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Dresdner Journal : 11.05.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187905119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790511
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790511
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-05
- Tag 1879-05-11
-
Monat
1879-05
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 11.05.1879
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.Nii tzigen »«eitonschrn «evifion unt«rzog«n Du Negierung hat sich d« ihrer Lrtzeit »er «,ianrtung der kompetentesten fu<s- m-vntschen Kräfte versichert Der Neyierungävertreter geht nunmehr zur Besprechung der Detailbeftimmungen der derdeu Gesetzrntroürfe über und hebt ultbesonderr hervor, daß die In dolenz und die «ewinnsuchl e« nothig machen, strenge Straft d«fiim»uugku in da« Beseh auszunrhmen Was da« Minder» pesigesrtz betrifft, so habe du Negierung in demselben dir Lon tumazanftalten ausrechterhatten, weil dieielben, gewissenhaft ge- gundhubl, geeignet sind, die Nindeivrngesuhr für Oesterreich zu vermtndern. Negierung undAu«jchuß haben sich in demPnn» cipe der Grenzsperre geeinigt, sowie auch über die Bestim mungen zur Durchführung derselben, zu welchem Zwecke vor Allem die Bewilligung größerer Geldmittel erforderlich ist. Was di« Grenzsperre anbelangt, jo müsse hierbei vor Allem aus Lu Bezug «quellen der Rußland benachbarten Provinzen Ga lizien und Bukowina, sowie aus dir Frage der Approvistonirung der großen Städte Rücksicht genommen werden E« seien mit hin Uebergang«bestimmungrn von längerer Dauer nothwendig. Die Regierung schlage einen Zeitraum von 5 Jahren bi- zur Absperrung der Grenz« vor, weil sie glaubt, vag bi« dahin die Mittel geftlnden sein werden, um die durch Absperrung der Grenze entstehenden Au-sälle in dem Biehbezuge aus andere Weise zu ersehen Der Ausschuß schlage aber nur ein Sjäh rige« UebergangSftadium vor, und darin liege die einzige Dis- sartwz Redner spricht schließlich die Erwartung au», die Legi» lativ« werde ein ebenso gute» Gesetz votiren, al- die Executive bemüht sein werd«, die Gesetze auch gewissenhaft d.nchzmuhren Abg vr. Kronawitter spricht gegen die beiden Geseyc von denen er sich keine ander« Wirkung verspricht, al» die Ber theuerung der Fleischpreist. Die Rinderpest stamme nicht allein au« Rußland, sondern bestehe schon seit vielen Jahrhundenen an verschiedenen ONen und könne auch in Oesterreich originär Vorkommen Er verwirft entschieden die Grenzsperre gegen Rußland Abg. Vr. Ritter v. Jawor»ki vertheidia» im Großen uod Ganzen die beiden Gesetze im Interesse der LandwiNhschast. Da Rußland und Rumänien die HauptbezugSquellen für Step- penvieh sind und mit demselben stets die Einschleppung der Rinderpest droht, so sei die Grenzsperre vollkommen gerecht fertigt. Abg. Steudel wendet sich im Interesse der Lonsumenlen gegen die Gesetze Abg. vr Ritter v Edlmann empfiehlt die Annahme der Gejehe, da der Staat der Biehsanitätspflege eine große Auf merksamkeit schuldig ist. Die auswärtige Loncurrenz m Ce realien schädigt den heimischen Lerealienmarkt: zur Entschä Siguug dafür muß die österreichische Viehzucht exportfähig ge macht werden Die Debatte wurde sodann auf morgen vertagt. — Die Blätter beschäftigen sich heute ausnaymelos mtt dem Programmentwurfe, über