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Dresdner Journal : 08.11.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187911086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18791108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18791108
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-11
- Tag 1879-11-08
-
Monat
1879-11
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 08.11.1879
- Autor
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W2«N. ziinnn t Im 8^,.° ^„„d.ld 6e»äeuti.eks° ^krlieU: . . >8 j^iod«. tritt i^t- uoä ^Mkriied- 4^rlc»0?k. 8temp«lru»ct>l^ kioru. Liaruluv l^umwsrn: lO t'k I»8vr»t«»pr<-l8«r kür 6en L»um eiusr ^«»ptcltvisa pstitreile 20 kf. Untvr „Lia^s-Mtät" äw Leit« 00 kk. Lp-eketvenr l'-tzlied mit ^unnktime 6er 8ono- nn6 reiertL-?« ^tEuüs tiir 6en sol^enäen Hz. Sonnabend, den 8. November. 187S. DresdnerIomMl. Verantwortlicher Redacteur: Im Auftrage Rudolf Günther in Dresden. In«eraten»no»time an^krt»» /r ^ra»6«tetter, Oomm>»»iooLr 6es OrssUuer äourv^l»; S»wdur^ -veritn VU:> I-eipri^ L»««I - 8r«,I»u-rrLnkkmt ». N : ^/aa»en«t^» L ^oz/Ier, verlm Vi-u-Ssmdvr^' kr»^-l,«<prix-rnmlrlvrt ». » Hüavkiu: Lsrlm, Srsmso: L Kc^iotte,' Lr»il»u: Lür«itu; Ld«mmr, ^e,At; kr»alefurt » H.: ^rirArr'nctie u. //errmann- «ctie t<nck>i«n61nn^i vdrlit»- O .Vü/ter 8»imvvsr: 6 9c/«ü«»/< > , k»n» L-rUn-rrLllilturr ». N SMttßLrl: I)a«be « t-v.,' Sambor?: X/e«ciAen, ^Ici. Äerner. Uerausxeber: Ikövigl. Krpe6ition 6e» Oresäovr ^omusl«, I>re«6en, Lvio^ersirrujs« tlo. 20. Amtlicher Theil. Dresden, 6. November. Se. Majestät der König hat nachstehende Personal-Veränderungen in der Armee allergnädigst zu genehmigen geruht. ä. türnenuungk», Btsöldtrnogta, verlthuagea. Die Ernennung nachstehender Majors und etats mäßiger Stabsoffiziere zu Bataillons-Kommandeuren, als: Brandt von Lindau des 8. Infanterie-Regi ments „Prinz Johann Georg" Nr. 107 beim 7. In fanterie Regiment „Prinz Georg" Nr. 106, von Jssen- dorff des 1. (Leib-) Grenadier-Regiments Nr. 100 und Freiherr von Bülow des 6. Infanterie Regiments Nr. 105 in ihren Regimentern; die Ernennung nach stehender überzähliger Majors zu etatsmäßigen Stabs offizieren, als: von Zeschau deS 2. Grenadier-Regi ments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" beim 1. (Leib-) Grenadier-Regiment Nr. 100, von Beulwitz des 8. Infanterie-Regiments „Prinz Johann Georg" Nr. 107 bei feinem Regimente und Förster des 4. Infante ne-Regiments Nr. 103 beim 6. Jn- fanterie-Regimert Nr. 105; die Versetzung des Majors und Kompagnie-Chefs Hohlfeld des 3. Infanterie- Regiments Nr. 102 als überzähliger Major zum 2. Grenadier-Regiment Nr. 101 „Kaifer Wilhelm, König von Prenßen"; die Beförderung des Premierlieutenants von Cranshaar des 1. Jäger-Bataillons Nr. 12 — unter Vorbehalt der Patentirung — zum Haupt mann und Kompagnie-Chef; die Versetzung des Pre mierlieutenants Freiherrn von Friesen des 2. Jäger- Bataillons Nr. 13 — unter Belassung in seinem Kommando beim Königlichen Generalstabe — zum 1. Jäger-Bataillon Nr. 12; die Anstellung des Königlich Preußischen Secondelieutenants a. D. von Woikowsky- Biedau als Secondelieutenant im 1. (Leib-)Grenadier- Regiment Nr. 100 mit einem Patente vom 21. No vember 1874; die Beförderung des Premierlieutenanls Freiherrn von Stralenheim I. des 2. Ulanen-Regi- menls Nr. 18 zum Rittmeister und Escadron-Chef; die Ernennung des char. Premierlieutenants Freiherrn von Campe des 1. Ulanen-Regiments Nr. 17, unter Versetzung zum 2. Ulanen - Regiment Nr. 18, zum etatsmäßigen Premierlieutenant; die Beförderung des Secondelieuienanl» Freiherrn von Boyneburgk