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Dresdner Journal : 21.12.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187912218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18791221
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18791221
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-12
- Tag 1879-12-21
-
Monat
1879-12
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 21.12.1879
- Autor
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^296. Sonntag, den 21 December. 1879. tbonosmeotiprel« r ILKrlict.: . . 18^ trj.i u°ä >tjLkrliek: 4 A"rtl SV?f. Ftem^lruscblutx tiivru. Lio»«lovXumv>«rn: l0 kr. Io»«r»tk>»prel»«r kür <I«n kLum olovr gospültsiivo ?etitr«tlu 20 kf. llotor „Liuzs^nät" äis 2sUe bv kk. rn»cd«1aear Ikyslivk wit Auinakws ä«r 8oov- uvä kvierts^e Alcock« iSr ä«o fol^enävu '1»^. Dres-uerÄMM to»«ri»t<>i>»oo»Iime »U5vNn1»r I^ipitg: H. Lomon»-iollLr 6v» Or«»6ll«r louraitl»! S»wdiirx - S«rUo Vj,L L»««I - 8^«,!»« ^rLLkkui t ». » : Dua-ien«t«,-> L 8-rUü Vt«o-S»mdiuF kr»x-L«iprix-kr»oIltiu1 ». H. Müllekso' / vorlm: LHiiiict, /ni , Lr«m«o: Lc/^ott<,' 8re»I»u: D. Stande»'» kürosu; 6d«mmtr Fr. » N.: F ^aeAk^setls u. </ 6. 7/rrrmann- «itiv linokbnnälimg; 0VrUt»: D. Ltüller, 8»>u»ov«r: <7. . k»rt» S«rIjL-rr»Llltllrt » H StLlt^»rt: Daube Se t/«-.,' s^mdorx: F L7e«6Aen, ^1<t. Ä«n«r. Verantwortlicher Redacteur: Im Auftrage Rudolf Günther in Dresden. N«r»a8xedvr: LSvisfl. Krp«<UtioQ 6b» liresüoer .lourvkll», !>rp-6ev, liviuxier^inu«« I^o. 20. Amtlicher Theil. Dresden, 20. December. Mit allerhöchster Ge nehmigung ist dem Oberlehrer an der Realschule l. Ordnung zu Leipzig Dr. pkil. Christian Rudolf Koenig der Titel „Professor* verliehen worden. Bekanntmachung. Die nächste Prüfung der Expectanten für da» Königlich Sächsische Kadetten-KorpS soll am 5. und 6. April 1880 stattfinden und werden die an daS Kommando des Königlichen Kadetten korps zu richtenden Anmeldungen dazu am 15. Februar ge schlossen. Später erfolgende Anmeldungen können nur aus nahmsweise Berücksichtigung finden. Die wissenschanlichen Anforderungen an die Expec tanten für die verschiedenen Klassen sind in dem Aus zuge aus dem Regulativ des Kadetten-Korps vom Jahre 1877, dem I. Nachtrag zu demselben vom Oc tober 1878 und dem II. Nachtrag 1879 — sämmtlich zu beziehen in der Buchhandlung von C. Höckner, Dresden-Neustadt — ersichtlich. Der Auszug enthält zugleich alle Vorbedingungen zur Ausnahnie, sowie die näheren Vorschriften, nach denen die 60 etatSmäßigen Kadettenstellen mit einem jährlichen Erziehungsbeitrage von 90, 180 und 300 M. zur Vertheilung kommen. Dresden, den 29. November 1879. Kriegs-Ministerium, von Kabrice. Bekanntmachung, die Abhaltung der Candidaten- und Wahl fähigkeits-Prüfungen Ostern 1880 betr. Die SchulamtScandidaten-Prüfungen an sämmtlichen evangelischen Lehrerseminaren und an dem Lehrerinnen- Seminar zu Dresden, sowie die Prüfung von Leh rerinnen, welche nicht auf einem Seminar vorgebildet worden sind, finden in Gemäßheit des 8 4 der Prü fungsordnung vom 1. November 1877 in den letzten Wochen vor Beendigung des Schuljahre« statt. ES werden daher Diejenigen, welche zu diesen Prü fungen zugelassen zu werden wünschen, soweit dieselben nicht nach 8 3, Abs. 1 der angezogenen Prüfungs ordnung von Einreichung besonderer Anmeldung be freit sind, hierdurch aufgefordert, sich spätesten- bis zum 15. Januar 1880 bei dem unterzeichneten Ministerium unter Beifügung der in 8 3 der Prüfungsordnung (S. 307 flg. des Gesetz- und Verordnungs-Blattes vom Jahre 1877) vorgeschriebenen Zeugnisse rc. anzumelden, event. auch die nach 8 3, Abs. 4 der vorgedachten