den der Comitv der 112 Abgeordneten, welche gegen den Berliner Ver trag stimmten, sich geeinigt yat. Der von vr. Herbst ausgearbeitete Programmentwurf, welcher der heutigen Versammlung vorgelegt worden und zugleich ein po litisches Glaubensbekenntniß für die bevorstehenden Neuwahlen zu bilden bestimmt ist, besagt in seinen Hauptpunkten: llm «in wahrhaft parlamentarisches BerjassungSIeben in Oesterreich für die Dauer zu begründen und gegen alle An fechtungen zu befestigen, bedürfe e» noch immer de» fortschritt lichen weiteren AuSdaue« de« Verfassung-werte«. Die Anbah nung einer besseren Zukunft auf allen Gebieten de« staatlichen Leben» könne nur erhofft werden, w«nn dir Regierung im con- stitutionellen Einvernehmen mit der Volksvertretung vorgeht. Den wirthschaftlichen Verhälimfsen werde eine stetige Sorgfalt zuzuwenden sei«; in besonders hervorragender Weise verlangten aber auch die landwirthschastlichen Interessen die eingehendste Berücksichtigung. Alle zur Förderung der materiellen Wohl fahrt unternommenen legislativen Schritte könnten jedoch nicht zum Ziele führen, wenn eS dem vereinten Wirken von Regie rung und Vollsverrrelnnq nicht gelingt, da« Gleichgewicht im Staatshaushalte herzustellrn Die Herstellung de« finanziellen Gleichgewichtes könne nur von einer ausgiebigen Verminderung der Ausgaben in allen Zweigen des StaatShaltshaltes erwartet werden, wobei in erster Reihe di« auch im volk-wirthsLaftlichen Jnlertsse dringend wünschenSwerthe Revision des Wehrgesetzes im Sinne einer beträchtlichen Herabsetzung de» HeereSauswande« zu nennen sei. Die freiheitlichen und culturellen Errungenschaften der öffentlichen Unterrichte«, die fortschrittlichen Bestimmungen de« Bolkrschulgcietze« würden seftzuhalten und weiter zu entwickeln sein. Unter Beobachtung de» verfassung«mäßig gewährleisteten Grund sätze« der Gleichberechtigung der heimischen Rationalitäten seien die gemeinschaftlichen Rechte und Interessen de» drutschen Slammes in Oesterreich aus Grund der geschichtlich gewordenen und that- sachuch bestehenden Verhältnisse, sowie zur weiteren Entwickelung «- Befestigung des ernheuuchea Staot-gedanken« um so sorg fältiger zu beachten und zu pflegen, als die Deutschen in Oester reich jederzeit bereit waren und auch gegenwärtig bereit sind, einer einseitigen nationalen Staatspolitik zu entsagen, den ver- faffungSmäßigen Verpflichtungen gegen die anderen Rationali täten gewissenhaft nachzulommen und die Verständigung und brüderliche Ernlrachi im gemeinsamen Wirken zum Wohle des VtaateS der Freiheit und de« Fortschrittes aufrichtig anzu- streben und fteuv g zu begrüßen. Die geographische und po litisch« Latz« Oesterreichs zwijche i den zwei größten Militär staaten, die dualistische StaatSform und die der größten Scho- »tna bedürftigen StaatSfinanzen erheischten mit zwingender .Kolhwenvigkeit die Beobachtung einer auswärtigen Politik, welch« sich die Erhaltung de« Friedens und der Neutralität zur Aufgabe stellt. Eine Politik, welche Expansionen oder An nexionen anstreben wollte, würde Oesterreich in weitere und unabsehbare finanzielle und politische Gefahren stürzen. Es erscheine daher dringend nothwendig, di« ohne vorherige Zu stimmung der Reich»vertretung unternommen« Occupatio» von Bosnien und der Herzegowina nicht weiter auszudehnen, die Kosten der