I. des 1. Husaren-Regiments Nr. 18 zum Premierlieute nant; die Verleihung des Premierlieutenants - Cha rakters an den Secondelieutenant Freiherrn von Hagen des 2. Husaren-Regiments „Kronprinz Friedrich Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preußen" Nr. 19; die Uebersührung des Seconde- lieutenants U l l r i ch des Pionnier-Bataillons Nr. 12 zu den Offizieren der Reserve feines Bataillons; die Beförderung des Secondelieutenants der Landwehr- Infanterie Kühn des 2. Bataillons (Schneeberg) 5. Landwehr-Regiments Nr. 104 zum Premierlieutenant der Landwehr-Infanterie; die der Unterärzte Dr. Krebs des Pionnier-BataillouS Nr. 12 und Vr. Schaffrath des Schützen- (Füsilier-) Regiments „Prinz Georg" Nr. 108 zu Assistenzärzten II. Klasse, Ersteren beim 1. Ulanen - Regimente Nr. 17, Letzteren beim 5. In fanterie-Regiment „Prinz Friedrich August" Nr. 104. 6. Vtradschitdongeil rc. Die Stellung des Oberstlieutenants und Bataillons- Kommandeurs Panse des 6. Jnfanterie-RegimentS Nr. 105 in Genehmigung seines Abschiedsgesuche- zur Disposition mit der gesetzlichen Pension und der Er laubn ß zum Tragen der Regimentsuniform mit den voigeschriebenen Abzeichen; die Verabschiedung des Premierlieutenants Schreiber des 3. Jnfanterie-Re gimentS Nr. 102 mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform; die Ver abschiedung des Secondelieutenants Freiherr» von Fuchs-Nordhoff des 1. Husaren-Regiments Nr. 18, des Premierlieutenants der Landwehr-Infanterie Sei fert deS 1. Bataillons (Chemnitz) 2. Landwehr-Regi- mentS Nr. 101, des Secondelieutenants der Landwehr- Jnsantene Lotze des 1. Bataillons (Bautzen) 4. Land wehr - Regiments Nr. 103 und deS Assistenzarztes I.Clasfe der Reserve l)r. Niemann deS 2.Bataillons (Zittau) 3. Landwehr-Regiments Nr. 102. Nichtamtlicher Theil. U e r r s i ch l. Telegrapbische Nachrichten. Zeitungsschau. (Schlesische Zeitung. Neue Preu ßische Zeitung.) Tagesgeschichte. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Pirna. Kamenz.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. Eingesandtes. Beilage. Telegraphische WitterungSberichtr. Leittzraphijäre Nachrichten. Straßburg i. E., Freitag, 7. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Großfürst-Thron- folger von Rußland traf gestern Abend L-9 Uhr mit Gemahlin aus Paris hier ein, dinirte auf dem Bahnhöfe und reiste in der Richtung nach Appenweiler weiter. Buda-Pest, Donnerstag, 6. November, Abends. (Tel. d. Boh.) Die heutige Sitzung der Deputir- tentafel war sehr bewegt. Zunächst wurde die Vorlage, betreffend die Kosten deS kaiserlichen Hofstaates, verhandelt. Emerich Uranyi (von der Gruppe der Parteilosen) beantragte die Herabsetzung der Civilliste um 1 Mil lion jährlich mit Rücksicht auf die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes. — Daniel Jranyi (äußerste Linke) bezeichnete die österreichisch-ungarische Civil- liste als die höchste in Europa; dieselbe stehe nicht im Verhältniß zur Steuerfähigkeit. Er stimme daher für den Antrag Uranyi's. — Josef Madarasz (äußerste Linke) ist gegen den Amrag und stellt eine selbstständige Motion, wonach die Kosten des Hofstaa te- alljährlich ,m Budget und nicht auf 10 Jahre fixirt werden. — Gras Albert Apponyi (conservative Opposition) ist mit den meritonschen Einwendungen der Vorredner hinsichtlich der Höhe der Civilliste ein verstanden, stimmt jedoch für die Vorlage, weil er keine Collision zwischen dem Parlament und der Executive in einer solchen Frage wünscht, da durch eine solche Collision das monarchische Plincip, welches er hoch halte, empfindlich tangirt werde. — Der Ministerprä