Prüfungsord nung vorgeschriebenen Angaben zu machen. Die Wahlfähigkeitsprüfungen am Lehrerin- nen-Seminar zu Callnberg finden um Ostern 1880 zunächst für frühere Zöglinge dieser Anstalt statt. Can didatinnen, welche sich dieser Prüfung unterwerfen wollen, haben spätestens bis zum 10. Januar 1880 ihre Gesuche um Zulassung bei dem BezirkSschulinspector ihres Wohnortes unter Beifügung der in 8 16 der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Zeugnisse einzu- reichen, worauf sodann seitens der Bezirksschulinspecto- ren die Anmeldung bei dem betreffenden Comimssar (Gehe,men Schulrath 1)r. Bornemann) unter der Adresse der CultuS-Ministerial-Canzlei bis spätestens zum 17. desselben Monats zu bewirken ist. Dresden, am 17. December 1879. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. Dr. v. Gerber. Götz. ——, Feuilleton. Rrdigirt von Otto Banck. Zur Charakteristik der BegrüßungSformeln. Ueber die gesellschaftlichen „BegrüßungSformeln* der verschirdenen Völker bringt daS „Corn. Magz.* einen ausführlichen Artikel, dem nur einige Einzel heiten nach der „W. Abdp.* enthoben feien und zwar mit Hinblick auf den Charakter zweier Erdtheile, Asien» und Amerikas. Der Gruß der Chinesen: „Haben Sie Ihren Rei« gegessen?* bedarf keiner CommentarS. Ihre streng festgesetzten BegrüßungSphrafen und Bewegungen sind höchst gekünstelt. Die Pantomine allein schon ist sehr complicirt und muß für jeden Fall genau nach specieller Vorschrift eingrhalten werden. Z. B.: Die müßende Person legt die Hände in einander, breitet sic dann weit au» einander, schüttelt sie in der Luft und murmelt sanft dabei: „ebin-ekivl", was so viel wie „bitte! Kittel* bedeutet und ebenso gut als Dank, wie al» Abschiedsgruß dient. In China wie auch in Japan und Siam wird bei der Begrüßung gar streng darauf gehalten, nur in der dritten Person von dem Begrüßten zu sprechen wie auch von sich selbst. Bon unerläßlicher Nothwendigkeit auch ist eß in China, sich und alleS sich Angehörende herabzuseken. Spricht man z. B. zu einem ältern Manne, so sagt man von sich: „Der thörichte jüngere Bruder*. Spricht man zu einem Jüngeren, so sagt man von der eigenen Person: „Der thörichte Alte* oder gar anmuthig: „Die alte Fäul- niß*. Dir Gattin nennt sich „eine niedrige Concubrne*; nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 20 December. (Tel. d. DreSdn. Jouru) Zm Abgeordnetenhaus? stand heute auf der Tagesordnung die Interpellation des Abg. Grafen Wintzingerode, betreffend den Erlaß einer Wegeordnung. Der Minister sür öffentliche Arbeiten, Maybach, erklärt, die Vorlegung einer Wegeordnung in dieser Session sei nicht beabsichtigt. Die Negierung erkenne das Bedürsniß einer Wegeordnung auf das Lebhafteste an. Schon 3 Mal sei eine Wegeordnung voraelegt worden; sie sei aber regelmäßig gescheitert, weil das Haus den vorherigen Erlaß eurer Landgemeindeordnung als nothwendige Voraussetzung angesehen habe. Diese Erwägung sei auch berechtigt. Die jetzt vorliegenden Gesetze über die Organisation der Verwaltungsbehörden würden ernen Boden für die Regelung der Angelegen heit bilden. Falls nicht binnen Kurzem der Entwurf einer Landgeweindeordnung eingebracht werden könne, sei jedoch die Regierung bereit, die sür eine Wegeord- nuug erforderlichen Arbeiten wieder auszunehmen. Nach Erledigung unerheblicher Petitionen wird daS Haus bis zum 8. Januar 1880 vertagt. Wien, Freitag, 19. December, AbcndS. (W. T. B) In der heute Abend stattgehabtrn Sitzung der Reichsrathsdelegation wurde die Vorlage der gemeinsamen Negierung, betreffend die Bestreitung der gemeinsamen Ausgaben pro Januar und Fe bruar 1880, ohne Debatte in zweiter