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Dresdner Journal : 11.03.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187903117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790311
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-03
- Tag 1879-03-11
-
Monat
1879-03
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 11.03.1879
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mag der «»Herr - str U » u» äer schienen ! bekann nüth an- rrsrruen wollen; i Jahren l« Erfay. ! machen, and wird »«er rn . Musik >««««» L«. Lust- nzöfi^chrn Marit, »ast > Herd, llpea mit nn. An- » Herrn 1. M von L »d Grün.) eirllichaft cheatra. Operrttc nd Lanz Pirl von Anfang eileid: Q d ad- k» >re»dro. »Uhr liebten , den feinen Erste Beilage zu deutscher Reichstag. Sitzung vom 8. März. L,. An neuen Vorlagen sind eingegangen eine in ternationale Convention, betreffend Abwehrmaßregeln gegen die Reblaus, und ein Gesetzentwurf, betreffend den Schutz nützlicher Vögel. Auf der Tagesordnung befindet sich die zweite Be- rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststel lung des ReichshauShaltsetats für daS EtatS- jahr 1879/80. Cap. 1 der Ausgaben, Reichskanzler und Reichs kanzlei, wird ohne Debatte bewilligt. Zu Cap. 1a Tit. 1, Präsident des ReichSkanzler- amtS, will Abg. Ludwig eingehen aus den nach dem Briese des Reichskanzler» vom 1b. Decrmber und der Thronrede zu er wartenden Wechsel in der Wirthschastspolitik, welchen er seiner seits mit Freude begrüßt, wird aber in seinen weiteren Aus führungen durch den Präsidenten gehindert, weil dieselben in die Specialberathung des Etats nicht gehörten, und verzichtet auf da» Wort. Titel 2 weist eine Erhöhung gegen das Vorjahr auf, hauptsächlich veranlaßt durch die Anstellung eines neuen vortragenden Raths. Abg vr Hänel bringt zur Sprache, daß mit dem Reichr- k mzleramt jetzt eine Abtheilung de» preußischen HandelSmini- s cnum« verbunden werden solle. Seine Partei habe es wun- t erbar gefunden, daß über eine solche Frage ganz einseitig vom preußischen Standpunkte au» verhandelt und beschlossen worden fei. Er hätte es richtiger gefunden, daß auch die Reichrinstanz i-ber eine derartige, immerhin organisatorische Frage gehört worden wäre. Man beabsichtige, durch diese Personalunion eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung der Geschäfte t erbeizuführrn; statt dessen finde man hier einen Ansatz für einen neuen vortragenden Rath Man könnte wenigstens ein Jahr lang abwarten, ob sich die neue Organisation bewähre, rb nicht die bisherigen ArbeitSkräste vollständig ausreichten. Reichskanzleramtspräsident Hofmann erwidert, daß die Vermehrung der Vortragenden RStye mit der Frage der Personalunion des preußischen Handelsministerium» mit dem Reichskanzleramt nicht zusammenhänge, sondern in der steten Zu nahme der Geschäfte beim Reichskanzleramt ihren Grund habe. Abg. vr. Hänel hält diese Auskunft für ungenügend und beantragt die Absetzung des für den neuen vor tragenden Rath postulirten Gehalts von 8700 M., das Haus bewilligt jedoch gegen die Stimmen der Fort schrittspartei die volle Summe. Cap. 2, Titel 10 und 11 enthalten als „Kosten der Maßregeln gegen die Rinderpest" zwei neue Postulate im Gesammtbetrage von 405 825 M. Abg. Richter (Meißen): Das Eindringen der Rinderpest nach Deutschland werde von Jahr zu Jahr stärker trotz der .chärssten Maßregeln dagegen. Die Seuche mache von Rußland aus immer weitere Fortschritte, und man müsse jetzt Oesterreich schon ebenso als ein verseuchtes Land ansehen, wie Rußland Wenn Deutschland seine Produkte ferner nach dem Westen Europas absetzen wolle, so bleibe nichts Anderes übrig, als uns von dem Osten Europa» vollständig abzuschließen. Man müsse mit aller Macht dem Viehschmuggel entgegentreten, und wenn die jetzt nenangestellten Gendarmen nicht ausreichten, möge man noch einen militärischen Cordon ausstellen. Die Rücksicht aus den allgemeinen