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Dresdner Journal : 09.09.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187909094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790909
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790909
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-09
- Tag 1879-09-09
-
Monat
1879-09
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 09.09.1879
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O20S. Dienstag, den 9. September. 187». Ldo»»k»eat,pr«1,r I» ss»»«,» L«ut,ed»ll Ittkrlick: . . 18 )»)Ld>Iiek: 4 Slttrlc SO kl. Mor«Ivv Summen 10 kt LLi-iriuUd äeiit-(k«o keiokv» tritt?o«t- uvä 8teropslru»ckltg; Kiuru. loserutenpivirer kür rlen k»»uw eiusr ^«Mltsns.r ketitrsilv 20 kk. voter „kioss«ulät" äis L«il« KO kl. rrsekelnea, l^liek mit Xuruukme 6»r 8onn- unä kviertu^k ^kovck« kür ü«u kol^enüeu ?uz. ZresdnerÄurml. Verantwortlicher Rcdacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. Iv!<prutpi>»o»»kme so,W»rt,, l-itpri,: H Lra»tt»t«tt<!r, 6ommi»«ionLr 6s« Orsräosr louruul»; KrwdurU 8«rlt» Vi«u >»»«I - Lr»kk» t M.: Faaseruttsi»» L kvAier, L«rUu Vi«u-L«u>durss ki-L^ -l.«ip»ix 7r»ulltunr ». NHüuvd«»: Äo«»^, S«rUu: S. Lvrnteit, /»>' aii6rn6untt, Lr«m«n t L KeUotte, Lr,»l«u: /. ÄanA<«'« Lürreuu; Lkimmt« kv,Ati 7r»»^kurt «. H.: L ^»«Arr'^ke u. (,' ^/si^mann -ek^ kuekk»»6Iun^; ÜÜrUt«: t» ^kÄ/rr, Smmovr: 6. kurt» L«rltu-?r»u>ltiir1 ». » Itvrr^«rt: Daud« L Samdur^t ^16 Ä «,»«". llsruusxederr KJnisI. Lipeäitiou äs« Dresäusr 6ouru»t«, Dresäeu, ^viu^srrtru«»« klo. LV. Amtlicher Theil. Dresden, 6. September. Ihre Königlichen Hoheiten Prinz Christian von SchleSwig-Holstein-Son- derburg-Augustenburg und Frau Gemahlin, Prin zessin Helene, sind heute früh nach Primkenau ab gereist. Bekanntmachung. Nach Beschluß de» Königlichen Ministeriums des Innern wird mit Rücksicht auf den dermaligen Ver- mögenSstand der Abtheilung für die Gebäudeversiche rung bei der LandeS-BrandversicherungS-Anstalt der auf das zweite Halbjahr 1879 entfallende, zum 1. Oktober diese- Jahre ¬ zahlbare Halbjahresbeitrag von der Gebäudeversiche rung zum dritten Theile erlassen und kommt daher nach Höhe von Einem Pfennig von jeder Ein heit zur Erhebung. Dagegen bewendet eS rücksichtlich der Abentrichtung der halbjährigen Beiträge für die Versicherung indu strieller und landwirthschafilicher Betriebsgegenstände, so wie wegen der Nachzahlung der auf frühere Termine sich berechnenden Stückbeiträge auch rücksichtlich der Gebäudeversicherung, bei den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. ES wird solches zur Nachricht für Alle, die eS an geht, hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 6. September 1879. Königliche Brandversicherungs - Commission. Frhr. von Teubern. Schreiber. Nichtamtlicher Theil. u e - e r s i ch 1. Telegraphische Nachrichten. Tage-grschichte. (Dresden. Berlin. München. AuS dem Altenburgischen. AuS Thüringen. Wien. Paris. Basel. Loudon. Kopenhagen. St. Peters burg. Odessa. Konstantinopel. Athen. Rio-de Janeiro.) vre-dner Nachrichten. Proviuzialnachrichten. (Niederlößnitz. Plauen i. V. Klingenthal. Falkenstein. Kamenz.) Lermischte-. Statistik und Bolk-wirthschaft. Sächsische Bäder. Eingesandtes. Beilage. Ernennungen, Lersetzungen re. im öffentl. Dienste. Provinzialnachrichtrn. (Leipzig. Chemnitz. Anna berg. Döbeln.) Inserate. Börseunachrichten. Telegraphische Nachrichten. London, Sonntag, 