sident Tisza tritt in kurzer Rede für die Vorlage ein, worauf dieselbe vom ganzen Hause angenommen wird. Blos die äußerste Linke stimmte dagegen. Sodann richtete Dionys Pazmandy die ange kündigte Interpellation an den Finanzminister Grafen Szaparv wegen angeblicher Ueberschreitung der ihm ertheilten Vollmacht zur Aufnahme von Anlehensgeldern. Die Interpellation lautet: I) Ist es wahr, daß der Herr Finanzminister im Oclober l. I. und nicht im Lause des Monats September in dem hiesigen Geldwechslergeschäft „Waitzenkorn und Söhne" Grundentlastungsobligatio- nen im Nominalwerthe von 11 600 Fl. persönlich ver kaufte? 2) Ist es wahr, daß der Herr Finanznnmster des gleichen solche Crediteffecten, bezüglich deren er in feinem am 28. October l. I. im Abgeordnetenhause vor getragenen Expose eine Verlängerung der Amorti- sationSsrist in Aussicht stellte, beziehungsweise selber beantragte, ebenfalls un Laufe des Monats Oktober bei der hiesigen ungarischen Escomptebank verkauft hat? 3) Hat der Herr Finanzminister davon Kennt- niß, daß mehrere feiner Angehörigen eben solche Werthpapiere zu derselben Zeit und in großen Be trägen verkaufen ließen? 4) Wie vermag der Herr Minister diese Thatsachen mit seiner amtlichen Stel lung und der Pflicht der Geheimhaltung zu ver einbaren ? Der Finanzminister Graf Szapary antwortete sofort, daß er für alles Dasjenige, was in dieser Sache seinerfeits veröffentlicht wurde, die Verantwortung über nehme; alles Das aber, was darüber hinausgeht, fei er genöthigt, als entschieden unwahr zu bezeichnen, wie er es schon bisher gethan. Deshalb antworte er von dieser Stelle auf die Fragen nicht mehr, erkläre sich aber geneigt, dem fragenden Abgeordneten selbst mit aller Bereitwilligkeit und Offenheit die Antwort zu er- theilen. Dem Hause gegenüber erklärt der Minister, daß er keine Thatsache begangen, aus welcher gefolgert werden könnte, daß er einen Mißbrauch feiner amt lichen Stellung verübt. Pazmandy nimmt die Antwort zur Kenntniß, obgleich er die Ansicht nicht theilt, daß hier blos eine private Angelegenheit vorliege, welcher Ansicht auch die Majorität des Hauses zu huldigen scheine. Das gesammte Haus nahm hierauf die Ant wort zur Kenntniß. Der Finanzminister Graf Szapary hat heute den Abg. Pazmandy zum Duell gefordert. Paris, Freitag, I. November. (Tel.d.DreSdn. Journ.) Es wird officiell gemeldet, daß die Kam mern auf den 27. d. Mts. einberufen werden. (Vgl. unsere Pariser Correspondenz unter „Tagesgeschichte.") London, Freitag, 7. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Times" zufolge versicherte der hiesige türkische Botschafter, Musurus Pascha, dem Mar quis v. Salisbury, dir auswärtige Politik der Regierung sei unverändert. Der Sultan wünsche sehnlicdst, die der englischen Regierung versproche nen Reformen auszuführen. ES werde thunlich sein, Baker Pascha zum Chef der Gendarmerie in Armenien zu ernennen. Der Sultan hoffe, daß die Bewegung der englischen Flotte für unnöthig befunden werde. Salisbury erwiderte, dir englische Regierung könne einen neuen Verzug nicht dulden; unter der gegenwärtigen indolenten Leitung müsse die Türkei in Stücke zerfallen. Die englische Re gierung verlange Thaten, keine Worte; sie würde aber in Anbetracht der Versicherungen deS Bot schafters vorläufig warten. Konstantinopel, Donnerstag, 6. November, Vormittags. (W. T B.) Midhat Pascha ist ange- wirsrn worden, dir schleunigr Unterdrückung der in Syrien ausgebrochrnrn Unruhen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln herbeizuführen. Dresden, 6. November. Der französische Arbeitercongreß in Mar seille ist