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Dresdner Journal : 25.10.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187910258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18791025
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18791025
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-10
- Tag 1879-10-25
-
Monat
1879-10
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 25.10.1879
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O24S Sonnabend, den 25. October. 187S. 4a«»«rtudd de»dsut«cliell Neicküs tritt ?o»t- uud 8tempeIru«eNI^8 Kiuru. Im Uso?«» 1«ue»cü»v L»iel»«: dktkrlivk: . . >8 Karll. ^MKOieb: 4 Karlc SO?l. Linrvlue Nummern: id kk. t»serutv»pi-«lser . k<r dsn Nauru sinsr 8^1>^^ouuu kstitrsilv 20 ?k. Out«r „Nin^«»LU<it" dis i<«ils bO kk. Dresdner Zoilnm!. Losdislnsn r DLzliob mit ^uonakms der 8onu- ur.d kuierta^e Abends für den sollenden Verantwortlicher Redacteur: Hofrath 3. G. Hartmann in Dresden. tuserstsnannakrne aa^Srts: /-> Lranditetter, 6ommi»»>ooLr ds« Drvadoer douruui»; Hawdorx - 8»rlm Visu I,«ip»ix L»««I - N-v«I»u-rrnvi<ku: t ». II : L ^»Aier, N-rlin Vien-Samdurx- ?r»^-l.»iprjx kravitkurt ». A. »üuvdou: dk«</. LorUa: §Hnict, /n, ,r/«/. «dun/ , Lrvmev: A Lc/iivtt« Lr»»Iau: I,. LtanAr«'» Nuruiru; Ldsuuuri: />> ^oiAt; kraulltiirt » U.: ^u^er'soks u. d //rirmann- 8ci>«> I!uekk»ndlnn^: 6orlitr: 8»uuov«r: </ karr, L-rlm-kriuiIllurt » H Stutl^art: Daut»e L Ou.,' Lamdur,: T- L7e«d-e», Lteiner. Hvrans^vder: üüviel. kirpeditivu ds» Ore«dv«r dourvst», Dresden, ^vin^ersirü»«« Ao. 2V. Aichtttultli4er Theil. Telegraphische Nachrichten. Karlsruhe, Donnerstag,23. October, Abends. (W. L. B.) DaS Ergedniß der Wahlen zur Stände. Versammlung ist folgendes: Bon den 32 Erneue- rungSwahleu und 4 Ersatzwahlen, welche zur Zweiten Kammer vorzunehmen waren, sind 21 auf Nationalliberale, lv auf Clrricale, 2 auf Con- servative, 2 auf Demokraten und 1 auf einen Ab geordneten von unbestimmter Parteistellung gefal len. Zur Ersten Kammer find bi» jetzt erst 4 Neuwahlen erfolgt. Lon den Gewählten find 2 der Opposition, 1 der regierungsfreundlichen Par tei zuzuzählrn; 1 ist von unbestimmter Partei- stellung. Wien, Donnerstag, 23. Oktober, AbendS. (Tel d. Boh.) Der heutigen Sitzung des Adreß- ausschusseö des Abgeordnetenhauses wohnten die Minister GrafTaaffe, v. Stremayr, Baron Korb und Chertek bei. Zu Beginn befürwortete Graf Elam-Martini- die Publicirung der beiden Adrrß- entwürfe, und wird dieser Antrag angenommen. Der Adreßentwurf der Minorität betont Ein gangs mit Befriedigung das Erscheinen der böhmischen Abgeordneten und spricht die Ueberzcugung aus, daß die Verschiedenheit der Anschauungen für die legalen Vertreter aller Völker Oesterreichs keine unüberwind lichen Schwierigkeiten eines gemeinsam patriotischen Wirkens zum Wohle des Vaterlandes bilden kann. Auf dem nunmehr von allen Abgeordneten des Reichs- ratheS betretenen Rechtsboden der von Ew. Majestät ver liehenen Reichsverfassung gewähren die Staatsgrundgesetze allen Ländern und Völkern gleiche Rechte und sichern deren gegenseitige Achtung, so daß bei allseitiger Mäßigung die Erzielung einer allgemeinen Verständigung, zu welcher das Abgeordnetenhaus stets bereit war, weiterer staats' rechtlicher Schritte nicht bedarf. Das Abgeordneten haus vermöchte dagegen die Geltendmachung von Rechts überzeugungen, welche den rechtSgiltigen Bestand der Staatsgrundgesetze in Frage stellen, mit der angelobten Beobachtung derselben nicht in Einklang zu bringen. Das Abgeordnetenhaus muß vielmehr auf der schon in früheren allerunterthänigsten Adressen wiederholt ausgesprochenen Anschauung beharren, daß zwischen dem verfassungsmäßigen Rechte und dessen Verneinung eine Vereinbarung nicht möglich ist. Betreffend das Wehrwesen, spricht