7. September, Abend-. (W. T.B.) „Reuter'- Office" meldet au- Sim la von heute: In Alikhail find 8 Eingeborene ange kommen, um anzuzeigen, daß sie die Leichen meh rerer in Kabul getödteten englischen Offiziere ae- sehen und daß 9 Mann indischer Soldaten sich durch die Flucht gerettet hätten. Der Emir ver lange Hilfe von den Engländern. (Bgl. die „Tagesgeschichte-.) Major Conollp meldet, gestern sei bi- zum Shutargardan und jenseits desselben AlleS ruhig gewesen. BaSnadhan, welcher daS Gebiet jenseits deS Shutargardan besetzt halte, hab« den Engländern seine Dienste angeboten. Die Truppen im Khyberpaß werden von General Gorau befehligt; die von Pishin herbeiaerufenen Truppen von allen Waffengattungen sollen Kan dahar auf- Neue besetzen. London, Montag, 8. September, Mor gens. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Lady Ca- vagnari in Edinburgh empfing gestern Abend ein Telegramm des Licekönigs von Indien mit der Meldung, daß ihr Gatte, die Sekre täre Jenkins und vr. Kelly, Lieutenant Ha milton, sowie die ganze ESrorte der englischen Gesandtschaft, 67 Mann stark, in Kabnl nach verzweifelter Gegenwehr getödtet worden find. Sämmtliche Journale verlangen schleunige und strenge Ahndung deS Vorganges in Kabul. Die „TimeS" führt aus, waS geschehen solle; sie meint, die Situation sei keineswegs eine neue, dieselbe liefere kein einziges neues Argument für die Annexion Afghanistans; England werde die Politik, welche den Beifall der öffentlichen Mei nung gefunden habe, festhalten. London, Montag, 8. September, Vormittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der GlaSgower Dampfer „Brest" ist mit 130 Emigranten auf der Fahrt von Havre nach Liverpool vorgestern (Sonnabend) Abend unweit Falmouth gescheitert. Die Mann schaft und die Passagiere sind gerettet bis auf 7, welche vermißt werden. Konstantinopel, Sonntag, 7. September, AbendS. (Tel. d. Dresdn.Journ.) In der gestrigen Conferenz über die griechische Krage überreichten die griechischen Commiffare eine schriftliche Ant wort auf die jüngste Erklärung der Commiffare der Pforte, in welcher sie die letztere als unge nügend bezeichnen und kategorisch darüber Auf- klärung fordern, ob die Pforte bereit sei, daS 13. Protokoll deS Berliner CongreffeS alS BafiS der Verhandlungen anzunehmen. Schließlich einigte man sich dahin, daß die türkischen Commiffare in der auf nächste Mittwoch anberaumten Sitzung die griechische Forderung schriftlich beantworten sollen. Tagesgeschichte. Dresden, 8. September. Se. Majestät der König begiebt Sich heute Abend nach Kamenz, um am 9. und 10. d. M. den zwischen Kamenz und Bautzen statt findenden Manövern der 1. Infanteriedivision Nr. 23 anzuwohnen. Dresden, 8. September. Se. Excellenz der Herr Kriegsminister v. Fabrice wird sich heute Abend zu den Manövern der 1. Infanteriedivision Nr. 23 nach Kamenz begeben und von dort am 10. du). Nachmit tags zurückkehren. Dresden, 8. September. Ueber den Schluß der Division-Übungen der Cavalleriedivision gehen uns folgende Mittheilungen zu: C.