Occupation aus das geringste Maß tzerabzujetzen und nichtmilitärijche Auslagen sür die occupirten Länder bi» zur Entscheidung der beiderfeitlgen Legi«lativen und bi« zur «rfolgtrn Vereinbarung eine« der Billigkeit entsprechenden Bet- trag«verhältnisse» hintanzuhalten Dieser Programmentwurf wurde einstimmig «o Kto« angenommen und befchlosien, da« gedeckte Pro gramm allen zur Versammlung der 112 gehörigen Ab- aeordneten zur Unterschrift vorzulegen und den verfas sungstreuen Clubs zur Kenntnißnahme mitzutheilen x^x Paris, 9. Mai. Die „ Röpublique srauxaise" richtet heute einige ganz zeitgemäße Ermahnungen an die ziemlich zahlreichen Deputirten der Linken, die nicht auf ihre alten Oppositionsgewohnheiten verzichten wollen, weil sie fürchten, dadurch unpopulär zu werden. Die Regierung, sagt das Gambetta'sche Blatt, hat große Pflichten gegen die Partei, welcher sie ihre Ge- walt verdankt; aber eS ist nicht minder wahr, daß die Parteien Verpflichtungen ihrerseits gegen die Regie rung haben. ES giebt unter der republikanischen Mehr heit der Kammer ganz aufrichtige Leute, die sich ein- dilden, daß sie nichts Besseres zu thun haben, als die Regierung fortwährend anzuftacheln, sie mit dringenden Rathschlägen zu peinigen und sie schneller zu treiben, als sie gehen will und gehen kann, ohne sie jemals durch ein Wort des Vertrauens oder der Sympathie zu ermuthigen. ES fehlt auch nicht an Egoisten, die, nachdem sie die Minister an» Ruder gebracht haben, ihnen sagen: „Zieht Euch aus der Schlinge, wie Ihr könnt; Ihr seid die Regierung; helft Euch selber, das geht uns nichts an; wir Haden die Aus gabe erhalten, Euch zu überwachen, Euch zu contro- liren, wir können nichts mehr für Euch thun." Auf solche Weise hält man keine Regierung aufrecht, man verbraucht sie und bringt sie zu schnellem Sturz, denn die gefährlichste Opposition ist diejenige, welche einer Regierung von ihren Freunden gemacht wird.. — DaS schon vor einigen Tagen verbreitete Ge rücht von einer Erkrankung des kaiserlichen Prin zen ist vorgestern und gestern mit größerer Bestimmt heit aufgetreten. Man sagte, daß der junge Prinz Napoleon in Durban, dem Hauptquartier des Generals Chelms ford, schwer an der Ruhr daniederliege. Gestern wollte man sogar wissen, daß er gestorben sei. Die Bona- partistischen Blätter dementiren um die Wette alle diese Gerüchte. Sie haben freilich keinen andern Grund, dieselben für apokryph zu erklären, als den, daß keme Privatdepesche die vom „Daily Telegraph" gebrachte Nachricht vom Unwohlsein des Prinzen be stätigte. Bern, 9. Mai. Man telegraphirt der „Wes.-Ztg.": Die Nachricht, daß Rußland mit dem BundeSrathe über Auslieferung der angeblich m Genf weilenden Nihilisten Turikow, des angeblichen Mörders des Generals Mesenzow, unterhandle, ist bis jetzt unbe gründet. Kopenhagen, 9. Mar. Ein Privattelegramm der „H.N." meldet. DaS VolkSthing bewilligte definitiv dir 6 Kruppschen Kanonen, welche für die Seeforts bestimmt sind, mit 53 gegen 39 Stimmen. Stockholm, 8. Mm. Den „H. N." telegraphirt man: Die Erste Kammer beschloß eine Zollerhöhung für Zucker auf 10 Oere, für Tabak auf 42 Oere per Pfund; die beschlossene Erhöhung für den Zoll auf Spielsachen kann erst nach Ablauf des französischen HandelStractats in Kraft treten. — Die Unterstützung des zu bildenden Garantirvereins für