Wohlstand müsse größer jein, als die Rücksicht ruf die Verhältnisse einzelner Distrikte. Rechne man dazu, daß ter Stand der russischen Valuta ein solcher sei, daß er dem Viehschmuggel den größten Vorschub lüfte, so sei es kein Wun der, wenn der Schmuggel sich einer solchen Blüthe erfreue. Er bitte daher die Regierung, die Grenze auf das sorgfältigste ab- x »sperren, um das Eindringen der Seuche zu verhüten Es n zwar unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht leicht, «ine neue Post von über 400 000 M. zu bewilligen; aber das önne gegenüber der großen Gefahr nicht in Betracht kommen. Redner monirt zum Schluß den baldigen Erlaß eines deutschen Viehseuchengesetzes, welches eine einheitliche Bekämpfung der Viehseuchen in Deutschland ermögliche. ReichSkanzleramtspräsident Hofmann erklärt, der Entwurf eine» deutschen Viehseuchrngcsetze» sei bereit» auSgear- beitet, und e» sei Hoffnung vorhanden, daß derselbe die vor bereitenden Stadien so ra,ch durchlaufen werde, daß er noch in der gegenwärtigen Session dem Reichstage vorgelegt werden könne. (Bravo!) Abg. v. Bethmann-Hollweg kritisirt daS gegenwärtige Gesetz über die Rinderpest und findet, daß die Bestimmungen desselben in mancher Hinsicht einer Verschärfung bedürftig seien, wogegen aus der andern Seite da, wo eine wirkliche Gefahr nicht nachgewiesen werden könnte, Erleichterungen ge boten seien. Reichskanzler Fürst v. Bismarck: Ich bin dem Bor redner dankbar für die sachliche Kritik de» Gesetzes und werde anordnen, daß di« Rede bei der Neubearbeitung eineSSeuchen- gesetzeS und bei der damit zu verbindenden Revision der jetzt geltenden Bestimmungen benutzt wird, und zwar bevor der Gesetzentwurf zur Discusston im Bundesrathe und im Reichs tage gelangen wird. Sachkundige Vertreter der Landwirthschaft namentlich aus den Bezirken, in welchen Seuchensälle vorge- ommen sind, werden veranlaßt werden zur Abgabe eines gut achtlichen UrtheilS. Au» der Rede des Vorredners geht aber doch hervor, daß eS sür die Behandlung der Seuchen, wenn sie die Grenze überschritten haben, an Sorgfalt nicht fehlt. Auf der andern Seite kann ich mich aber dem Eindrücke nicht ent ziehen, daß die Grenzen gegen die Einschleppung der Seuche bisher nicht hinreichend geschützt sind. Ich möchte aber bitten, dafür das Reich nicht als verantwortlich anzusehrn. Das Reich hat keine Executivmittel und keine eignen Beamten, um den Grenzschutz zu besorgen. Ja selbst die Zollbeamten, welche anscheinend den Maßregeln zur Verhütung der Einschleppung der Rinderpest in der letzten Zeit nicht dieselbe Sorgsalt ange deihen ließen als sonst, unterliegen nicht der Aufsicht d-s Reich«, sondern es sind Beamte der Einzelstaaten. Es hat auf mich den Eindruck gemacht, daß mit großer Wahrscheinlichkeit Jahre lang aus denselben Pfaden die Einfuhr stattgesunden hat von verbotenem Vieh, und eS scheint mir fast unmöglich, daß der patroullirende Gendarm oder der Grenzbeamte da nicht auf den Verdacht kommen sollte, daß hier eine Umgehung der VerbotSgefetze stattfindr. Ist vielleicht die Abneigung gegen Denunciation größer, al» die Furcht vor Verseuchung de» ngnen Lande»? Ich weiß nicht, woran e» liegt; es scheint mir ober unmöglich, daß solche Vorkommnisse, die sich so ost wieder- >o!t haben, sich der Veobachiung der Beamten Haden entziehen können. Die Untersuchung hat ja gelehrt, daß in Ostpreußen Beamte mit Ausstellung von falschen Attesten selbst die Ein schleppung von Seuchen befördert Haden, die unserm Bichhandel, namentlich nach England, so schädlich gewesen ist Ich erinnere daran, daß bei Beratung de» über Maßregeln zur Verhütung der Einschleppung der Rinderpest von einer Partei, welche mehr Sorge hat sür den Verbrecher, al» für den ehr lichen Mann, welche Angst hat, dem Verbrecher könnte zu viel ;e »eben, wesentlich« Milderungen vorgenommen worden sind. E» find di« Bestimmungen diese« Gesetze« ganz außtcordemlich gemildert