dieser Tage geschlossen worden. In der letzten Sitzung hat man u. A. folgende Beschlüsse an genommen: Emancipation der Frauen, bürgerliche obli gatorische und Laienerziehung, Abschaffung des Salanats, gemeinsames Eigcnthum des Bodens und der Werk zeuge, Abschaffung der Rente und der Privilegien. Der Congrcß ging auseinander mit den Rufen: „Es lebe die demokratische und sociale Republik! Es lebe das Proletariat! Es lebe die Amnestie!" Wie unser Pariser Correspondent meldete, liegt bereits eine Reihe von Protesten gegen einzelne Beschlüsse deS CongresseS vor, welche darthun, daß von einer vollständigen Uebereinstimmung innerhalb der Partei nicht die Rede sein kann und daß namentlich das Votum, wonach da» Eigenthum aufhören soll, individuell zu sein, auf kräftigen Widerstand stößt. Letztere- ist bei dem französischen Charakterzug der Sparsamkeit durchaus begreiflich. Dennoch erscheint die Passivität einer ge mäßigt republikanischen Regierung, indem sie die Procla- mirung der phantastischsten und radicalsten Umsturzideen duldete, gefährlich und verhängnißvoll; denn man darf nicht vergessen, welchen Eindruck ein die Massen fas- cinirendes mot ä'oräre in Frankreich hervorzubringen vermag und daß die politische Situation des Landes die Umsturzbewegungen geradezu fördert. Der fran- zösifche Arbeiterstand weist in seiner Empfänglichkeit für eine blendende Tageslosung ganz dieselben Eigen schaften auf wie die Aristokratie des Geistes und der Geburt. Macht sich die letztere mit uns kaum ver ständlicher Entzündbarkeit des Herzens in ihrer TageS- stimmung gegenüber gesellschaftlichen Fragen und Con- slicten die Parole eines gefeierten Schriftstellers sofort zu eigen — wir weifen hier sp.'ciell aus den jüngern Dumas hin —, so jubelte man auch in Marseille dem Delegirten von Bordeaux, Roche, zu, der sich stank und frei für einen Revolutionär erklärte und sagte: „Die Revolution ist ein Princip und keine brutale That. Zwei Principien regieren die Welt. Auf der einen Seite stehen Diejenigen, welche von dem jetzigen Zustande der Dinge Vortheil haben, näm lich die Legitimisten, Bonapartisten, opportunisti schen Republikaner; auf der andern Seite sind Diejenigen, welche nichts haben, welche leiden und in ihrem Alter dem Elende preisgegeben sind, da» sind die Revolutionäre, und ich gehöre zu ihnen." Je kühner die Theorie, desto größer die Bereitwillig keit, sie zu adoptiren. — Zur Charakteristik des dritten französischen Arbeitercongresses, welcher sich sogleich bei seiner Eröffnung den „socialistischen" nannte, entnehmen wir der „Schlesischen Zeitung" Folgendes: Mit großer Ausdauer sind „Bürger" und „Bürgerinnen" 12 Tage hindurch bis tief in die Nacht hinein bei sammen gewesen, um über die vielen auf der Tages ordnung stehenden Fragen zu delibriren. So mannich- saltig die Gegenstände waren, welche zur Berathung kamen, so zahlreich fanden sich auch die gewerblichen Genossenschaften und Innungen der Schuster, Bäcker und Schreiner von Paris, der Eisen- und Kohlen arbeiter von Lille und Roubaix, der Schiffsbauarbeiter von Bordeaux, Toulon, Le Havre und Marseille, der Maschinenbauardeiter von St. Etienne, Paris und Lyon auf diesem Congreß vertreten. Doch würde man sich irren, wenn man voraussetzen wollte, daß die Berathungen ein die wirklichen Interessen dieser vielfachen Arbeitsgruppen förderndes Resultat gehabt hätten. Die wenigen Redner, welche ein derartige- Ziel ins Auge faßten, wurden von der radical-socia- lsstischen Majorität der Versammlung überschrien und überstimmt. Statt sachlicher Erörterungen hörte man mit verschwindenden Ausnahmen politische