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Die Prüfung des Gufseisens. Von A. Ledebur. Die Aufgabe, sich über das Verhalten einer zur Verwendung stehenden Gufseisensorte Aus kunft zu verschaffen, besitzt nicht in allen Giefse- reien eine gleich grofse Wichtigkeit. Wo man jahrein jahraus die nämlichen Roheisenmarken in bewährten Mischungen schmelzt und daraus Gufswaaren fertigt, an deren Beschaffenheit im wesentlichen die gleichen Ansprüche gestellt werden — z. B. in vielen kleineren Maschinen- giefsereien — kommt eine besondere Prüfung kaum vor. Sehr belangreich dagegen ist diese Prüfung in solchen Giefsereien, welche unmittelbar aus dem Hochofen das flüssige Metall erhalten. Diese Betriebsweise war bekanntlich früher die allein übliche, und sie ist noch jetzt mit vollem Rechte vornehmlich da beibehalten worden, wo man den Hochofen mit. Holzkohlen betreibt. Gerade die kleinen Holzkohlenhochöfen aber sind ganz be sonders empfindlich gegen jede zufällige Unregel- mäfsigkeit in der Möllerung, in der Begichtung, in dem Nässegehalte der Beschickung, in dem Wärmegrade des Windes etc., und auch der umsichtigste Betriebsleiter ist nicht imstande, stets genau das gleiche Roheisen zu erzeugen. Hier also ist täglich oder oft mehrmals im Laufe eines Tages eine Prüfung erforderlich, ob das erforderliche Roheisen auch die für den jedes maligen Zweck geeignete Beschaffenheit besitze. Das Mittel dafür ist einfach und doch zuverlässig: man beurteilt nach dem „Spiele“ des Roheisens seine Beschaffenheit. Allmorgens beim Antreten der Giefser findet in Gegenwart des Betriebs leiters diese „Probe“ statt. Im Herdsande un mittelbar vor dein Ofen ist aus freier Hand eine offene Gufsform in Gestalt einer runden Ver tiefung von ungefähr 20 cm Durchmesser bei 7 bis 8 cm Tiefe hergestellt; das Metall wird mit der Giefskelle dem Ofen entnommen und durch Abstreichen von den obenauf schwimmen den fremden Körpern befreit. Schon die Farbe des noch in der Kelle befindlichen Gufseisens läfst eine vorläufige Beurteilung zu. Ist sie weifs und die Oberfläche des Metalls von einer dünnen, mit farbloser Flamme brennenden Gas schicht bedeckt, so geht wohl ein beifälliges Murmeln durch die Versammlung der im Kreise herumstehenden Giefser; sieht das Metall röth- lich aus und wirft wohl gar knisternde Funken, so werden die Gesichter länger. Nun folgt das Ausgiefsen in die Gufsform, worauf die Ober fläche abermals abgestrichen wird; das „Spiel“ beginnt. Ist das Gufseisen reich an Silicium und Kohle, ein sogenanntes hochgaares Eisen, so pflegt sich die ganze Oberfläche sehr bald mit einer mattleuchtenden Decke oxydischer Bildungen zu überziehen, welche nur ab und zu durch die Bewegungen des darunter befindlichen Metalls zerrissen wird; das Spiel ist „matt“. Solches Eisen ist zu graphitreich und bei den Giefsern wenig beliebt. Bei demjenigen Eisen, welches für die meisten Zwecke der Giefserei am taug lichsten ist, weil es auch in dünnen Querschnitten mit grauer Bruchfläche erstarrt, ohne doch Gaar- schaum zu bilden, pflegt sich dagegen bald nach dem Ausgiefsen ein lebhaftes und ziemlich lange andauerndes Spiel zu entwickeln; währt dasselbe nur wenige Augenblicke und erscheinen an der Oberfläche alsbald jene in der Literatur vielfach besprochenen Wanzen in gröfserer Zahl und Aus dehnung, wirft das Eisen dabei wohl gar schwir rende Funken in reichlicher Menge, so pflegt es siliciumarm, hart, zum Weifswerden geneigt und nur zum Gusse schwerer Gegenstände geeignet zu sein. Diese allgemeineren Merkmale sind bei den meisten Hochöfen einander ähnlich; die beson deren Eigenthümlichkeiten des Spiels aber, welche bei dem einzelnen Hochofen, so lange die Zu sammensetzung der Beschickung unverändert bleibt, dem geübten Auge als ein sehr scharfes Erkennungsmerkmal für die Beschaffenheit des Gufseisens dienen können, zeigen bei verschiedenen Hochöfen bekanntlich recht erhebliche Abweichun gen. In Cupolofengiefsereien, wo man gekauftes Roheisen umschmelzt, ist demnach das Spiel des flüssigen Metalls nicht geeignet, dem Giefser zu sagen, ob diese oder jene neu eingeführte Roh eisenmarke, diese oder jene neu hergestellte Eisenmischung seinem Zwecke entspreche. Hier müssen andere Untersuchungsmethoden an die Stelle jenes einfachen Verfahrens treten. In manchen gröfseren Eisengiefsereien stellt man, was nur zu billigen ist, regelmäfsige Festig keitsprüfungen des zu verwendenden Materials an. Man pflegt gegossene Stäbe auf Biegungsfestig keit zu prüfen; verschiedene mehr oder minder einfache Prüfungsmaschinen sind für diesen Zweck erfunden worden. Nicht vergessen darf man hierbei, dafs ein beim Schmelzen als Zusatz zu silicium- und graphitärmerem Eisen dienendes grobkörniges Eisen, wenn es für sich allein ge schmolzen wird, kaum so günstige Festigkeits ziffern aufweisen kann als in Vermischung mit jenem feinkörnigerem Materiale; ferner, dafs nicht allein die Bruchfestigkeit, sondern neben derselben auch die Biegungsfähigkeit der Probestäbe die Verwendbarkeit des Eisens zu Gufswaaren be-