worden, so daß sie kaum noch die nöthige Abschreckung haben, und ich glaube, wir werden durch die Erfahrung dazu gezwungen werden, da« Besetz dem Reichstage noch einmal vorzulegen mit der Bitte, e« zu amendiren. Ich glaube, wenn die Erfahrungen sich wiederholens wird die Mehrheit der Pflicht, den Geschädigten zu Helsen, sich nicht entziehen können, und wir werden dann geneigtere- Ohr finden Einstweilen möchte ich aber bitte», da« Reich nicht al« verantwortlich an. zusehwt für di« Einschleppungen und für die Mißbräuche, di« an der Grenze stattfinden, sondern darüber lieber in dem ein zeln«» Staat«, im Landtage die verantwortlich« Verwaltung darübar zu iuterpekiren, wie da» möglich ist. ^58 des Dresdner Abg vr La-ker: Ich weiß nicht, welchen Anlaß der Reichäkonzler hatte, diese Debatte mit persönlicher Gereiztheit zu führen (Widerspruch recht»). Es charakterisirt das, von welcher Seite der Anlaß kommt zu aufregenden Debatten (Oho I recht»); ich habe den Reichskanzler aus frischer That selbst ein mal ertappt (Lachen recht«). Da wäre e« aber wichtig, daß der Reichskanzler die Thatsachen so vorgetragen hätte, wie sie hier verhandelt worden sind; dann wäre der ganze Borwurs haltlos gewesen und es wäre nicht nöthig gewesen, in diese Dircussion zurückzugrriscn Das Maximum der Strafe und namentlich die Zuchthausstrafe ist von keiner Seite des Hauses bestritten worden. Wenn also der Reichskanzler jagt, daß preußische Beamte falsche Atteste ausgestellt haben, um den ver botenen Handel zu begünstigen, jo war von vornherein die Möglichkeit gegeben, sie mit den schweien Strasen zu treffen, welche die Regierung beantragt hatte. Es handelte sich nur um die Frage, welches Minimum sestgestellt werden soll Das ist eine Frage, welche juristisch discutirt werden joll, und Die jenigen, welche für die Herabsetzung deS Minimums waren, verdienen nicht den Borwurs, daß sic das Wohl der Verbrecher mehr im Auge haben als daS Wohl des Landes. Reichskanzler Fürst v. BiSmarck: Ich habe zum Reichstage rein sachlich gesprochen; ich habe mich vollständig innerhalb der Debatte bewegt, habe auch Niemanden persönlich genannt, namentlich auch nicht den Abg Lasker Wenn der Abg. Lasker sich zur Bezeichnung Derjenigen meldet, die den Schutz des Verbrechers schärfer accentuiren als den Schutz deS ehrlichen Mannes gegen die Verbrecher, so kann ich nicht dafür. Außerdem muß ich sagen, daß die Art, in welcher der Abge ordnete mir einen belehrenden Verweis giebt, wie ich schon öfter an ihm gemerkt habe, himmelweit verschieden ist von der sachlichen Kritik, die ich geübt habe an der Lage unsrer Gc setzgebung. Ich möchte den Vorwurf dem Abg. La-ker geradezu zurückgebcn, daß ich ihn aus srijcher That ertappe, daß er auf eine ganz allgemeine sachliche Bemerkung, in welcher er nur den leisesten Stachel einer Kritik findet, sofort eine zornige Strasrede mir gegenüber hält, um den Anschein zu erwecken, als ob ich ihn persönlich verdächtige. Ich habe an ihn gar nicht gedacht, und eS wird mir jetzt erst gegenwärtig, daß er damals dafür war, cs müßte dem Thäter die gewinnsüchtige Absicht erst nachgewiesen sein. Er sagte er habe nur das Mi nimum herabgesetzt. Das heißt aber sür unsere Richter, die Strase überhaupt herabsetzen. Ich glaube auch nicht, daß bei jolchen Gesetzen, die recht eigentlich praktischer Natur sind zum Schutze unserer materiellen Interessen, die Juristen das erste Wort mitzureden haben, sondern die Interessenten. Abg. Or. LaSker: Es sind alle Diejenigen, welche im vorigen Jahre dafür waren, das Minimum herabzusetzen, allerdings provocirt durch die Rede des Reichskanzlers, und dann nachträglich zu sagen, ich hätte nicht nöthig gehabt, mich zu Denjenigen zu rechnen, welche bei dieser nicht richtig darge stellten Sachlage betheiligt waren, das scheint mir mehr als sonst das Unheil zu bestätigen, das der Reichskanzler mit seinen Worten treffen wollte. Das ganze Haus ist