SägewerkSbesiyer wurde von der Zweiten Kammer genehmigt, der Ankauf der Motalabahn dagegen verworfen. Aus St. Petersburg, 4. Mai, wird der „Nordd. Alla. Ztg." geschrieben: Mit der Wahl des Prinzen v. Battenberg als Fürsten von Bulgarien ist, das darf man trotz aller Soup^onS im Auslände sagen, die bulgarische Frage für uns abgethan. In politischen Kreisen ist man erfreut, daß diese Wahl eines dem Kaiser persönlich so nahestehenden Prinzen die all seitige Billigung der europäischen Mächte gefunden hat. Es ist dies eine Anerkennung für den Kaiser, die man hier nicht unterschätzt. Abseits von dem Schlußact, den die bulgarische Frage jetzt findet, stehen nur unsere extravaganten Nationalen. Rußland wird sich aber hoffentlich bald dazu gratuliren können, daß diese Partei gänzlich zurückgedrängt bleibt. Es wird dies eine der guten Folgen sein, welche das nihilistische Treiben und dessen nothwendige Unterdrückung mit sich bringen muß. Diejenigen Theile unserer Regierungs maschinerie, welche glaubten, manches Revolutionäre in nationalem Anstrich benutzen zu können, werden sich jetzt des gefährlichen Experiments bewußt sein, und in den Kreisen wirklicher, nicht nach Rancunen handelnder Staatsmänner ist eS seit Langem Axiom, daß Manches der gegenwärtigen Lage das Factt Dessen ist, was von gewissen Seiten tolerirt wurde. Die Ultras im demo- natistrenden Regierungslager haben immer gegen Deutsche und Polen gehetzt. Ein großer Theil tüch tiger, nützlicher Kräfte ist hierdurch lahm gelegt wor den; welches Wunder, daß die Nihilisten den Nutze» sofort einsahen, deu sie auS dieser willkürlichen Ab» schwächung de» NegierungScontingentS ziehen konnten. Die Orientwirren sind dahin auSzubeuten versucht worden, die Massen an öffentliche Demonstrationen und Manifestattonen zu gewöhnen, die Kräfte der Regie rung zu erschöpfen. Wenn die Versuche nicht geglückt sind, so ist eS weder den Ultras, dem demokratisirenden Lager, noch den dieses Treiben benutzenden geheimen Nihilisten zu danken. Sagte doch bereits im Jahre 1876 ein hervorragender Journalist: „Glauben Sie denn, daß wir uns um Serbien kümmern d Was uns erwünscht ist, ist Das, was hier darauf folgen muß." Leider war dies auch im großen Ganzen der Stand punkt, den unsere Presse während des Orientkrieges eingenommen hatte. Aus diesem Treiben entsprang auch und entspringt noch jetzt die vollständig unberech tigte und unmotivirte Art, in der ein Theil der Presse gegen Deutschland und die deutsche Regierung sich äußert. Diese Aeußerungen zielen aber nicht blos gegen das fremde Cabinet, sondern sie sollte auch die „Deutschen- und Polenfreunde" im eigenen Lande treffen. Daß diese damit nicht wirklich ecrasirt worden sind, ist da» Heil Rußlands. Aus diesen Kreisen heraus wird nach der Unterdrückung des nihilistischen Mörderthums die Möglichkeit geboten werden, durch organisches Schaffen das Unkraut, welches die nationalen Ultras gesät, zu beseitigen. Man wird anknüpfen müssen an das System, das bis 1863 herrschte und welches von den polnischen Wirren ab immer mehr zurückge drängt wurde. Jetzt muß energisch dahin gewirkt werden, daß unsere Presse eine bessere wird, und daß die Sensationslust, die auch unbewußt dem Uebel Vor schub leistet, schwinde. Daß mit sensationellen Ge rüchten hier ein Unfug sondergleichen getrieben