und dritter Lesung angenommen. Nächste Sitzung unbestimmt. In der heutigen Abendversammlung des libe ralen ClubS des Abgeordnetenhauses berichteten Weeber und Czrdik über die (unter „Tagesgeschichte* mitgetheilten) Ergebnisse der Verhandlungen der AuSgleichSdeputation. Hierüber entspann sich eine Debatte, in der Sueß für, TomaSzczuk und Hackel berg gegen die Annahme des H 2 deS Wehrgesetzes sprachen. Herbst erklärte, er werde nach seiner Ueberzeugung stimmen, wolle aber diese Nieman dem aufdrängen. Bei geheimer Abstimmung durch Zettel stimmten 37 Abgeordnete für, 30 gegen die Annahme des H2; 7 Zettel wurden leer abgegeben. Man nimmt au, daß nun daS Zustandekommen deS Wehrgesetzes gesickert sei. Paris, Freitag, 19. December, Abendö. (W. T. B.) Der Senat hat daS Budget, dessen Ziffern die Deputirtenkammer, entgegen den Abändrrungs- anträgen des Senats, nach Maßgabe ihrer frühe ren Beschlüsse aufrechterhalten hatte, an die Finanz- commisfion verwiesen. Die Bcratbung und Be schlußfassung darüber wird morgen stattfinden, und erfolgt darauf der Schluß der Session. Die Zolltarifcommission hat Millaud an Stelle Meline'S zum Berichterstatter für die Sridenin- dustrie gewählt. Millaud hat sich gegen den Ein gangszoll für Seide ausgesprochen, welchen Meline vorgeschlagen hatte. London, Freitag, 19. December, Abends. (W. T. B.) „Reutcr's Office" meldet auS Kalkutta, der General Gough sei am 17. d. von Jagdalak (zwischen Kabul und Peschawer) aufgebrockcn und habe sich nach Kabul in Marsch gesetzt. Die Ver bindung mit dem General Gough sei gestern be werkstelligt worden; der Widerstand der dort woh nenden Stämme sei kein ernstlicher. (Diese Nach richt lautet überraschend günstig. Wenn Gough die Bereinigung mit General Roberts gelingt, so dürfte alle Besorgniß um ihn gehoben sein. Vgl. die aus führlichen Mittheilungen unter „TageSgeschichte.") ein Verwandter bezeichnet sich als „der Schweif der Verwandtschaft*. Will man von seinem Hause sprechen, so muß man es, ist man wohlerzogen, die „baufällige Scheune" nennen. Seine Gattin bezeichnet man aus drucksvoll als „den dummen Dorn*. Giebt man seiner Meinung Ausdruck, so darf man nicht vergessen, zu sagen: „meine alberne Meinung" oder „mcm ge wagter Ausspruch". Seinen Sohn benennt man „das GraSinsect*. Ist die begrüßte Person eine Standes- person, so ist sie: „Er, unter dessen Füßen* sich der Sprecher befindet oder symbolisch: „der im Wagen Befindliche." Der Kaiser ist „der Sire von Myriaden Jahren*. Spricht man vom Vater deS Anderen, so ist er entweder „der ehrenwerthe Graubart* oder „die ehrenwerthe Strenge*. Die Mutter de« Anderen wird „die gütige Sanftmuth* oder „die Halle der Lang lebigkeit* genannt, so wie seine Tochter die Bezeich nung „die tausend Goldstücke* erhalt. Ein Minister ist: „die Galerie*, unter der man steht. So höslich ist man in einem Lande, in dem sich eine primitiv- patriarchalische Civil'.sation so glücklich mit primitiv- patriarchalischer Barbarei vermischt, daß täglich einige „GraSinsecte* in den Fluß spedm werden, und daß jede „Galerie* eS al» eine ihrer angelegentlichsten Be- ruf»pflichten betrachtet, Hinrichtungen vornehmen zu lassen Die Japaner, deren Grußsprüche große Aehn- lichkeit mit jenen der Chinesen haben, ziehen, wenn sie einander begegnen, die Pantoffel ab, offenbar eine Reminiscenz de» Brauche», an geheiligter Stätte die Schuhe au»zuzirhen. Der Grußspruch: „Verletze mich nicht* ist auch rin Resultat de» AbsoluttSmu», der in der ganzen Welt nicht so streng gewesen, wie er Jahr hunderte lang in China, Japan und Siam geherrscht. St. Petersburg, Sonnabend, 20. Decem- ber. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Officitll wird aus Cannes gemeldet, in der Nacht vom 15. zum 1k. d. habe dir Kaiserin auf dtr rechten Seite der Brust stechende Schmerzen empfunden, welche von einer Entzündung der Lungenhaut herrührten. Seit dem 17. hat die Entwicklung der Pleuritis aufgehört. Der allgemeine Gesundheitszustand der Kaiserin ist fortdauernd Besorgniß erregend. Dresden, 20. December. Die Antwort des Kaisers von Oesterreich auf die bei dem vorgestrigen Empfange der Delega tionen von den beiden Präsidenten der letzteren an Se. Majestät gerichteten Ansprachen wird von der ge- sammten Presse Wiens als eine besonders bedeutungs volle hervorgehoben und mit Commentaren begleitet, welche von einem ebenso tiefen als freudigen Eindrücke derselben nach allen Seiten hin Zeugniß geben. „Die kaiserlichen Worte", so äußert sich das „Fremd en- blatt", „werden nicht blos in allen Theilen des Reiches den freudigsten Wiederhall finden, sondern auch weit über die Grenzen Oesterreich-Ungarns hinaus mit aufrichtiger Genugthuung begrüßt werden. Die Ver sicherung, daß die Beziehungen unserer Monarchie zu allen Mächten die freundschaftlichsten seien, findet eine hochwichtige Ergänzung durch die der Freundschaft mit Deutschland gewidmeten Worte. Die österreichisch deutsche Entente, die unseres Wissens heute zum ersten Male rn osficieller Weise öffentlich constattrt worden ist, bietet nicht nur Oesterreich-Ungarn, sondern ganz Europa eine verstärkte Bürgschaft dafür, daß endlich „„jene allgemeine Beruhigung eintreten wird, welche der friedlichen Arbeit ihre volle Entfaltung sichert."" Im hohen Grade erfreulich ist auch, was die kaiserliche Rede über die Fortschritte des von unserer Monarchie in Bosnien und der Herzegowina unternommenen Culturwerkes sagt. Die beträchtlichen Verminderungen deS Truppenstandes in den occupirten Provinzen fin den ihre Ergänzung in der Versicherung, daß, was im vorigen Jahre als anzustrebenves Ziel bezeichnet wurde: die Verwaltung der uns anverlrauten Länder werde aus den Mitteln derselben bestritten werden können, schon in die'em Jahre seiner Verwirklichung enlgegengehe. Als ein hervorragendes Friedensmittel bezeichnet der Kaiser auch Heuer wieder, wie vor einem Jahre, die konsequente Durchführung des Berliner Vertrages. Gerade weil Oesterreich-Ungarn und das deutsche Reich auf die gewissenhafte Durchführung der Beschlüsse deS Berliner Coagresses ebensowohl im eigenen wie im europäischen Interesse dringen, erweist sich ihre Freund schaft als eine so eminente Bürgschaft für den Frieden des Welttheiles.* — Die (alte) „Presse" constattrt den günstigen Eindruck der kaiserlichen Rede auf die Dele- girten und fährt dann fort: „Klar und präcis klangen aus dem kaiserlichen Munde Worte der zuversichtlich sten Friedensliebe, und die Delegirten konnten ferner aus der kaiserlichen Rede die Beruhigung empfangen, daß, wenn unsere Beziehungen zu anderen Staaten die freundschaftlichsten sind, die Oesterreich-Ungarns zu Deutschland ein inniges Einvernehmen bilden. Mit den letzten Worten haben die Verhandlungen, welche der deutsche Reichskanzler in Wien führte, die officiellste Sanction erhalten, und aus diesen Worten leuchtet klar hervor, daß m dec That an die Stelle des Drei-Kaiier- Bündnistes jenes der zwei mächtigsten mitteleuropäischen Monarchen getreten ist. Zit dieser Erklärung bildete die Zusicherung, daß der Berliner Friede consequent werde durchgeführt we ben, das natürliche Corollar." — Die „Neue freie Presse" erachtet die Antwort des Kaisers als »n erster Linie politisch bedeutsam durch die Art, wie sie des deutsch österreichischen