die Adresse die Ueberzeugung aus, die Bevölkerung werde in patrio tischer Opferwilligkeit bereit fein, die zum Schutze der Monarchie unabweislich nothwendigen Lasten auch fernerhin zu tragen; jedoch könne das Abgeordneten haus der Erwägung sich nicht verschließen, daß nicht allein die Stärke des Heeres, sondern auch die zu dessen Ausrüstung und Erhaltung erforderliche Steuer kraft und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung, sowie die endliche Wiederherstellung geordneter StaatS- finanzen als verläßliche Bürgschaften der Macht und deS Friedens in Betracht kommen. Das Abgeordneten haus kann bei der voraussichtlichen Höhe einer aber maligen außerordentlichen Creditbewllligung, sowie bei der schweren Belastung der Bevölkerung mit Steuern und Abgaben aller Art kaum die Möglichkeit erkennen, selbst einen viel geringeren, als den letzten Jahresab gang durch neue Steuern und zwar schon im ersten Jahre ihrer Einsührung ohne Schädigung der Pro- ductivnSkrast zu bedecken. Bei aller Pflichttreue und Selbstbeschränkung der Abgeordneten wird eine rasche und fruchtbare Thätig- keit des Reichsratheö von der rechtzeitigen Einbringung der Regierungsvorlagen, sowie von der Vermeidung staats rechtlicher Streitigkeiten abhängen. Das Abgeordneten haus müßte eS daher lebhast beklagen, wenn durch er» Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Serail und hohe Pforte. (Fortsetzung zu Rr. 248.) So viel zur Richtigstellung unbegründetem und übertriebenem Lobe gegenüber. Und so wenig das Buch als Ganze», besonders rücksichtlich der Form und der Durcharbeitung zu befriedigen vermag, so enthält e» doch in den Einzelheiten viel Interessantes. Hervorzuheben ist in dieser Beziehung das 6. Ca- pitel (Midhat und die Resormsrage), welches sich schon durch Ordnung des Stoffes und die ganze Schreib weise vor andern Partien auizeichnet. Die Darleaung der Gründe, aus denen die Ausführung der englischen Resormprojecte in den asiatischen Provinzen so geringe Fortschritte gemacht hat. ist hochinteressant und zum großen Theile auch neu. Diese Gründe liegen nach der Ansicht de» Herausgeber» in der Größe des in Frage kommenden Gebiete» (36000 lDM.) sowie der einzelnen Statthalterschaften, m dem völligen Mangel eine» brauchbaren CommunicationSjystem», in dem tie fen Enlturstande der gesammten Bevölkerung, welche in dieser Beziehung sogar hinter der Bevölkerung der Balkankalbinsel weit zurücksteht, in der maßlosen Will kür und Lorruplion der dort unumschränkt regieren- den Beamten und der darau» nach und nach erwachse nen Provinzialautokratie, namentlich aber in der bis her noch nicht genugsam gewürdigten Thatsache, daß ein« jede der in Frage kommenden Provinzen (Ara- neuerte Verfassungskämpse abermals die friedliche gemein- sameArbeit productiver Gesetzgebung aufso vielen Gebieten deS staatlichen Lebens lahmgelegt und eine weise Aus nutzung der Zeit vereitelt würde. Das Abgeordnetenhau hat sich weder den uiiabweislichen Anforderungen der StaatSnothwendigkeit, noch den berechtigten Wünschen der verschiedenen Nationalitäten verschlossen, sondern war stets bestrebt, alle Völker des Reiches zum fried lichen und gemeinsamen Wirken für die großen Cultur- aufgaben zu gewinnen, welche nach den erhabenen Worten Ew. Majestät den geschichtlichen und ver fassungsmäßigen Beruf Oesterreichs bilden, eine blei bende Stätte des Rechtes und der Freiheit zu sein. Dem Rufe Ew. Majestät folgend, wird das Abgeordnetenhaus, von dem Geiste der Ein tracht und Mäßigung beseelt, auch gegenwärtig auf dem Boden der Versasfung gerne und be reitwillig die Hand zur Verständigung bieten, um zu ruhiger und stetiger Entwickelung des allgemeinen Wohles mitzuwirken. Wir halten es jedoch für unsere patriotische Pflicht, zugleich offen