wird, wird man im Auslande — in dem man die lügen haften Berichte liest, nach denen man glauben müßte, in St. Petersburg seien allenthalben Kanonen aufgesahren, stündlich sprängen Petarden, kein Mensch dürste mit einem andern reden — kaum glauben. Bon den Vorspiegelungen, durch welche die Agitatoren bemüht waren und noch bemüht sind, das Volk aufzuwiegeln, ist aber besonders noch zu erwähnen, daß man aus das Land hinweist, ivelcheS man den Gutsbesitzern noch abnehmen könnte. Dahin gehören auch die von agitatorischer Seite verbreiteten Gerüchte, die Guts besitzer hätten den Kaiser erschießen wollen. Glück licherweise gelingen solche Machinationen nicht; aber daß sie vorkommen, verdient volle Beachtung. Ten denzen, die sich selbst in RegierungSkreisen breit ge macht Haden, waren geeignet, solchem Treiben Vorschub zu leisten. Versuchte man doch auch dort recht nach drücklich, die Aufhebung der Leibeigenschaft wie etwas gegenüber dem Adel Erzwungenes hinzustellen; wurde es doch Gebrauch, zur größeren Glorification jenen vermeintlichen Gegensatz immer und immer wieder hervorzuheben. In Europa weiß man kaum, daß die Reform durch den Adel selbst durchgesührt und von ihm mitberathen worden ist. Man weiß ebenso wenig, daß sie dem Staate keinen Kopeken gekostet hat. Aber solche in die große Masse hinausposaunte angebliche Gegensätze leisten den Nivellirungstendenzen gewisser demokratisch-nationaler Ultras Vorschub und werden dann von den Nihilistenverschwörern in ihrer Weise benutzt. — Einer St. Petersburger Eorrespondenz der „Wien. Abendp." entnehmen wir über die Hinrichtung des Lieutenants Dubrowin folgende Details: Zum Hin richtungsplatze war das Joannow'sche Ravelin der Festung gewählt worden. Hier war auf einer Erhöhung der Galgen errichtet, vor welchem Truppen ein nach einer Seite offenes Viereck bildeten. Bald darauf führten die Gendarmen den Verurtheilten herbei. Mit einem schwarzen Sterbekittel bekleidet und mit der Aufschrift „Hochverräter" aus der Brust, schritt er daher und sang eine Art russischer „Marseillaise", in welcher er Rylejew, Odujewsky und die anderen im Jahre 1826 gehängten Hochverräter als Freiheits helden pries und mit brüllender Stimme die Freiheit leben ließ. Trommelwirbel mußte sein Geschrei über tönen. Als ihm darauf der Lieutenant vom Moskau'- schen Garderegiment Solutzew das Todesurtheil vor las, unterbrach er denselben mit den Worten: „Laß die Dummheit!" Dem Priester, welcher sich ihm mtt dem Kreuze in der Hand näherte, ries er zu, er möchte sich zum Teufel scheren. Daraus bestieg er festen Schrittes da» Schaffst uod dat Taboret uoter dem selben, schrie nochmal»: „Es lebe die Freiheit!" wo rauf der Henker ihm rin Leichentuch Äer den Kopf warf und zur Exekution de» TodeSurtheilS schritt. Obgleich ein schöner Mann, machte Dubrowin auf da» sehr zahlreich versammelte Publicum durch sein unge mein herausfordernde» Betragen den allerungünstiasten Eindruck. Wahrscheinlich wird in der nächsten Woche eine zweite Hinrichtung ftattfinden. Infolge umfassen der Geständnisse Solowiew'S sind die Häupter der Mörderbande arretin Der Justizminister Nabokow, welcher als Generalprocurator sungirt, entwickelt eine außerordentliche Thätigkeit und dringt fast den ganzen Tag auf der Festung zu, wo er die Verhöre der Ge fangenen leitet. Zur