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sind sie derart, dafs sie rasch auftreten und ihre Entstehung sich dem Auge des Revisors entziehen kann. Wenn schon die Beurtheilung der Explosion eines einzelnen Kessels in ihren Details trotz der oft unzweifelhaften Ursache der ganzen Katastrophe aufserordentliche Schwierigkeiten hervorruft, ja un möglich ist, wie viel mehr ist dies bei der vorliegenden, einzig dastehenden Katastrophe der Fall, wo es noch nicht einmal gelungen ist, die einzelnen weggeschleu derten Kesseltheile als dem einen oder andern Kessel angehörig unzweifelhaft nachzuweisen und wo von ein zelnen Kesseln mehrere Theile gar nicht einmal aufge funden worden sind. Der Unglücksfall wird wohl niemals ganz aufge klärt werden und erscheint es wenigstens vorläufig unmöglich, eine vollgültige nicht angreifbare Erklärung .aufzustellen. Dies hält uns aber nicht ab, auf Grund der vorliegenden Ermittlungen eine Erklärung zu ver suchen, welche den thatsächlichen Verhältnissen entspricht. Wir unterlassen es natürlich, bei der Ermittlung der Ursachen der Explosion nebensächliche Details zu ergründen und wir erkennen, dafs bei Annahme einer jeden Ursache der Katastrophe es unmöglich ist, jeden einzelnen Umstand zu erklären. Bei der grofsen Zahl der Factoren, welche bei der Zerstörung auf der Friedenshütte zur Wirkung kamen, entzieht sich sowohl die Reihenfolge im Auftreten derselben, wie auch ihre absolute und gegenseitige Wirkung der nachträglichen Beurtheilung. Das ganze Bild der Zerstörung mufs deshalb die Basis zur Ermittlung der Ex plosion geben. Uebersieht man nämlich das Bild der Zerstörung, welches der Breslauer Dampfkessel - Revisionsverein veröffentlicht hat, und liest man sorgfältig seine Schilderungen über den ungeheuren Trümmerhaufen, aus welchem nicht überall mit Sicherheit die zusammengehörigen Theile identificirt werden konnten, findet man ferner, dafs irgend welche unbedingt sichere Anzeichen für die Ursachen der Explosion nicht gefunden sind, so mufs man zunächst gestehen, dafs im vorliegenden Falle die Beibringung sicherer Beweise für die eine oder andere Ursache der Explo sion vielleicht unmöglich ist, sicherlich aber weit schwieriger sich herausstellt, als in unzähligen andern Fällen, und dann wird man es begreiflich finden müssen, dafs man der Arbeitsweise der Kessel, der Feuerung, den Schwächen der Construction und dem Betriebe der ganzen Anlage bis in Kleinigkeiten hinein nachforschen mufs, um daraus Mittel und Wege zur Erklärung des Vorfalles zu finden. Diesen Weg haben wir beschritten und glauben im Interesse des Gentralverbandes zu handeln, wenn wir die Resultate gemeinsamer Berathungen in diesem Gutachten zusammenfassen. Die Dampfkesselanlage auf der Friedenshütte bestand aus 22 Dampfkesseln, welche nebeneinander in einem Kesselhause lagen. Der Construction nach waren alle Kessel ganz gleich, wie sie in der beigegebenen Zeichnung ange geben ist. Jeder Kessel bestand aus 1 Oberkessel von 1570 mm Durchmesser und 12 550 mm Länge, mit 2 Unterkesseln 785 mm Weite und 11765 mm Länge, welche unter sich durch 1 Stutzen und mit dem Oberkessel durch 4 Stutzen verbunden waren. Das Mantelblech des Oberkessels war 13 mm, das der Unterkessel 8 mm stark und in den Ver bindungsstutzen 11 mm. Die Oberkessel waren in entsprechender Weise durch Pratzen (Tragarme) auf dem Mauerwerk der Seitenwände gelagert, während die Unterkessel , der linke auf drei, der rechte wegen des Uebergangs- kanales nach dem Fuchs auf zwei gußseisernen Lagerböcken ruhte. Der festgesetzte höchste Dampfdruck betrug 5 Atm. An den Blechstärken und an den Sicherheits- vorrichtungen war kein Mangel zu finden. Alle Dampfkessel hatten ein gemeinschaft liches Dampfrohr, von welchem sie durch Absperr ventile von 156 mm lichter Weite abgeschlossen werden konnten. Das Dampfrohr lag über den Kesseln. Jeder derselben hatte vor dem Dampfrohre ein selbstthätiges Dampf-Rückschlagventil und zwei Sicherheitsventile von 85 mm lichter Weite. Die Speisung war bei allen Kesseln in gleicher Weise eingerichtet, die gemeinschaftlichen Speiserohrleitungen waren mit selbstthätigen Rück schlagventilen versehen. Die Führung der Heizgase war überall dieselbe und die bei solchen Kesseln übliche. Hinter den Kesseln lag ein gemeinschaft licher Fuchs, welcher die Feuergase von jedem Kessel aufnahm und in die beiden Schornsteine führte. In diesem Fuchse war eine Querwand, welche denselben so in 2 Theile trennte, dafs der eine Schornstein den Zug für 9 Kessel, Nr. 22, 23 und 1 bis 7, der andere für 13 Kessel, Nr. 8 bis 20, zu liefern hatte. Geheizt wurden die Kessel durch Hochofen- Gichtgase, welche aus einem gemeinschaftlichen eisernen Rohre, von den Hochöfen kommend, den Kesselfeuerungen in gleicher Weise zugeführt wurden. Jeder Dampfkessel hatte zwischen Ober- und Unterkessel eine zweitheilige gewöhnliche Plan-Rost feuerung von etwa 31/2 qm Gröfse des ganzen Rostes und über denselben befanden sich die Einmündungen der Gasleitungsrohre. Der Betrieb der Kessel war einfach. Zur stetigen Entzündung der Hochofengase wurden die Feuer auf den Rosten unterhalten und dazu in 24 Stunden 3 bis 400 Gtr. geringwerthiger Steinkohlen (Staubkohle) verfeuert, also per Stunde und Quadratmeter etwa 10 bis 14 kg. Dieser geringe Verbrauch an Kohlen hatte zur Folge, dafs zur Bedienung in jeder Schicht nur 2 Mann und 1 Arbeitsbursche vor den Kesseln be schäftigt zu werden brauchten. Für die Gebläsemaschinen und für die sonstigen Kraftmaschinen war die Dampfproduction von 18 Dampfkesseln von je 95 qm Heizfläche ausreichend. Es konnten somit immer 4 Dampfkessel kalt liegen und gereinigt, vorgerichtet resp. reparirt werden. Für den Betrieb reichten 18 Dampfkessel aus. Zur Zeit des Unfalles lagen leer die Kessel Nr. 1, 3, 16 und 20. Das Speisewasser war nicht als gut zu bezeichnen. Der Kesselstein sprang leicht ab und bildete deshalb bald einzelne Kesselsteinkuchen, welche in früherer Zeit zu geringen Ausbeulungen der unteren Bleche im Oberkessel führten. Nach uns gemachten Mittheilungen ergiebt die Analyse des Wassers folgende Bestandtheile pro Liter (1000 g): Kieselsäure .... 0,0300 g Eisenoxyd 0,0160 „ Kalk 0,2624 „ Magnesiumoxyd ... 0 0540 „ Schwefelsäure . . . 0,3698 „ Chlor 0,0139 » Organische Substanzen 0,1200 „ Die Speisepumpen waren in hinreichender Gröfse und Güte vorhanden.