betheiligt bei dem Borwurse, welchen der Reichskanzler gemacht hat (Widerspruch rechts), denn die Sachlage ist die, daß das Gesetz vereinbart ist von der Regierung mit dem Hause, und unsere Gesetze so zu kritisiren, nachdem die Regierung ihre Zustimmung gegeben hat, und alle Verantwortlichkeit aus den Reichstag zu schieben, ist eine Politik, die niemals zum Guten jühren kann. Sie kann nur dahin sühren, daß die Regierung Agitation gegen den Reichstag im Lande macht. (Ohol rechts.) Wenn eS richtig wäre, daß das Minimum heiße, die Strafe herab setzen, jo könnte ja Niemand mehr ein Strafgesetzbuch machen. Nach Alledem bin ich der Meinung, eS hätte die Debatte über die uns am Herzen liegende Sache die Grenze behalten sollen, welche der Abg. v. Bethmann-Hollweg eingehalien hat, und eS wären die Recriminationen vermieden worden, zu welchen ohne Zwang der Reichskanzler überging. Reichskanzler Fürst v. Bismarck: Erst von dem Augenblicke an, wo der Abg. Lasker das Wort ergriff, hat die Debatte die Grenze verlassen, welche er selbst bezeichnet hat Der Abgeordnete hängt sich an den einen Ausdruck, den ich Denjenigen gegenüber gebraucht habe, welche stets aus die Mil derung der Strafgesetze denken. Ich halte den Ausdruck gar nicht für unüberlegt, sondern ich halte es für nolhwendig, die Ausdrücke so scharf und prägnant zu gebrauchen, daß sie auch im Publicum den Eindruck machen, daß das Maß von Schutz, auf welches alle ehrliche Leute Anspruch machen, bei der jetzigen Lage der Gesetzgebung nicht gewährt wird, daß unsre Strafge setzgebung zum großen Theil zu milde ist. Ich bin außerdem vollständig berechtigt, wenn ich dafür spreche, Versuche der Ge setzgebung zu erneuern nach der Richtung hin, daß ich mich ohne Nennung von Namen an diejenige Richtung wende, welche die Gesetze in ihrer Wirkung zu sehr abgestumpft hat, damit die Herren sich der Folgen Dessen, was sie getyan Haden durch diese Milderung, recht klar bewußt werden. Nach der Schärfe, mit welcher mich der Abgeordnete angegriffen hat, muß ich allerdings glauben, daß ich das ihm gegenüber nicht erreicht habe. Mir genügt es aber, wenn ich im Lande und bei der großen Mehrheit der Abgeordneten dieses Ziel erreicht habe. Ich habe Niemanden persönlich genannt; der Abgeordnete hat mich aber scharf angegriffen. Was ich mit meiner Politik be zwecke, darüber lassen Sie mich selbst urtheilen. Abg. vr. Lasker: Ich habe die Absicht des Reichskanzlers richtig beurtheilt und deshalb josort nachzuweisen gesucht, daß die Darstellung nicht richtig war. Abg. vr. Zinn: Ich habe zu Denjenigen gehört, welche sür die schärferen Strafen gestimmt haben, präsumire aber, daß jeder Abgeordnete sich bei seiner Abstimmung lediglich durch die Rücksicht aus das Wohl des Landes hat leiten lassen. Uebrigens würden auch die schärfsten Strasen nicht vermocht haben, die vom Reichskanzler angeführten Fälle zu verhüten. Wenn der Reichskanzler die Verantwortlichkeit vom Reiche ab- aelehnt hat, fo möchte ich ihn doch ersuchen, den preußischen Ministerpräsidenten 'daraus aufmerksam zu machen (Heiterkeit). Reichskanzler Fürst v. BiSmarck: Im Namen des preußischen Ministerpräsidenten kann ich dem Vorredner er widern, daß ich diesen Versuch schon gemacht habe und hoffe, daß derielbc endlich, wenn auch nicht sofort, Erfolg haben wird. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß Preußen regiert wird von verschiedenen Ministerien mit selbst, ständigen Ressorts, über welche der Ministerpräsident keine ver- sügende Gewalt hat. Die Identität zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Ministerpräsidenten findet doch nicht in dem Maße Statt, wie sie der Vorredner vorauszusetzcn scheint, insosern als ich als Ministerpräsident vertreten werde. Abg. Saro (deutschconservativ) bestätigt aus seiner Er- sahrung, daß es nicht blos einen, sondern viele Richter gebe, welche von dem Grundsätze ausgingen, daß für gewöhnliche Fälle