Auskunft giebt, welche der Giefser verlangen kann, insbesondere, wenn es sich um den Ankauf neuen Roheisens handelt. Einige von dem Redner an seine Mittheilungen geknüpfte Auslassungen über die Wichtigkeit, welche die Kenntnifs der chemischen Zusammen setzung des Roheisens für den Giefsereimann be sitzt, sowie über die Einflüsse, welche die ver schiedenen Bestandiheile des Roheisens — Sili cium, Mangan, Phosphor, Schwefel — auf dessen Verhalten ausüben, können hier übergangen wer den, da sie dem deutschen Leser nichts Neues bringen.