-Qu. Taucha, 6. September. Die beiden letzten Manöver der Cavalleriedivision fanden am 4. und 5. September gegen einen markirten Feind Statt. Der commandirende General, Se. königl. Hoheit Prinz Georg, wohnte dem Manöver am 4. Sep tember bei, Se. Excellenz der Kriegsminister, General der Cavallerie v. Fabrice, war an beiden Tagen an wesend. Am 4. September war angenommenermaßen die Division von Wurzen gegen Leipzig im Anmarsch, starke feindliche Cavallerie befand sich östlich Leipzig. Die in einem Rendezvous westlich GerichShain zu sammengerückte Division hatte den Auftrag, über die Parthe vorzustoßen und auszuklären, ob sich hinter der feindlichen Cavallerie stärkere Jnfanterietruppentheile befänden. Von den Vorhutescadrons wurden zunächst die Partheübergänge von Borsdorf und Panitzsch durch abgesessene feindliche Cavallerie besetzt gefunden. Die Cavalleriedivision demonstrirte nur bei Bors dorf, ließ bei Panitzsch die Husarenbrigade absitzen und den dortigen Uebergang, nachdem die reitende Ab theilung Panitzsch unter Feuer genommen, wegnehmen. Das feindliche Cavallerieregiment, welches Panitzsch und Borsdorf besetzt gehalten hatte, ging nach dem „heiteren Blick" zurück. Im Besitze von Panitzsch zog die Division die Brigaden v. Carlowitz, v. Walther und die reitende Abtheilung auf das linke Partheufer herüber und for- mirte sich zur Treffengliederung südlich Plösitz. Bei dem weiteren Vormarsch der Division in westlicher Richtung kam es zu einem größeren Cavalleriegefecht gegen 3 feindliche Regimenter, welche vom „heiteren Blick" her, und 2 Regimenter, die von Sommerfeld her erschienen. Die feindliche Cavallerie wurde geworfen und bei ihrer Verfolgung die Gehölze südöstlich des „heiteren Blicks" von Infanterie besetzt gefunden, sowie eine auf der Leipzig-Wurzener Chaussöe im Anmarsch be findliche feindliche Jnfanteriebrigade mit 2 Batterien recognoscirt. Die Division hatte ihren Auftrag gelöst, sie zog sich rasch bei Taucha und Plösitz hinter die Parthe zurück, da die Borsdorfer und Panitzscher Uebergänge gefährdet erschienen. Zu diesem Rückzüge besetzte die Brigade v. Walther Taucha und Plösitz, die reitende Abtheilung verhinderte ein Nachdrängen der wieder erscheinenden feindlichen Cavallerie durch lebhaftes Feuer aus einer Position auf den Höhen in dem zwischen Taucha und Dewitz sich nach Süden erstreckenden Parthebogen. Hiermit endete die Uebung. Am 5. September stand die Cavalleriedivision bei Vorwerk „heiterer Blick". Es wurde angenommen, daß starke feindliche Ca vallerie von Eilenburg gegen Leipzig ausgebrochen sei und kleinere Abtheilungen derselben sich an der Parthe zeigten. Die Cavalleriedivision erhielt Weisung, gegen die feindliche Cavallerie vorzugehen. Als sich aus Taucha 10 feindliche Escadrons in der Richtung gegen Paunsdorf entwickelten, gingen die Brigaden v. Schönberg und v. Carlowitz gegen die selben vor und warfen sie in daS Defilee zurück. Gleichzeitig wurden aber auch von Sehlis her 15 feindliche Escadrons in Anmarsch gemeldet. Die Brigade v. Walther wendete sich mit der reitenden Abtheilung gegen diese. Hinter ihr formirte sich die Division zum Treffenverhältniß und schlug den Feind aus dem Felde, nachdem der Erfolg deS Angriffs eine Zeit lang zweifelhaft gewesen war. Nach dem Manöver fand ein Vorbeimarsch im Trabe Statt. Heute (am 6. September) brechen die Regimenter auS dem Cantonnement bei Taucha auf und marschiren in ihre Garnisonen zurück. Dresden, 8. September. Die Gründe, aus wel chen die königl. Kreishauptmannschaft zu Dresden als Landespolizeibehörde unterm 4. d die Nr. 79 der all- hier erscheinenden periodischen Druckschrist „Dresdner Presse" und zugleich das fernere Erscheinen dieser Zeitschrift auf Grund §11 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemo kratie vom 21. October 1878 verboten hat, lauten, wie folgt: „DaS Verbot von Nr. 79 der „Dresdner Presse" erfolgt