daß Minimum der Strase das maßgebende sei und nur in schwereren Fällen über das Minimum ymausgegangen wer den dürft. Er selbst habe sich früher als Richter dieser milden Auffassung hingegeben, welche gerade bei der Beuriheilung der Lontraventione» gegen das Rinderpestgejetz sehr schädlich wirke, da die rujsijchen Behörden nicht ihre Schuldigkeit thälen. Bei der großen Gemeingesährlichkeit dieser Eontraventionen sei er der festen Ueberzeugung, daß ein Minimum festgesetzt werden müsse, welches abschreckend wirke. Man dürft die Objectivität der Richter nicht allzusehr überschätzen (BravoI rechts). Abg Richter (Hagen) hält eS für bedenklich, Richtersprüche in der Art zu kritisiren, wie es in der letzten Zeit unter Bor tritt de» Reichskanzlers geschehen sei. Es sei die- umso miß licher, al» Niemand im Hause im Stande sei, die einzelnen Fälle zu prüfen Eine solche Kritik könne doch nicht dazu bei tragen, da« Ansehen der Gerichte im Lande zu heben. Abg. vr. LaSker constatirt, daß er eine derartige Kritik der Richter, wie Saro sie gefällt, noch in keinem Parlamente gehört habe Im Uebrigen seien die in dem Gesetze festgeftell- ten Strasen keineswegs milde zu nennen Der Fehler liege nicht in den milden Strafen, sondern darin, daß dl« Grenze nicht genügend bewacht sei. Abg Saro bemerkt, daß in diesem Haus« Niemand dem Richterstaude zu nahe treten wolle, am wenigsten er selbst. Er fti nur her Meinung, daß die Richtersprüche zu mild seien. Der Richter fei ebensogut ein Mensch wie jeder andere Mensch. (Bravo I recht«.) Journals. MeM«, - Die beiden Titel werden bewilligt. Zu Cap. 3 Titel 1 und 2, für Ueberwachung des AuSwanderungSwesenS, spricht Abg vr. Lingens den Wunsch aut, daß di« Berichte de» AuSwandcrungSconimiffarS in Zukunft noch eingehender abge- saßt werden möchten als bisher, und wünscht unter Anderm die Ausmachung einer Statistik darüber, welche Gründe die Aus wanderer zu ihrem Schritte veranlaßt hätten und au« welchen Gegenden dieselben kämen. Redner vermuthet, daß die stärkste Auswanderung aus den Gegenden stattfinde, wo der schwerste Druck aus der Kirche laste. Reichskanzler Fürst v. BiSmarck: Ich halte den Wunsch des Vorredners, zu untersuchen, aus welchen Provinzen die Auswanderung besonder« statlfindet. sür berechtigt und werde dafür sorgen, daß er erfüllt wird. Es wird ans dieser Sta tistik der merkwürdige Umstand sich ergeben, daß die meisten Auswanderer aus den am wenigsten bevölkerten Gegenden kom men, und daß die beinahe übervölkerten Länder, dre vermöge der Entwickelung der Industrie 10 000 und mehr Menschen aus der Quadratmeile nähren, zur Auswanderung nur ein sehr dürftiges Contingent stellen. Die Mehrzahl der Auswanderer in den letzten Jahren war aus Mecklenburg, Pommern, West preußen, Posen, kurz aus den Gegenden, welche in vielen Fällen die Bevölkerung von 2000 Menschen pro Quadratmeile nicht erheblich überschreite», ja in den mir bekannten Gegenden mei ner Varziner Heimath kaum die Bevölkerung von 1200. Die Ursachen werden »ns vielleicht eingehender beschäftigen in einigen Monaten, wenn wir die Tariffragen und die Vertheilung der Lasten prüfen zwischen der Bevölkerung, die von der Landwirth- jchast lebt, und den übrigen Theilen der Bevölkerung Ich werde dann wahrscheinlich zu dem Schluffe kommen, daß das landwirthschaftliche Gewerbe bei uns außerordentlich erschwert worden ist durch unsere Abgaben- und Steuerversassung und daß es sür die landwirthschastlichen Gegenden ein Segen sein würde, wenn sie in ihrem Umfange eine entwickeltere Industrie fänden, so daß sich beide unterstützten. In den vorwiegend in dustriellen Gegenden ist dem Arbeiter die Carrisre nicht ver schlossen Der Marjchallstab, den angeblich der sranzösische Sol dat in seinem Tornister trägt, befindet sich in der That in der Hütte des Arbeiters. Der Arbeiter in der Industrie hat die Möglichkeit auszusteigen, er steigt erst aus zu einem besseren Lohne, wird