und loyal auSzu- sprechen, daß wir eine Revision der Staatsgrundge- setze in der Richtung einer abermaligen Erweiterung der Landesautonomie mit dem Bestände eines einheit lichen constitutionellen Staatswesens nicht mehr für verträglich halten. Das Abgeordnetenhaus wird daher an den Staatsgrundgesetzen und an den durch dieselben gewährleisteten Rechten und Freiheiten, an dem ein heitlichen österreichischen Staatsrechte treu und uner schütterlich festhalten zum Wohle de» Reiches und zum Ruhme feines allverehrten kaiserlichen Herrschers. Der Majoritätsentwurf citirt Eingang» die Thronredestelle über den Eintritt der Tschechen und begrüßt denselben als Unterpfand der zuversichtlichen Hoffnung, daß es gelingen werde, eine allgemeine Ver söhnung und Verständigung herbeizusühren. Die Ma jorität verspricht ferner, die Lösung der schweren Auf gabe zu versuchen, mit möglichster Schonung der Steuerträger, die vaterländische Wehrkraft in jener Stärke und Ausbildung zu erhalten, die der Monarchie die Möglichkeit sichert, wo immer ihre Interessen be droht werden sollten, mit dem Vollgewichte ihrer Be deutung einzutreten. Zum Zwecke größerer Erspa rungen verlangt die Majorität die Decentraliiatwn der Verwaltung, die Heranziehung lebenskräftiger autonomer Organe zu den Ausgaben derselben. Eine solche Verwaltung werde die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung sicherer, rascher und vollständiger be friedigen, als dies gegenwärtig der Fall ist, da her auch im höheren Maße vom Vertrauen der Bevölkerung getragen sein. Die gewissenhafte Er füllung der Bestimmungen der Staatsgrundgesetze über Gleichberechtigung aller Volksstämmc würde eines der sichersten Mittel fern, der Verfassung eine gleich freudige Anerkennung aller Völker zu sichern und zu diesem Ziele mitzuwirken. Die Wunden zu hei len, welche die jüngst.' Vergangenheit geschlagen hat, werden wir jederzeit und freudig bereit sein Schließ lich erklärt der Majoritätsentwurf, daß die zur Wah rung und Vertretung der Rechte und Jnteresfen der Königreiche und Länder zunächst berufenen Landtage in jeder Beziehung zu unbehinderter Entfaltung ihrer Wirksamkeit gelangen, sei von hoher Bedeutung für das Wohl der einzelnen Länder und ihres gemeinsamen Verbandes. Die Generaldebatte eröffnete der Obmann Ritter v. Grocholski. Da Niemand das Wort ergriff, erklärte Sturm (Referent) namens der Minorität, dieselbe könne nach eingehender Prüfung deS Majoritätsentwurfs denselben nicht als Grundlage der Specialdebatte acceptiren, weil jeder Absatz dieser Adresse sich im principiellen Widerstreit mit den An schauungen der Minorität befinde; letztere werde daher an der Specialdebatte nickst Theil nehmen, und er be dien, Syrien, Kurdistan, Mesopotamien, Armenien u. s. w.) ganz verschiedene Bedürfnisse hat und daher (nach der Ausdrucksweise des Herausgeber») „eine jede der selben ganz anderer Sanirungsarbeiten" bedarf. In der Unfähigkeit der Engländer, mit den wirklich vor handenen und maßgebenden Faktoren zu rechnen, so wie in der Schablone und Umficatwn erblickt der Ver fasser die furchtbarsten Feinde des ganzen Reformwer kes. Der persönlichen Abneigung des alttürkisch ge sinnten Sultans gegen daS ganze Projekt wird nur eine sekundäre Wichtigkeit beigelegt. Die Nothwendig- keit sür England, südlich des Taurus auf der Linie vom Mittelmeere bi» zum persischen Golfe einen maß- gebenden Einfluß zu gewinnen, wird aus dem Grunde unumschränkt anerkannt, weil auf diefer Linie England die einzige richtige ActionSbasiS gegen das bereits tief in Armenien eingedrungene Rußland zu finden im Stande fei. Dennoch aber gelangt der Verfasser schließlich zu der Ueberzeugung, daß das englische Reformwerk in der Weife, wie eS die Convention vom 4. Juni 1878 sestMetzt habt, niemals