Reden, die stet- nur auf daS Eine hinausliefen: Kampf des Proletariat- gegen die besitzenden Klassen, gegen die „Aristokraten" und „Bourgeois", gegen dieBonapartisten, Orleamsten und Legitimisten sowohl, wie gegen die Opportunisten des „xrauä pontit'e" Leon Gambetta. So wurden denn auch in der letzten Sitzung noch ein Mal die Beschlüsse deS CongresseS in einem Programm zusam- mengestellt, welches die bekannten Forderungen der deutschen Socialdemokraten, die Enteignung des pri vaten Grund und Bodens, der Rohstoffe, der Werk zeuge und deS Capitals zum Besten der Gesammtheit, die Abschaffung der Rente, sowie aller Privilegien und Monopole als vornehmsten „Wunsch" auch der fran zösischen Socialdemokratie offen verkündet. Viele an dere „Wünsche" sind theils dem Programm einverleibt, theils in den vorausgehenden Sitzungen nur beiläufig ausgesprochen worden. Beispielsweise wird die Ad- Feuilleton. Siedigirt von Oti» Banck. Das Fest Molid En Nebbi. (Fortsetzung zu Nr. 2b8.) ES muß übrigens bemerkt werden, daß mehrere der letzten SchechS das Unvernünftige dieses Gebrauches einsahen und sich weigerten, das Doseh abzuyalten, so daß eS manche Jahre unterblieben ist. Unter AbbaS Pascha aber, der bekanntlich ein sehr bigotter Herr war, fand eS wieder Statt, und auch unter dessen Nachfolger wurde dem Andringen der Derwische, die es für einen integrirenden Theil de» Molid En Nebbi ansehen, in jedem Jahre nachgegeben. Nach Beendigung dieser Ceremonie, die biSweilrn auch da» Geburt-fest Hossein- verherrlichte, begiebt sich der Schech in den Hof, der zu dem Hause deS Schech El Bekri gehört, um hier dem Schauspiele zu präsidiren, welche- nunmehr von den Saadijeh aufge führt wird. ES treten Leute auf, welche Pauken schlagend und „Allah Hel" (Gott ist lebendig!) rufend, dann zu dem Geschrei „Ja daim!" (O Ewiger!) über gehend, unter fortwährenden Verbeugungen den Zikr tanzen, bi- Einer oder der Andere von ihnen in Ver zückung geräth oder „malbuS" wird. Es erscheinen Andere, die mit scharfgeschllffenen Säbeln ein sehr täu- chende» Scheingefecht aufführen. Einer wird dem Anschein nach überwunden, und fein Gegner schneidet ihm, eben falls fcheinbar, den Hal» ab, wobei der Besiegte auf ha« Entsetzlichste stöhnt, sich windet, zuckt, röchelt und gurgelt. Endlich zeigen die Derwische ihr berühmteste- Kunststück, daS Schlangenfressen, welches ebenfalls vom Volke für ein Wunder angesehen wird, aber da es nur im Zustande der äußersten Aufregung und Be sinnungslosigkeit geschieht, nicht einmal insofern wun derbar ist, als es eine gegen alle menschliche Natur streitende Ueberwindung deS Ekels erfordert. Früher fand diese» Verspeisen von giftigen Schlan gen, die beiläufig lebendig sind, regelmäßig nach dem Dofeh Statt. Unter Mehemed Ali wagte ein Schech, eS zu unterfagen, indem er es für ekelhaft und der Religion zuwider erklärte, welche die Schlangen als unreine Geschöpfe betrachten lehre, und die Sache schien aus dem Programm des Festes gestrichen. Allein unter AbbaS Pascha tauchte auch sie wieder auf, und noch jetzt werden von den Sadijeh Schlangen und bisweilen auch Skorpione verzehrt. Gefahr ist, wie angedeutet, nicht dabei. Man stumpft den Skorpionen den Stachel ab und bricht den Schlangen die Giftzähne aus oder macht sie dadurch unschädlich, daß man ihnen einen silbernen Ring um da» Maul legt oder dasselbe geradezu mit Seidensäden zunäht, ehe sie zur Verwen dung kommen. Dennoch sieht e» gräßlich genug au-, wenn ein solcher Verrückter plötzlich auf da- Thier zuspringt, es mit raschem Griffe einige Zoll unter den» Kopse packt und erst diesen abdeiß», kaut