wegen des Artikels: „Zur Sedanfeier in Dresden". Die socialdemokratische Partei hat gegen den deutsch-französischen Krieg von 1870—71 und gegen die in demselben von den deutschen Heeren erfoch tenen Siege und Erfolge von jeher unter Glorificirung Frankreichs als der freieren und cultivirteren Nation — worunter verdeckt die Pariser Commune gemeint ist — in Wort und Schrift Angriffe erhoben, durch welche unter Verleugnung jeder Achtung vor dem Vaterlande und unter Lobpreisung deS damaligen Lan- desfeindeS, socialistische Bestrebungen in einer de» öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht der Be völkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage treten, welche unverkennbar auf den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Diesem Urtheile verfällt der obige Artikel in Nr. 79 und so mit diese Nummer dem Verbote in 8 11 des ReichS- gesetzeS vom 21. October 1878. Das Verbot deS ferneren Erscheinens der „Dresdner Presse" ist Folge der Wahrnehmung, daß dieses Blatt — welches von Anfang an als Fortsetzung der verbotenen „Dresdner Volkszeitung" sich kennzeichnete — nach und nach immer mehr und mehr und unverhohlener gemeinfährliche socialdemokratische und socialistische Tendenzen zu ver breiten suchte und als Parteiorgan der jetzt wieder auffällig bewegten Socialdemokratie hervortrat."—Die Kreishauptmannschaft Zwickau hat auf Grund der 88 11 und 12 des Reichsgesetzes vom 21. October 1878 die Nr. 82 der in Chemnitz erscheinenden Zeit schrift „Chemnitzer Nachrichten und Geschäfts anzeiger" und das fernere Erscheinen dieser Zeitschrift, sowie die Beilage zum „Chemnitzer Tageblatt und Anzeiger" Nr. 214 vom 5. September 1879 verboten. * Berlin, 7. September. Wie aus Königsberg gemeldet wird, hat Se. Majestät der Kaiser gestern Vormittag dem Corpsmanöoer in der Gegend von Trenk, nordwestlich von Königsberg, beigewohnt und ist von 11 bis H2 Uhr den militärischen Bewegungen bei verschiedenen Truppentheilen zu Pferde gefolgt. Ihre Majestät die Kaiserin wohnte dem Manöver zu Wagen bei. Nachmittags empfing Ihre Majestät die Damen des ostpreußischen Adels, sowie eine An zahl höherer Offiziere und Beamte. Nachmittags um 5 Uhr fand ein, 380 Gedecke zählendes Diner im Moslowitersaale des königl. Schlosse- Statt, zu wel chem die Spitzen der Cwilbehörden geladen waren. Se. Majestät der Kaiser brachte bei Tafel folgenden Trinkspruch aus: .Die Kaiserin-Königin und Ich haben mit freudigem Gefühle Ostpreußen und die alte Äönungsstadt, welche für Uns so reich an Erinnerungen ist, wieder betreten. Mir sind diese Gefühle der verschiedensten Art und der Wechsel der Geschicke im Leben nirgends wie hier lebhaft rntgegen- getreten; denn Ich war hier in der Zeit der größten Noth des Vaterlandes, und dann erlebte Ich hier den größten Glanz Meiner irdischen Laufbahn. Die Freudigkeit, mit der Wir hier empfangen worden, giebt Zeugniß von der patriotischen Gesinnung, in welcher Stadt und Land zu allen Zeiten sich in freudiger Opserwilligkeit hervorragend gezeigt haben. Ich erhebe daher Mein Glas und trink« aus daS Wohl von Ostpreußen und der Stadt Königsberg.' Der Oberpräsident v. Horn richtete hierauf an den Kaiser eine längere Ansprache, in w^-^-- '"»m dankbewegten Gefühle für die ausgesp. Huld und Gnade warmen Ausdruck gab. Ihre Majestäten wohnten heute Vormittag HN Uhr dem Gottesdienste in der Schloßkirche und Mittags 12 Uhr dem Ge sangsvortrag der musikalischen Akademie im Schlosse