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Bekenntnis zum Leben Musik des Tanzes und der Freude Sieben Namen verzeichnet unser Programm, sieben Komponisten aus fünf Län dern. Ein jeder Name umschließt eine in sich ruhende Persönlichkeit mit stilistischen Unterschieden, Eigenarten und Gegensätzen. Und doch gibt es manches Gemeinsame: Da ist das umschließende Band der Romantik, da ist das nationale Gebundensein an Heimat und Volkstum, und da ist nicht zuletzt die Freude an einer tänzerisch bewegten Musik, die Heiterkeit und Frohsinn ver mittelt, eine Musik, die sich an den hörenden Menschen wendet, der mitten in seiner Zeit und im Lehen steht. Romantisches Empfinden und deutsche Gemütstiefe, Schönheit der Melodie, Geist Witz und tänzerische Grazie vereinen sich in Otto Nicolais Ouvertüre zu den „Lustigen Weihern von Windsor“ zu einem zauberhaften Zusammenklang. Geisterspuk und Elfenreigen, Spott, Lachen und jubelnde Fröhlichkeit klingen auf. Die Ouvertüre gleicht einem Spiegel der Handlung, konzentriert auf kleinstem Raum. Ein konzertantes Meisterwerk, eine der schönsten Ouvertüren der deut schen Romantik. Franz Schubert schrieb seine Musik zu „Rosamunde“ während der letzten Wochen des Jahres 1823. Die Verfasserin des Schauspiels war Helmina von Chezy, eine höchst mittelmäßige Schriftstellerin, die auch das zweifelhafte Libretto zu Webers „Euryanthe“ auf dem Gewissen hatte. Schuberts Freund Bauernfeld charakterisierte uns Frau von Chezy sehr drastisch als „Äußerst gutmütig, ein bißchen lächerlich“ und mit dem wenig schmeichelhaften Zusatz „Reinlichkeit ist nicht ihre Tugend!“. So unbedeutend und verworren die in fünf Tagen hinge schluderte „Dichtung“ auch sein mochte, Schuberts Musik war bei weitem das Beste der Aufführung. Von den neun Stücken gefiel die Ouvertüre so gut, daß sie wiederholt werden mußte, während die Zwischenakt- und Ballettmusik nur bei fällig zur Kenntnis genommen wurden. Während der Uraufführung plauderte man ungeniert dabei, und erst später erkannte man die große melodische Schön heit und Empfindungstiefe der Ballettmusik, die mit Recht zu Schuberts volks tümlichsten Werken gehört. In der Geschichte des Walzers nimmt die Musik Carl Maria von Webers eine besondere Stellung ein. Mit seiner in aller Welt gespielten „Aufforderung zum Tanz“ schuf er eine völlig neue Art des Walzers: Nichts ist mehr zu spüren von dem alten, etwas gemütvoll-hausbackenen „Dreher“. Aus Webers Musik klingen uns blutvolle Leben entgegen, übersehäumendes Temperament, sprühender Rhyth mus. Hier haben wir den neuen Schnellwalzer, der — von einer Meisterhand ge formt — ein Ganzes darstellt und nicht mehr, wie vorher, eine aneinander gereihte Walzerkette. Wer von uns besitzt nicht die Fantasie, diese großzügig-elegante und zugleich innig-volkhafte Musik in Bilder umzudeuten? Bildhaft sehen wir es vor unseren Augen, wie sich der Tänzer nähert, sich verneigt, seiner Dame die Hand reicht, den Tanz erwartet und tanzt! Sehnsucht, Leidenschaft, ausgelassene Freude und der unbezwingbare Glaube an das Lehen, alles das klingt uns in diesen lockenden Klängen entgegen. Es waren Webers glücklichste Jahre, in denen er diesen Walzer komponierte, die glückerfüllten Jahre in seinem Winzerhäusel an der Hosterwitzer „ÄppeLallee"