dann Werksührer, und die Fälle sind nicht selten, daß sich ein Arbeiter zum Associs, ja zum Herrn einer Fabrik und eines bedeutenden Vermögens ausgeschwungen hat. Anders ist es in der Landwirthschaft. Der ländliche Arbeiter, wenn er jowcit ist, daß er heirathet und nachdenkl über seine Zulunst, so findet er, daß die Kluft zwischen ihm und zwischen der näch sten Stufe, zu der er aufsteigen könnte, sür eine Generation eine unübersteigliche ist. Eine große Schädigung war seiner Zeit die Aushebung der Erbpacht. Wenn man in unjeren aus schließlich landwirthschastlichen Provinzen den Erwerb von Grundeigenihum durch das System der Erbpacht erleichtert, wenn es unserer Gesetzgebung gelingt, Industrie in landwirth- schaftlichen Gegenden Hervorzurusen, dann wird der Vorredner nicht mehr über die hohen Ziffern der Auswanderung klagen. Ich verspreche also dem Vorredner, daß die statistischen Nach richten, die ihm fehlen, nachgeliesert werden sollen, und beab sichtige, auf diese Statistik zurückzukommen, wenn wir die wirth- schaftlichen Fragen verhandeln. (Bravo! rechts ) Abg. Richter (Hagen) stimmt mit dem Reichskanzler darin überein, daß man dem Arbeiter den Erwerb von Grundeigen thum erleichtern müsse; dazu brauche man aber nicht auf die zweifelhafte Institution der Erbpacht zurückzugehen. Nichts wäre nöthiger, als ein Gesetz, welches die Bildung von Jidei- commissen erschwerte oder untersagte. Eine Auswanderung aus den landwirthschastlichen. in die Jndustricgcgenven sei veranlaßt worden durch den plötzlichen Aufschwung der Industrie, welcher jetzt durch das Schutzzollsystem begünstigt werden solle. Durch künstliche Mittel, welche der Reichskanzler im Sinne habe, um die Einfuhr von Getreide und Vieh zu erschweren, werde man die Bedingungen erschweren, unter welchen die Leute im Lande leben könnten, und es der Landwirthschaft unmöglich machen, zu einer intensiveren Wirthschast überzugeben. Dadurch werde man die Auswanderung eher befördern, als beschränken. Zu Titel 3, Reichsschulcommission, befürwortet Abg. vr. Lucius, bei der Zuerkennung der Berechtigung zur Ausstellung von Freiwilligenzeugnissin abzuschen von der Forderung, daß an den Anstalten zwei Sprachen gelehrt wer den müßten, und auch solchen Anstalten, welche nur eine fremde Sprache trieben, diese Berechtigung zu ertheilcn. Das Uuter- richtswesen werbe dann von unten aus in richtigere Bahnen gelenkt werden. Bundescommissar geh. Rath Starke: Die vom Vor redner angeregte Frage habe wiederhol» einer eingehenden Er wägung unterlegen, es seien aber gewichtige Gründe für die Beibehaltung der jetzigen Einrichtung geltend gemacht worden und er vermöge nicht in Aussicht zu stellen, daß bei einer neuen Anregung der Frage man dahin kommen werde, eine Ermäßigung in den jetzigen Ansorderungen eimreten zu lassen. Abg. I)r. Reichensperger (Lreseld) glaubt, daß mit dem Zwange, zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen, der eigentlichen Bildung sehr wenig Vorschub geleistet werde, und bittet, mehr Gewicht zu legen aus das gründliche Lernen, als auf daS viele Lernen. Abg. vr. Lucius bemerkt, daß er keineswegs einer Er Mäßigung der Ansprüche das Wort geredet habe. Zu Cap. 6, Statistisches Amt, spricht Abg Richter (Hagen) für Verbesferungen und Vervoll ständigungen der Statistik, namentlich zum Zweck der Beur theilung von wirthjchastlichen Fragen, z B. der Frag« der Differcntialtarise, der Frage, welche Wirkungen die Aushebung der Mahl- und Schlachtstcuer auf die Preise geübt habe, des Verdienstes beim Zwischenhandel. Ferner sollte die Statistik so bearbeitet werden, daß sie auch in weitern Kreisen auf ein besseres Bcrständniß rechnen kann. ReichSkanzleramtspräsident Hosmann: Die Grund läge sür die Statistik zu schaffen, sei Sache der Gesetzgebung, und es habe auch dem Hause in der vorigen Session ein Ge setzentwurf vorgelegen, welcher wahrjcheinlich auch in dieser Session wieder