Bünd nisses gedenkt, und sagt: „Die Stelle, welche das innige Einvernehmen mit dem deutschen Reiche constattrt, In Verbindung mit dem Wunsche materiellen Ge deihens stand und steht im Orient auch jener des Friedens. Der Friedensgruß war allezeit üblich unter den Hebräern, Arabern, Persern, wie er es jetzt noch unter allen Muselmännern ist. Der Gruß, „Friede sei mit dir", führt uns zu den Zeiten zurück, wo der Krieg unt-'r den angeführten Nationen und Stämmen chronisch war und Hab und Gut sich eben so sehr wie sein Besitzer dein Ande gegenüber in steter Unsicher heit befanden. Unter diefen Umständen implicirte der „Friede* alle Herzenswünsche; mit ihm kam die Muße zum Ackerbaus, das materielle Gedeihen, der Relchthum auch in der Viehzucht und die eigene Körperpflege, die Wohlsein bringt. Die ursprüngliche Grußformel hieß denn auch: „Friede fei mit dir und die Gnade Gottes mit allem seinen Segen*, sie wurde aber allgemach zu dem eillfachrn: „Der Friede sei mit dir* gekürzt. Als da« Christenthum den Osten mit dem Westen gewisser maßen vermischte, vermischten sich auch die Grußformen. Der Pauttmsche Gruß: „zäp»s «ai etpyr-y*, Gnade und Friede, sckeint den orientalischen Frieden mit dem griechischen verbunden zu haben Der Friede aber war hier psychisch gemeint, jener Friede, der im Herzen, in der Seele wohnt und alle irdischen Güter so weitaus an Werth übertrifft. DaS Aeußerliche war zum Innerlichen geworden. Der geistliche Gruß: vokioeum" beruht selbstverständlich auf der gleichen orientalisch christlichen Basis. Der orientalische Codex der Höflichkeit giebt Zeug- niß von der religiösen Exklusivität der Orientalen. Keine noch so hohe Stellung enthebt den MoSlim da von, den Gruß eine» Glaubensgenossen zu erwidern. Muhamed hat diese Unterlassung ausdrücklich Ver ¬ ist die hervorragendste der ganzen kaiserlichen Rede, und sie giebt ihr recht eigentlich den bestimmenden Charakter. Bisher lag von keiner Seite eine officielle Bestätigung der Nachrichten vor, die sich an Bismarck'- Besuch in Wien geknüpft. Das deutsch-österreichische Bündniß lebte bis jetzt nur in den Herzen der beiden Nationen, in den Spalten der Zeitungen, die es mit Freude begrüßten. Aber seine Existenz ward auch viel fach angezweifelt, mitunter selbst von anscheinend gut unterrichteter Seite bestritten. Die Worte des Kaiser- Franz Josef verscheuchen jeden Zweifel. Von einem Bündniß hat der Monarch allerdings nicht gesprochen, allein die Bezeichnung „inniges Einvernehmen*, in seinem Munde und bei feierlichem Anlässe gebraucht, genügt vollständig. Nichts könnt: beruhigender, Nicht- erfreulicher sein, als dieser kurze Satz, der jede Furcht über die künftige Haltung Oesterreichs in der wichtig sten, den Lebensnerv der deutsch österreichischen Bevöl kerung und die höchsten Interessen der Monarchie be rührenden Frage der auswärtigen Politik bannt. Ob die Allianz mit Deutschland in einem schriftlichen Ver trage enthalten ist oder nicht, dieser Streit wird nach der heutigen Rede unseres Kaisers zu einem neben sächlichen; denn es steht nun fest, daß Oesterreich und Deutschland mit einander gehen werden. Dies ist allerdings eine Bürgschaft für die Zukunft, wie es keine bessere geben könnte, und niemals hat der euro päische Friede stärkere Hüter besessen. Wenn die beiden Kaiserreiche fortan treu zu einander halten, wer wird es wagen, wider sie zu sein?" — Nach Ansicht der „Morgen post" sind die Worte des Monarchen gewissermaßen als die gemeinsame Thronrede zu betrachten; sie seien auch vollkommen im Stile feierlicher Botschaften gehalten. — Auch die ungarischen Blätter äußern sich sehr be- friedigt