Orieatfra-c. London» 9. Mal. Ein Telegramm der „Köln. Ztg." berichtet zur afghanischen Frage: Ueber die Ankunft Jakub Khan'S im englischen Lager wird noch gemeldet, daß Major Eavagnari mit einer Ehrenwache von 50 Husaren und 50 Guiden ihm S kw weit ent- gegenglng; die Truppen de» Lager» waren io Parade- linien von fast 4 km Länge aufgestellt. An der Spitze dieser Aufstellung empfing Sir Samuel Browne mit seinem Stabe den feindlichen Befehlshaber, der mit einem Salut von 21 Kanonenschüssen begrüßt wurde. Jakub Khan ist em junger, wohlgeftalieter Mann von fast europäischem Aussehen und Benehmen. In seiner Begleitung befinden sich Mustafi, General Daud und mehrere Mitglieder seiner Familie. Er schien über den ihm bereiteten Empfang erstellt zu sein. Da mit dem Emir bereits seit Decemder Verhandlungen ge pflogen wurden, derselbe somit die englischen Forde rungen kennt und die inneren Verhältnisse Afghanistan» den Frieden zu begünstigen scheinen, so erhofft man in RegierungSkreisen nunmehr einen schnellen Abschluß. England beansprucht nur eine geringe Gebietsabtretung, namentlich eine gesicherte Grenze durch Besetzung eini ger vorgeschobenen Posten, namentlich de» Khyber- uod Peiwarpasses, sowie der Khodjchakhöhe; Kandahar bleibt nur zeitweise besetzt. Dagegen legt die Regierung Werth aus die Anstellung englischer Vertreter, wozu tüchtige Persönlichkeiten ausersehen find, zumal m Kabul und nördlich vom Hindukusch. Konstantinopel, 9. Mar Ein Telegramm, wel ches der „Polit. Eorr." von hier zugeht, warnt davor, den augenblicklich in Umlauf befindlichen Gerüchten von einer angeblich auf eine förmliche Allianz abzie lenden Annäherung, welche sich zwischen der Tür kei und Rußland vollzieht, mehr Bedeutung und Credit beizumessen, al» sie m Wirklichkeit verdienen. Die Mission Namyk Paschas nach Livadw zur Be grüßung des Kaisers Alexander sei in erster Linie als ein Courtoifieact seiten des Sultans und erst in wei terer Folge als der Reflex der Mission des General- Obrutschew aufzufassen. Bei der von russischer Seite m neuester Zett ostensibel geosfenbarten Absicht, einer Consolidirung der Verhältnisse auf der Baltanhald- insel nicht länger eutgegenzuwirken, muß auch in tür kischen Kreisen die Tendenz prägnanteren Ausdruck gewinnen, solche Beziehungen zu Rußland anzudahuen, welche den vielfachen gewichtigen Interessen, welche die Pforte wahrzunehmen hat, förderlich werden können. Zwischen der Wiederherstellung derartiger normaler Beziehungen bis zu einer förmlichen russisch-türüschen Allianz liege jedoch heute dieselbe weite Distanz, wie unmittelbar nach dem Abschlusse des Frieden» von San Stefano, welchem bekanntlich die gleichen Allianz» gerächte unmittelbar nachgefolgt stad. — Wie e« heißt, hätte der Botschafter England», Mr. Layard, der Pforte die Mittyeilung gemacht, daß der im Connexe mtt dem englischen Reformprojecte für Kleinasien zum englischen Generalconsul für dieses türkische Terri torium ernannte Colonel Wilson demnächst einen vom Londoner Kriegsdepartement ausgewählten Stab, be stehend aus mehreren tüchtigen Offizieren der verschie denen Waffengattungen, zur Sette erhalten werde, welcher ihn bei seinen verschiedenen Organifirungsar- belten beratheu und unterstützen wird. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Departement de» Tultu» und öffentlichen Unterricht». Erledigt: die 1. ständige Lehrerstelle an der Schule zu Taucha. Einkommen »r<x> M., einschließlich Honorar sür l Ueberstunde, 144 M sür Ertheilung von wöchentlich 4 Turn stunden und 150 M. Logi-geld. LoUator: da» k. Ministerium daß Du mich sonst nicht so gesunden hast. Damals — wo ich Dich kennen lernte und Dein Herz ge wann, ging ich mit Dir, als ob die Welt kein andere» Schicksal für mich hätte, und je mehr mir gesagt ward, daß ich Jsserstädt verrathe, um jo gewisser wußte ich, daß er mich nicht, daß er Niemand liebe! Ich fürchtete kein Unrecht und glaubte an kein Leben mehr als mit Dir. Nachher" — „Run nachher?" fragte Wartegg gespannt. „Nachher, al» wir hier zusammen lebten und un- alle Tage so still und doch so reich dahingingen, trat e» wohl manchmal in meinen Sinn, welch ein öde» unglückliches Leben ich mtt meinem Vetter Paul ge führt ha^n würde, wenn ich nun doch sein Weib ge worden wäre Ich bin oft, wenn Du fern von mir warst, bei dem Gedanken zusammengeschauert, wie blin den Auge» der Mensch in ein Schicksal hmeingeht oder, wie e» bei mir war, hineingetriebrn wird Und dann — kam noch ein- hinzu. In den langen Win terabenden lasest Du mit mir die Geschichten der ver gangenen Zeiten und Menschen, und während wir im Wald und Schnee ganz einsam verborgen waren, sah ich tausend Gestalten und wirre wechselvolle Schicksale. Äi hast ost über mich gelacht, daß ich Dem, war ich gehört, so ernsthaft nachgrübelte. Und vielleicht wäre eS besser gewesen, ich hätte r» nie geihan. Denn e» ist mir ein finstere» Geheimniß aufgegangen, daß w,r mit unserer Liebe, unserm Schicksal ganz fremd und vereinzelt in unserer Welt stehen!" „Agne« — Agne» — welche thörichtr Phan tasien!" „Scheint Dir» so, Liebster?" fragte sie schlicht zu- rück, während ihr Auge sich so fragend in da» seinige senkte, daß er dem Blick nicht Stand hielt. „Mir ist doch, als wäre es nicht so thöricht. Wie oft hörte ich von Dir, daß Menschen mit einem anderen Glauben und anderem Gefühl einsam in ihrer Zeit standen, allen Mitlebenden fremd waren oder Anstoß gaben! Ich habe mich de» Gedankens nicht erwehren können, daß wir solche Manschen sind!" „Agnes, liebstes Weib! wie wunderlich Dir solche Gedanken zu Gesicht stehen!" unterbrach der Oberforst meister die Erglühende wieder. „Laß Dir sagen liebe Geschichtsphilosophin" — „Du muht meiner nicht spotten Rudolf!" fiel sie ihm mit wundersamem fast kindlichem Ernst ms Wort. „Ich meine e» natürlich im bescheidnen Sinne, unsern kleinen Verhältnissen angemessen! Wenn ich mich an die beiden Jahre in der Residenz zurückerinnere und Alle» vergleiche, waS ich seitdem durch Dich erfahren und gehört habe, da ist mir» immer gewisser geworden, daß die Menschen unsrer Tage nicht» mehr hassen, al- ein einfaches, starke- und zuverlässiges Gefühl und ein Glück, wa» daraus erwächst. Ich fühle e» jetzt tief, wir haben damals, al» wir unsrer Liebe folgten, Alle beleidigt, Alle feindlich gestimmt. Wir sind wie schwere Ketzer in einem gläubigen Jahrhundert; träfe un» ein Unglück, e» würde Vielen eine innere Genua- thuung sein! — Sieb Liebster, seit ich da- weiß, ist mir unsre Waldeinsamkeit dreifach lieb geworden! Und darum durchschauert mich », wenn ich denke, daß irgend wer störend in unsern Frieden eindringen könnte Und nun gerade Paul