bei. Sodann empfing Ihre Majestät die Kaiserin die Damen des vaterländischen Frauenvereins und mehrere Deputationen von außerhalb. Nachmittags 2 Uhr begabuen- sich Ihre Majestäten mit Extrazug oom Plllauer)''» heiler« nach Metgethen und wohnten dem dort stattfindeir zierpferderennen bei. Um 6 Uhr beginnt das vom Provm- zralverband Ostpreußens in der Börse veranstaltete Fest diner. — Der „Staatsanz." veröffentlicht ein neues Reglement für die Abgeordnetenwahlen. Die gegen FcuiUeton. Nedigirt von Otto Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonnabend, den 6. September wurde zum ersten Male gegeben „Ruy BlaS", Oper in 4 Acten von C. d'Orme- ville, übersetzt von C. Niese, Musik von Filippo Marchetti. Bon den neuen, für Richtung und Gehalt maß gebenderen Tonwerken italienischer und französischer Production Kenntniß zu nehmen, bleibt ein reges Be- dürfniß der deutschen musikalischen Bildung, welche sich nicht in beschränkenden nationalen Fesseln bewegt. Eine Vermittelung dieser Kenntniß in Bezug auf die Oper wird immer al» eine de» Danke» und der Unter stützung werthe Praxi» unserer Hosbühne erscheinen, um so mehr, da sich damit bei erstmaligen Ausfüh rungen in Deutschland ein bedenkliche» Wagniß ver bindet. So bei dieser Oper. Sie wurde in Italien mit ganz ungewöhnlichem Erfolg gegeben und daher auch von der deutschen Presse den deutschen Bühnen zur Annahme empfohlen, und um so wärmer, da vom Verleger auch eine treffliche, mit musikalischer Intelli genz verfaßte deutsche Uebersetzung (durch C. Niese) veranstaltet war. Da» Werk hat die angeregten Er wartungen bet un» nicht erfüllt und un» für den CnthusiaSmu» de» Publicum» und der Kritik jenseit» der Alpen keine genügende Erklärung gegeben. Marchetti'» Musik besitzt in Form, in fcenischer Zeichnung, Bewegung der Actton, effectvoller Accen- tuirung ver Grfühl»erregung und in melodiöser, ge- sanglich dankbarer, Wohlklang, Fluß und Klarheit fest haltender Factur, jene leicht und natürlich auSgeübte Technik, überhaupt jenen zwar mehr äußerlichen und konventionellen, aber doch höchst werthvollen dramati schen Chic und Stil der Behandlung, der ein besonderer Vorzug der italienischen Componisten bleibt. Er ist begründet in der nationalen Eigenheit ihre» Talents und wird in routinirter Ausbildung gefördert durch ausschließliches Dominiren der Operncomposition. Aber Marchettis ProductionSkraft ist zu unergiebig in reicher, reizender und empfindungSvoller Melodik, in harmonisch interessanter und geistreicher Gestaltung, dramatischer Charakteristik; kaum fcheint sich sein Talent in einzelnen Sätzen und Stellen musikalisch gehalt voller, ernster, mtt sorgsamer Ausarbeitung und wär merem Erfassen der Stimmung zu entwickeln, so über wiegt sofort wieder der Hang zum Trivialen, zu schablonenhafter Melodik und Rhythmik, zu banalstem Ausdruck und leeren Tonphrasen, denen der emsig für Effect beflissene Zuspruch de» Blechs nicht Inhalt und neue» Leben geben kann. Und selbst mit dieser be denklichen Schreibweise ließe sich doch rin theilweise be deutender, ja künstlerisch und poetisch berechtigter Ein druck erzielen: durch glänzende momentane Accente im Ausdruck dramatischen Assect», energischer Leidenschaft, durch schöne sinnlich frische Melodik, schwungvolle Rhythmik und namentlich durch kundigen Aufbau packen der Steigerung. Aber diese Eigenschaften aedanklicher Eingebung fehlen Marchetti, oder zeigen sich doch zu schwach und