über die Betonung der innigen Beziehungen zu Deutschland in der kaiserlichen Ansprache. Wie „Pesti Naplo" meint, erhebt dieser Umstand die Thronrede zu einem politischen Ereigniß. — „Ma- gyarorszag* erklärt: „Diese Thronrede gehört in die Reihe der wichtigsten Herrscherenunciattonen. Sie ist kurz, aber sie besagt viel; sie bezeichnet eine neue Aera im internationalen Leben unserer Monarchie. Zum ersten Male seit drei Decennien darf Oesterreich- Ungarn heute sagen, daß es im freundschaftlichen Ver hältnisse mit den europäischen Mächten, aber m innigem Einvernehmen mit Deutschland lebe. Mit Beruhigung haben wir diese Worte der Thronrede vernommen." — Das „Neue Pester Journal* schreibt: „Der Abschnitt über die auswärtige Politik ist bedeutsamer, als wir es zu vernehmen gewohnt sind. Die innige Einvernehmen mit dem deutschen Kaiserreiche ist be sonders betont; ebenso wohlthuend berührt es, daß daS vollste Einvernehmen mit dem Sultan betont und deS türkischen Reiches in so wohlwollender, tröstender Weise gedacht ist, wie dies nur einem aufrichtigen Freunde möglich ist." Das Resultat der Amnestiedebatte in der fran zösischen Deputirtenkammer scheint in den dortigen politischen Kreisen einen ziemlich ungünstigen Eindruck hrrvorgerusen zu haben. Man fürchtet, die Umgestal tung des Cabinets werde sehr dadurch erschwert wer den, daß die Minister nun schon zum zweiten Male nicht einmal die Hälfte der Kammer zu ihren Gunsten aufbringen konnten. Auf der einen Seite ermahnt man de Freycinet, rin homogenes Cabinet auS der gemäßigten Linken zu bilden und entschlossen gegen die äußerste Linke Front zu machen; auf der anderen Seite räth man zu Zugeständnissen an die Radicalen. Diese würden allerdings schwierig sein, denn Clemenceau, als der Wortführer der äußersten Linken, verlangte die Einsüyrung einer Politik, nach welcher die CommunardS gewissermaßen als Gleichberechtigte wieder aufzunehmen wären. Wie schon früher einmal, hat Clemenceau vielen Leuten Angst eingeflößt. Man sieht in ihm boten. Hat jedoch ein Moslim die Entdeckung gemacht, daß er seinen Gruß an einen Juden oder Ungläubigen verschwendet, so nimmt er ihn sogleich zurück mit den Worten: „Friede sei mit uns und allen treuen Gläu bigen des wahren GotteS*. Ja die Lautähnlichkeit benutzend, wandelt er häufig den ausgesprochenen Segen rasch zum Fluche, indem er das unvolsichtig ausgesprochene „Al- salamo - alaica* rasch durch ein „Al-samo-alaica", d. h. „Dir sei der Tod", vrrbessert, worauf der Jude kurz zu antworten pflegte: „Alaica*, „Dasselbe Du" Die Juden ihrerseits verschmähten es, die Heiden und auch die Zöllner zu grüßen, weil sich Letztere den götzendienerischen Unterdrückern ver kauft hatien. Bei uns beeinflußt nicht die Religion, sondern der Standesunterschled daS Grüßen. Au« der Erzählung von BoaS und Ruth lernen wir, daß die Armen im Osten mit Höflichkeit behandelt wurden, und die ersten Christen befleißigten sich, jede weltliche Classificirung in ihrem Gruße zu verwischen und in allen Menschen in gleicher Weise die Kinder Gotte« zu begrüßen. Die servilen Gruhformen, die heute noch unter un» üblich, sind ein Resultat de» FeudaliSmus. iLchlub folgt.) Literatur. „Die Schwestern*, — so heißt d«, neueste Roman von Georg Eber«, welcher in Stutt gart bei Eduard Hallberger erschienen ist. Der Autor hat denselben seinem eben genannten Verleger und Freunde, der bereit» seine früheren Romane: „Eine ägyptische Königstochter", „Uarda", „domo »am* unter den so zahlreichen Lehreckrei» seine« großartiaen Ge schäfte» verbreitete, mit brüderlicher Herzlichkeit -e-
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