mit Erfolg werde durchgesührt Mrden können. Minderwerthig erfcheinen die Ausführungen über die Reformbewcguugen nn ganzen ottomamichen Reiche. Zunächst eine Bemerkung in formeller Beziehung. Die werthvolleren Ausführungen über die Reformfrage inden wir nicht in den Abschnitten, welche sich der Überschrift nach mit diesem Thema beschäftigen sollten, andern verstreut an den verschiedensten und zum Theil verborgensten Stellen. E» kostet Mühe und Arbeit, diese einzelnen, briläufigen Aeußerungen zusammcnzu- suchen und zusammrnzustellen, um nur überhaupt ein klare» Bild von der Auffassung de» Verfasser« zu er halte sich, falls der Majoritätsentwurf znm Beschluß erhoben würde, vor. einen Gegenentwurf einzubringen. — Graf Hohenwart (Referent der Majorität) for derte die Minorität auf, ihre Bedenken gegen den Ma- joritätsentwurf vorzubringen, worauf Sturm, absatz weife die Ad esse durchgehend, feme Bedenken geltend machte. In der Specialdebatte hatte sich abermals Nie mand zum Wort gemeldet, worauf der Hohen- wart'sche Entwurf mit allen Stimmen der Ma jorität gegen jene der Minorität angenommen wurde. Sturm meldete sodann namens der Abgg. Herbst, Demel, Kopp, Tomaszuk, Weeber, Scharschmidt, Süep und Rechbauer einen Gegen- entwurf an. Im Verlaufe der Sitzung hat kein Minister gesprochen. Graf Hohenwart gab auch keine Erklärung über die Gegrnbegründung ab. Die Regierung ist bemüht, den Entwurf der Majorität des Herrenhauses zum Falle zu brin gen, und befürwortet den Antrag, beide Adreßeut- würfe an die Eommission zurückzuweisen, um eine Vereinigung beider zu ermöglichen. Die Lorverhandlung der österreichischen und ungarischen Delegirten für die Berliner Eonfe- renzen zur Anbahnung von Verkehrs- und Han- delserleichterungcn ist beendet. Von Berlin ist bereits die Einladung hierher gelangt, kjx wirk lichen Verhandlungen baldmöglichst zu beginnen. Die Btrliner Eonferenzcn dürften demgemäß zu Beginn des nächsten Monats eröffnet werden. London, Freitag, 24. Oktober. (Tet. d. Dresdn. Journ.) Nach den „Lloydö" aus New- Dort zugegangenen Nachrichten ist der Dampfer „Pajaro del Oceano", von Habana nach NuevitaS am alten Bahamacanal segelnd, am 18. d. ver brannt; 42 Passagiere sind umgekommen, 17 Per sonen von der Mannschaft sind gerettet und in New-OrleanS angekommen. Bukarest, Donnerstag, 23. Oktober, Abends. (W. T B.) Der Senat hat beute den von der De- putirtenkammer revidirtcn Art. 7 der Verfassung in der von der Deputirtenkammer beschlossenen Fassung mit 56 gegen 2 Stimmen angenommen. Sofia, Donnerstag, 23. Oktober. <W. T. B.) Die Neuwahlen für die Deputirtenkammer find meist zu Gunsten der Regierung ausgefallen. Die radiralt Partei bat kaum 20 Sitze erlangt; eine große Anzahl der gewählten Abgeordneten besteht aus Landleuten. Die Kammer soll am nächsten Montag eröffnet werden, wenn bis dahin dir erforderliche Zahl von mindestens 110 Abge ordneten hier ringetroffen ist. LagtStzcschichte. Dresden, 24. Oktober. Dem bei dem Ministerium des königl. Hauses verwalteten „goldenen Stipen dienfond", dessen Zinsen zur Unterstützung besonders befähigter unbemittelter Studenten an der Universität Leipzig verwendet werden, ist durch eine Dame, welche nicht genannt sein will, wie schon früher zu wiederhol ten Malen, auch jetzt wieder eme Schenkung von 300 M. zugeflossen. Dieie Ausdauer un Wohlthun ist um so dankbarer zu rühmen, je dringender das Bedürfniß der Beihilfe für unsere studirende Jugend bei jeder Gelegenheit sich zeigt. * Berlin, 23. October. Laut ofsiciöser Meldung hat Se. Majestät der Kaiser sich sofort nach seiner Rückkehr den Staatsgcschäften gewidmet. Bereits für heute Vormittag waren die Vorträge mehrerer Chefs befohlen worden. — Se. kaiscrl. Hoheit der Groß fürst Konstantin von Rußland, Bruder