spärlich. Wir fanden sie unter Anderm L B. in der Scene der Königin Act II, im Duett mit Ruy Bla» Act III und im Terzett de» vierten Act»; hervorragend durch Wahrheit de» Gefühl» und der Stimmung zeichnet sich Ruy Blas' erste Scene im 4. Act aus, und durch musikalischen Gehalt vor Allem das Quintett mit Chor ohne Begleitung im Act II; leider correspondirt dessen schöner erster Theil nur mit dem Schlußsatz und der mittlere Abschnitt entbehrt eine ge steigerte Fortführung und Durcharbeitung. Dem ganzen Werke, sowohl was seine pathetisch dramatische, als seine in den Conversationston des JntriguenspielS fallende Musik betrifft, sehlt die originale und indivi duelle Physiognomie. Manche hervortretende hübsche Melodien tragen wenig eigenes Gepräge, und z. B. das schon in der Introduktion angegebene Hauptmotiv (LiebeSmotiv) mahnt daran, wie fruchtbare Anregung Verdi durch seinen Melodienreichthum gegeben hat. Sinnreich und mit feiner Empfindung ist die öftere Wiederkehr von Motiven verwendet, die sich mit einer entscheidenden Action oder Stimmung verbanden. Gewandt und ge schmackvoll ist, wo die Musik nicht in da» triviale langweilige Element der konventionellen italienischen Mache sinkt, die Instrumentation, ohne aber Ueber- raschendeS und eigenthümllch Geistreiche» in Colorit und Charakteristik zu bieten. Der Text (nach V. Hugo, dessen Tragödien von unglaublicher Opern romantik erfüllt sind) ist ohne Aufwand von dramatischem Geschick und poetischem Geschmack behandelt. Dem ersten und zweiten Acte fehlen wirksame Abschlüsse; dem Finale de» dritten Acte» eine bedeutende drama tische Gestaltung zu geben, erwie» sich die Phantasie de» Componisten zu arm. Wohl mag diese Oper ein Bild der allgemeineren, ja sogar der mit ernsteren Intentionen schaffenden ita lienischen Production gewähren, aber der Rückschluß aus diese ist unerfreulich und läßt nur das Genie jener italienischen Meister, deren Opern auf der deutschen Bühne heimisch sind oder doch lange Zeit waren, um so bedeutender erscheinen. Die Ausführung unter Direktion des Herrn K pellmeisterS vr. Wüllner war eine sehr gelungene, sorgsam vorbereitete und reich auSgestattete. Doch glaube ich, daß manchen Nummern — wenn auch nicht den Allearosätzen — eine bewegtere Temponahme wirk samere Belebung geben würde. Herr Riese zeichnete sich durch glänzenden Vor trag des Ruy Blas aus, Frau Sembrich durch ge sanglich vorzügliche, mit Feinheit und musikalischem Geschmack ausgearbettete Ausführung der Königin; aber gerade dieser Partie würde eine temperamentvollere Behandluna gut thun. Herr Bulß sang den Minister Don Salluftio vortrefflich und mit effectuirender Stimm kraft, müßte aber versuchen, solche Pattien durch Stimm- colorit und Ausdruck geistiger zu charakterisiren. Derar tige Ergänzung der Compositton ist sehr erlaubt. Die un bedeutendere Rolle deS Don Guritano fand durch Herrn Decarli eine gute Ausführung, und die Casilda wurde von Frl. Reuther technisch lobenSwerth gesungen, aber da» leichtblütige humoristische Wesen dieser Ehren dame zu gestalten gelang ihr so wenig, wie dem Com- ponisten. Die übrigen Nebenrollen wurden entsprechend gegeben. Möge da» Publicum dem Bestreben, Reue» in der Oper zu bieten, und den fleißigen Leistungen der AuS- sührenden Theilnahme und wettere freundliche Aner kennung genug entgegenbringen, um noch einige Wie« derholungen de» Werkes möglich zu machen L BanL
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