Jsserstädt, der kluge, gehässige, von un» fihwer beleidigte Mann!" „Hast Du denn mit einem Male alle» Vertrauen zu meinem Muth und Glück verloren Agne», auf die Du sonst doch bautest?" frag:.' Wartegg im ernstesten Tone. „Hättest Du selbst mit Deiner Furcht Recht und drohte uns wirklich Gefahr — bin ich denn so ganz blind und schwach geworden, daß ich unS nicht schützen könnte?" Die junge Frau antwortete nicht. Sie stand ge senkten Auges neben dem Gatten, und nur ein stummer Druck der Hand schien ihm zu sagen, daß eS ihr weh thue, ihn gekränkt zu haben. Er brach das Schweigen nicht, weil ihm doch war, al» kalte Agne» noch ein letztes Wort zurück. Inzwischen hatte die Dämmerung zugenommen, da» Wasser de- Bache- rauschte lauter zu ihre» Füßen, weil es um Beide immer stiller ward. Sein Blick mahnte zur Rückkehr — sie aber schien sich von dem umfriedigten Platze nicht loSreißen zu können. Endlich hob sie zögernd den Fuß, doch ehe sie einen Schritt zurücklegte, umschlang sie Wartegg, barg ihren Kopf an seiner Brust und flüsterte ihm zn: „Richt wahr Rudolf, eS werden bald, bald bessere Tage kommen und — unser Kind — wird die besseren sehend" Mit einem jauchzenden L^nt, der weit durch den Wald hinklang, drücne er sie an sich und suchte ihr Gesicht zu den seinen zu erheben. Als sehe er blenden de» Licht, so glaubte er die ganze ungewöhnliche Er regung seine» Weibe» zu versieben. Er antwortete auf ihre Frage nur mit zärtlichen Schmeichelworten, dann nahm er Agne-' Arm und leitete sie auf den Weg zu rück, den sie gekommen waren In seligem Uebermuth trug er sie mehr den Waldpfad hinab, al« daß er sie führte! Alle Bangnisse de» Nachmittag« und Abend» mußten vor seinem Glück, seiner strahlenden Zuver sicht verschwinden, die Sommernacht, die sich jetzt rasch auf das alte Jägerhaus herabscntte. schied zwei glück liche Menschen von Wirrniß der nahen und fernen Welt! Im lichten Sonnenschein des nächsten Morgens klang kein Laut de» gestrigen Tages nach. Frau Agne», die mit dem Oberforstmeister unter den Kastanien auf der Terrasse das Frühstück einnahm, war heute nur die ruhig sorgliche Wirthm. Sie besprach mit Wartegg die Anordnung des Diners, zu dem mau den AmtSrath v. Jsserstädt erwartete. In klarer Bestimmtheit theilte sie ihre Wünsche mit, und nur einem einzigen Wort konnte Herr Rudolf entnehmen, daß ihr der erwartete Besuch keine Freude sei: „Ich laste draußen in der großen Halle jerviren — Paul Jsterstädi ist, soviel ich weiß, ein wenig Jäger und wird sich fik den Wandschmuck interessiren. Den Kaffee nehmen wir im Gartenfaal oder hier. Die Thüren aber zu meinem und Deinem Zimmer lasse ich verschließen, der AmtS rath muß wissen, daß er nur als Beamter, nicht al- Verwandter hier empfangen wird." „Du bist eine süße Thörin!" entgegnete er in froher Rückerinnerung an die selige Lösung de» Räthsel» vom vergangenen Abend. „Halte Dich tapfer und Du wirst sehen, daß wir über den gefürchteten Besuch, wenn er vorüber ist, selbst lachen werden! Wiederholt werden soll er sicherlich nicht oft." (Fortsetzung folgt.) H * Die vielfachen Studentenexcesse in Würzburg find für die Universität insofern nicht ohne Rück schlag geblieben, al» da» gegenwärtige Sommersemester einen Abgang von einigen Hundert Studiosen ge bracht hat.
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