zur Vorlage gelangen werde und den Zweck habe, das Material sür die Statistik zu ergänzen. Wenn die Statistik auch noch andere Ausgaben habe, als die ihr gegen wärtig zugewiejenen, so sei es doch nicht ihre Ausgabe, ihre Resultate in populärer Weise zu verwerihcn, wie es der Vor redner zu wünschen scheine. Abg. Graf zu Stollberg (Rastenburg) bemerkt zu den Aeuß runacn des Abg. Richter bezüglich der Differentialtarif«, die Statistik würde lehren, daß unser gauzeS wirthschaftliche» Leben beherrscht werde von den Eisenbahnen, daß diese aber nicht Rücksicht nähmen aus das Wohl des Ganzen, sondern nur aus die Erhöhung ihrer eigenen Revenuen. Abg. Richter (Hagen): Dasselbe könne man auch von den Forstdesitzern lagen Seine Ansicht sei nicht, daß man die Statistik populär machen müsse, sondern sie solle nur auch wei teren Kreisen verständlich gemacht werden. Die preußische Statistik erfülle diese Anforderung. Zu Cap. 8, Reichsgesundheitsamt, fragt Abg vr. Günther (Nürnberg) an, ob die Absicht besteht, daS medicinische Prüfung-Wesen in der Weise zu regeln, daß auch die Ohrenheilkunde yineingezogen werde, und befürwortet, daß von sämmtlichen deutfchen Bahnverwaltungen und den Marineverwaltungen eine der bestehenden Methoden zur Unter suchung der Fardenblindheit al» die beste au-gejondert werde. BundeScommissar Geh Rath Vr Finkelnburg ver- neint die erste Frage und erklärt, auch bezüglich der zweiten «ine bestimmte Zusage nicht machen zu können. Sämmtliche Posten des Etats des Reichskanzler» amtS werden unverkürzt bewilligt, und da- HauS geht über zur Berathung des Etats de- auswärtigen AmtS. Bei Cap. 11 Titel 1, StaatSsecretär, befürwortet Abg. vr Reichensperger (Lreseld) die regelmäßige Vor legung einer Sammlung diplomatischer Actenstücke, eine« Blau« den 11. März 1879. buch» an d«n Reichstag, nicht an» Mißtrauen gegen die Leitung der auswärtigen Politik, sondern wegen der großen Wichtigkeit einer solchen Sammlung sür die Zeitgeschichte. Abg v«. Hänel schließt sich diesem Wunsche an und glaubt, daß die Regierung sich in nicht zu seiner Zeit selbst veranlaß, sehen werde, demselben zu entsprechen Bei Cap. 12 Titel 63, Lonfulat in St Peters burg, fragt Abg. Richter (Hagen) an, wa» e« mit der Zeitung-notiz aus sich habe, nach welcher neulich in St Petersburg em« Lon- ftrenz statlgejunden hab«, um darüber zu derathen, daß bei der Einführung von Getreidezöllen in Deutschland da» russische Ge treide, welche» zum Export bestimmt sei, nicht an die d«utsche Grenze, sondern direcl nach russischen Seehäfen gebracht wer den solle. Bunde-bevollmächtigter Geh. Rath v. Philipp«' born erklärt, über diese Angelegenheit nicht genügend unter richte« zu jein, woraus sich Abg. Richter (Hagen) vorbehält, die Sache bei der dritten Lesung wieder zur Sprache zu bringen. Unter Cap. 13 Titel 6 befindet sich ein Postulat von 75000 M. zu Unterstützung deutscher Schulen im Ausland« und anderer zu gemeinnützigen Zwecken im AuSlande bestehender vaterländischer Unternehmungen. Abg. Römer (Hildctheim) befürwortet die Darreichung einet größeren Unlerslützung-betrag» al« bisher aus diesem Fond an daS zoologische Justitut in Neapel und beantragt zu diesem Zwecke die Uebcrweisung des Titels an die Budgetcommission. StaatSsecretär v. Bülow hält die Erfüllung diese« Wunsche- sür unthunlich, wogegen Abg. vr. Hänel eine commissarische Prüfung der Frage sür unbedenklich erachtet. Der Titel wird der Budgetcommission überwiesen, die übrigen Positionen des Etats des auswärtigen Amts ohne Debatte bewilligt. Nach 5 Uhr vertagt sich das HauS auf Dienstag 11 Uhr (Interpellation Winterer, die Erlassung eines Unterrichtsgesetzes für Elsaß-Lothrmgen betreffend, Fort setzung der zweiten Lesung des Etats). Gerichtsverhandlungen. <5 Mittweida, 9. März. Vom 6. bis 8. d. M. sand im hiesigen königl. Bezirksgericht die Hauptver handlung in der Untersuchung gegen den vorm. Di rector des Roßweiner