des Kaisers Alexander, traf, von Pans kommend, gestern Abend langen. Nach gcthaner Arbeit gelangt man dann freilich zu der Ueberzeugung, daß er die einschlagendcn Verhältnisse kennt und in vielen Punkten richtig urtheilt. AlS Ursachen des Scheiterns aller Resormbestrebungen werden folgende ausgesührt: Der Widerstand der Ulemas und ihres Oberhauptes des Scheck-ul-Islam, die Glaubenssatzungen des KoranS, die Reformunsähigkeit der moslemischen Gesellschaft überhaupt, die Vielweiberei und das Harem, die stumpfe Gleichgiltigkeit der Massen und der angeborene Widerwillen gegen jede Veränderung, die Bestechlichkeit, Unfähigkeit und Faulheit der Be amten, daS Bestehen einer Doppelregierung rm Palaste und auf der hohen Pforte, der völlige Mangel einer geordneten und richtig sunctionirenden Verwaltungs- maschine namentlich in den Provinzialregierungen, die oft unsinnige Abgrenzung der einzelnen Provinzen und Verwaltungsgebiete unter einander, die traurigen Zu stände der Finanzen, die unaufhörlichen äußeren Ver wickelungen, und endlich der absolute Mangel an Ver- ständniß für abendländische Einrichtungen. Neben so manchem Vortrefflichem finden wir hier viel Allbekannte». Wir vermissen nicht selten eine klare Darstellung und eine eingehende Begründung der ausgestellten Behauptungen; Hauptfragen werden vor sichtig umgangen, Nebendinge mit besonderer Vorliebe behandelt und al» Hauptsachen hingestellt. Der persönlichen Ansicht zulieb werden Factoren, deren relative Wichtigkeit nicht unterschätzt werden soll, die aber immerhin lediglich Nebenuriachen sind, in unrichtiger, verwirrender Weise al» allein maßgebend hingestellt. Daneben wieder Bemerkungen, welche von seiner H9 Uhr, begleitet vom General Kiriew, aus der Lehrter Bahn in Berlin ein und wurde bei der Ankunft vom russischen Botschafter Baron v. Ubril und dem russi schen Botschaftspersonal empfangen. Nach kurzem Aufenthalte begab sich der Großfürst auf der Verbin dungsbahn entlang nach dem Ostbahnhofe und fetzte von dort au» um HN Uhr die Reise nach St. Peters burg fort. — Der BundeSrath trat heute unter dem Vorsitze des Staatsministers Hofmann zu einer Plenarsitzung zusammen. Ueber den Verlauf derselben bringt die „N. A. Z." nachstehenden Bericht: Zunächst wurde das Protokoll der 39. Sitzung vollzogen. Tie Bortage, betreffend die Zulassung zu den pharmaceutischcn Prüfungen, wurde als erster Gegenstand der Tagesordnung vom Bnndesrath gutgeheiben. Der neuerliche Bericht der Aus schüsse I und VN, betreffend die Veräußerung von Festungs grundstücken in Glogau, wurde, den Anträgen dieser Ausschüsse consorm, gemhmigl. Der neuerliche Bericht der Ausschüsse sür Zoll- und Stenerwejen und Handel und Verkehr in Betreff der Abfertigung des in Flößen eingehenden Bau- und Nutzholzes, sowie der Enlwurs eines Regulativs über Privaltransitläger für Holz wurde erledigt Es sanden in weiterer Reihe die Berichte des III Ausschusses über Aussuhrbescheinigung sür nach der bayerichen Pfalz ausgehendes Bier, Zollbehaudlung der gegen Steuervcrgütung ausgesührten Retourwaaren, Eingangs-oll sür braunes Packpapier, die Zollbehandlung von Fleischwaaren keine Anfechtung, und wurde demgemäß in der vorgeschlagenen Weise zu beschließen angenommen Ebenso sanden die Berichte des IV. und VII Ausschusses, die Umprägung von Zwanzigpfennig- stückcn in Ein- und Zweimarkstücke, Einlösung außer Conrs ge setzter Münzen keinen Widerspruch. Als letzter Gegenstand wurde, entsprechend dem Bericht des VlI. Ausschusses, über die Vorlage, betreffend die Abänderung der Verordnung über Lager gelder, Fuhrkosten u f. w der Reichsbeamten, der Entwurf ge nehmigt. Nach der Vorlegung verschiedener Eingaben an den BundeSrath wurde die Sitzung geschlossen. Die gestern erwähnten und von der „N. Pr. Ztg." fogleich