und verschluckt, dann schmatzend und mit den Zähnen knirschend einen »weiten und einen dritten Biß thut, während da» sterbende Gewürm sich um seine Faust windet und ihm Gesicht und Arme mit seinem Blute besudelt. Ader da- christliche Abendland hat wenig Ursache, sich denn Hinblicke auf solche wunderliche Heilige in die Brust zu werfen. Richt blo« der J-lam treibt religiösen Unfug wie den beschriebenen. Im wohlge sitteten England sieht man die Secte der Jumpers, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die der Shakers Gott ebenfalls durch Tanz verehren Die Lagerverfammlungen der Methodisten und Baptisten bedienen sich gewisser Mittel zur Steigerung der An dacht und Inbrunst ihrer Theilnehmer, welche zwar nicht so grober Natur wie die der muhamedanischen Mystiker sind, aber genau dieselbe berauschend« und mit epileptischen Zufällen endigende Wirkung haben. So bei den „Revivals", jenen „Wiedererweckungen religiösen Sinnes", welche im ersten Decennium dieses Jahrhunderts wie eine Epidemie unter dem Volke von Ohio und Kentucky sowie in einigen Nachbarstaaten grassirten und von den widerlichsten Erscheinungen be gleitet waren. Urheber dieser Erscheinungen waren fanatische Prediger, welche, wenn die Kirche die Zu hörer nicht faßte, mit ihrer Gemeinde in den Wald hinauSzogen und sie dort mit ihrer wilden Beredtsam- keit fo lange bearbeiteten, bi» der Wechsel von Angst und Entzücken, von Sehnen und Schwelgen den Grad von Erregtheit hervorgebracht hatte, bei der jene Phä nomene sich einstellten. Dieselben glichen bisweilen der lallenden Sucht, bi»w-ilen mehr dem Veitttanze, waren jedoch ansteckend, fo daß sie sich mannich Mal von einem Beispiele im Verlauf weniger Minuten über den größten Theil der Anwefenden, oft über Hunderte, ja einige Mal über Tausende von Menschen verbrei teten. Man schrieb sie damal» einem Walten himm lischer Macht zu, und Biele bettachteten sie „al» Wehen der Lreatur vor der Wiederkunft de» Herrn". (Schluß folgt.) * Auf Fräulein ValrSca Franck's Concert am 12. d. M. seien die Musikfreunde hiermit gern auf- merkfam gemacht. Es wird ein besonderes Interesse durch die Mitwirkung des Hrn Kammervirtuosen Grütz macher darbieten, welcher mit der Concertgeberm Beetho ven'- ^-ckur-Sonate (Pianosorte und Violoncell) spielt. Außerdem wird Frl. Franck von Frl. Rößler unter stützt. B. * Zum zehnten Jahrestage der Begründung de» Bautzener AlterthumSmuseumS (den 12.October) hat der Pfleger desselben, Buchhändler O-kar RöSger, ein Schriftchen herauSgegeben, welches die in fo kurzer Zeit bereit- gewonnene Reichhaltigkeit und Bedeut- famkeit der genannten Sammlung für die Oberlausitz erkennen läßt. Für die Abtheilung „Geschichte" wer den nämlich 44 Handschriften (darunter 15 Chroniken von Bautzen) verzeichnet; ferner 36 Karten und Pläne, 106 Ansichten und histonfche Blätter; von den 16 Portrait- erinnern 32 an Bautzner Persönlichkeiten. Photographien sind bei diesen Zählunaen ausge schlossen Möge die fo verdienstliche MuseumSver- waltung fernere Unterstützung finden. o. * Auf Anordnung de» König» von Bayern wur den Gemälde verfchiedener Meister au» der internatio nalen Kunstau-stellung zu München in den Festfaal- dau der königl. Residenz gebracht. Der König wählte u «. zum Ankäufe Feuerbach'» „Medea", mit der Verfügung, daß da» Bild, um es allgemein zugäng lich zu machen, in der neuen Pinakothek aufgehängt werde. * Der Frankfurter „Dida»kalia" entnehmen wir folgende, im Hinblick auf die für Bayreuth eingrgan- genen Verpflichtungen jedenfalls noch der Bestätigung
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