Vorschußvereins, Engelbert Brückner, und Genossen Statt. Bei dem Anfang April 1878 geschehenen Zusam menbruche des obgedachten Vereins kam eine Anzahl rechtswidriger Manipulationen des Directors und des Kassirers dieser Genossenschaft zu Tage, welche da- Einschreiten der königl. Staatsanwaltschaft, die Ver haftung beider Vertreter des Vereins und schließlich die Einleitung der Voruntersuchung gegen dieselben zur Folge hatten. Nach dem Verwelsungserkenntnisse stand Brückner unter der Anklage, eine Summe von ungefähr 330000 M. —. aus der Bereinskasse unter schlagen und wegen eines Betrags von über 100000 M., welche er unter Ueberschreitung des ihm bewilligten Contocorrentcredits aus das Conto der Firma C. G. Brückner, deren Mitinhaber er war, entnommen, weiter wegen einer Summe von über 400 000 M., die er nach und nach an die gegenwärtig in ConcurS ver fallene Firma: Pianofortefabrik Hagspiel u. Ruschpler in Dresden, sowie endlich wegen eines Betrags von 4000 M, welchen er einem gewissen Otto Julius Leh mann in Dresden aus der Vereinskasse dargelleheu, als Bevollmächtigter des von ihm vertretenen Verein- der Untreue zum Nachtheile desselben sich schuldig ge macht zu haben. Zugleich war die Verweisung ge richtet auf das Vergehen des einfachen Bankrotts, weil die Bücher seiner Firma nicht die erforderliche Uebersicht gewährten, und von ihm unterlassen worden war, alljährlich die Bilanz seines Geschäftsvermögens zu ziehen. Des letzteren Vergehens wegen war auch der andere Mitinhaber der Firma C. G. Brückner, der Bruder des Hauptangeklagten, Richard Brückner, mit zur Hauptverhandlung verwiesen. Den Kassirer Kaden anlangend, war das Verweisungserkenntniß auf wissent liche Beihilfe zu der von Brücknern verübten Unter schlagung und in Mitthäterfchaft mit demselben ver übten Untreue gerichtet. In der Hauptverhandlung selbst traten durch die Vernehmung der Angeklagten und die weitern Ergeb nisse der Beweisaufnahme folgende Thatsachen zu Tage: Der Angeklagte, Engelbert Brückner, 57 Jahre alt, in Roßwein als Sohn eines KlempnermcisterS gebo ren, trat noch bei Lebzeiten seines Vaters als Theil- Haber in dessen Geschäft. Nach dem Tode des Vaters und nachdem des Angeklagten Bruder Richard in das selbe eingelreten war, wurde das Geschäft in daS Han delsregister des königl. Gerichtsamtes Roßwein unter der Firma C. G. Brückner eingetragen und mit der Zeit durch Ausdehnung auf Eisen-, Cigarren- und Koh lengeschäft und Erlangung einer Hauptcollection der königl. sächs. Landeslotterie bedeutend vergrößert. Im Jahre 1860 trat Engelbert Brückner mit einer Anzahl Roßweiner Bürger zur Gründung eines Vorschußver eins zusammen und wurde zu dessen Director erwählt. Der Verein hielt sich anfangs in engen Grenzen, doch schon nach wenigen Jahren, als ihm bedeutende Geld summen zuzufließen begannen, wurden WechseldiScont- und Contncorrentgeschäste eröffnet. Brückner hatte als Director die statutengemäße Verpflichtung, alle aus den persönlichen und den Contocorrentcredit der Vereins mitglieder bezüglichen Fragen dem Gesammtvorstantx der Genossenschaft in den monatlich abgchaltenen Sitzun gen derselben vorzutragen, bez. dessen Genehmigung hierzu emzuholen. Als Mitglied deS Vereins genoß Engelben Brückner einen persönlichen Credit von 500 Thalern, außerdem war eS ihm gestattet, gegen 4pro« centige Verzinsung unbenutzt in der Vereinskasse lie gende Gelder in seiner Firma zu verwenden. Im Sommer 1866 jedoch wurden die Geldmittel des Ver eins dermaßen knapp, daß der Vorstand beschloß, Brück nern nicht nur zur Sicherstellung der bei ihm depo» nirten Gelder, sondern auch zur möglichst baldigen Rück zahlung derselben zu veranlassen. Derselbe sicherte diese- auch zu und versprach gleichzeitig, ohne Genehmigung deS Vorstandes neue Gelder aus der LeieinSkasse nicht zu entnehmen und sein Eonto überhaupt nicht weiter zu erhöhen.
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