angezweifelten Gerüchte über Veränderungen im S^taatSministerium werden heute dem genannten Blatte aus zuverlässiger Quelle als völlig grundlos bezeichnet. Die Widerlegung derselben erstreckt sich sowohl auf einen angeblichen Stellentausch zwischen einigen Ressortministern, als auch auf das angeb liche Ausscheiden eines Mitgliedes de» Staatsmini steriums. — Die „N. A. Z." schreibt: In ver schiedenen Blättern tritt das Gerücht auf, es liege in der Absicht der Reichsregierung, mit Rücksicht auf die schon jetzt emgetretene Steigerung der Getreide- Preise die erhöhten Zölle auf Getreide noch nicht zum 1. Januar in Kraft treten zu lassen, sondern auf einen unbestimmten späteren Termin zu verschieben. Dagegen ist zu bemerken, daß nach angestellten Ermit telungen sich ergeben hat, daß ein Mangel an Ge treide gar nicht vorhanden und daß die Preissteige rung nur ein Product der Speculation ist Wollte man den gesetzlichen Eintrllt-termin der erhöhten Zoll sätze hmausschlebcn, so würde man nur eine Specula tion m entgegengesetzter Richtung, als die bisherige, Hervorrufen, andererseits auch viele Interessenten, welche bereits Lieferungen auf Grund der neuen Zollsätze abgeschlossen haben, schädigen. Es kann daher eine Aenderung dcs Termins sür den Eintritt der Zoll erhöhung aus Getreide nicht in Aussicht genommen werden. — Wie man der „Nat.-Ztg." mittheilt, ist die Nachricht unrichtig, daß dem Landtage Schrift stücke über Abmachungen mit der Curie vorgelegt wer den sollen. Bei Berechnung der Stärke der Altcon- servativen und der Neuconservativen habe sich die Thatsache ergeben, daß die ersteren aus 70, die Neu- konservativen auf 50 zu veranschlagen sind. Als Can- didat der Altconservatwen für die Präsidentenstelle des Abgeordnetenhauses gelte der Führer der Neuconser vativen, Hr. v. Rauchhaupt, der damit aus dem un mittelbaren Parteileben ausschiede. — Der Gesetzent wurf, betreffend die Reorganisation der allge meinen Landesverwaltung, wird nach feiner Ein führung in der Provinz Hannover die bedeutendste Veränderung mit sich bringen. Zuvörderst sollen die Beobachtungsgabe und eingehender Kenntniß der Ver hältnisse Zeugniß oblegen, so z B. über die Neigung deS ottomanischen Volkes, alle Resormbestrebungen der Sultane aus verrätherische Concejsionen gegenüber den abendländischen Bedrängern zurückzuführen. „Nicht das Volk strebt Reformen an, sondern nur der einzelne Machthaber, und diese haben den Widerstand der eminent conservativen Volksmassen zu überwinden". An manchen Stellen werden freilich die Farben etwa» dick aufgetragen, so z. B- in folgendem drastischen Endurthrile: „Hätte ein Sultan alle Tugenden der Welt, wäre er weiser als Sokrates, energischer als Alexander, kühner als Cäsar und menschenfreundlicher als PhiladelphuS, er würde als osmanischer Sultan und in einem Reiche, wie die Türkei, mit einem Trosse von Faullenzern, Dieben und Spitzbuben aller Art um sich, gleichwohl um keinen Schritt nach vorwärt» gekommen sein". Midhat Paschas Wollen hält der Verfasser für größer, als sein Können; seine Absichten aber jeden falls für rein und lobenswerth, Im Großen und Ganzen bezeichnet er ihn als den bedeutendsten mo dernen osmanischen S^atSmann nach (sie) Fuad und Aall Pascha, indem er sein Urtheil in folgende Worte zusammenfaßt: „Die Türkei besitzt heute keinen Staats mann, der gleich Midhat durch die Summe seiner Erfahrungen, durch sein organisatorische- Talent, seinen politischen Scharfblick und seine Energie geeigneter wäre, dar schwankende StaatSschiff mit allen zur Ver fügung stehenden Mitteln wieder m da» richtige Fahr wasser zu bringen." Noch werter geht der Verfasser in seiner Vorliebe für Sulejman Pascha. Die Bertheidigung diese»
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