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schrieb (die erfolgreichste darunter „Jadwiga“, die sich bis in die Gegenwart herein gehalten hat), und Stanislaus Mon iuszko, der seinem Volke neben vielen anderen Werken die National- oper „Halka“, ihrer Bedeutung nach unserem „Freischütz" vergleichbar, schenkte. Mit Ignaz Dobrzynski (1807—1865), dem Mitschüler und Freund Chopins, weist die polnische Instrumentalmusik hinüber ins Reich der Romantik, in dem Frederic Chopin der unbestrittene Herrscher ist. Über seine Bedeutung braucht kein Wort verloren zu werden. Erwähnt werden muß aber die Tatsache, daß Chopin und unsere Stadt vieles verbindet. Viermal weilte er in Dresden, das auf ihn als Stadt der Künste einen tiefen Eindruck machte. Komponierende Pianisten, Pianisten, die zugleich Komponisten von bedeutendem Grade waren: der Chopinspieler Ignaz Friedmann mit über 90 Werken und Ignaz Paderewski, der nicht nur für sein Instrument schrieb (seine Oper „Manru" wurde 1901 in Dresden uraufgeführt). Mit Mieczyslaw Karlowicz, der 1909 in Zakopane von einer Lawine verschüttet wurde, verlor Polen eine seiner größten Hoffnungen. Seine sinfonischen Dichtungen behandeln polnische Stoffe und sind nur deshalb nicht über sein Heimatland hinausgedrungen; ihrer musikalischen Bedeutung nach hatten sie es wohl verdient. Inter national anerkannt wurde dagegen der weniger originale, sehr stark in der deutschen Tradition verwurzelte Felix Nowowiejski, dessen effektvolles Oratorium „Quo vadis“ auch in Deutschland sehr populär wurde. Die moderne Musik mit gelegentlichen, mehr oder minder starken Vorstößen zur neuen Musik wird in Polen vertreten durch Musiker wie Gregor Fitelberg (geb. 1879), der, obwohl Russe von Geburt, einer der Vorkämpfer einer modernen nationalpolnischen Musik ist, Ludomir Rozycki (geb. 1883), dessen Werke den Einfluß Debussys erkennen lassen, Apolinary Szeluta (geb. 1884), der mit einer Klaviersonate und einer Sonate für Violincello und Klavier, ver heißungsvollen Früh werken, aufhorchen ließ. Der bedeutendste aber war Karol Szymanowski (1883 bis 1937), dessen umfassendes Werk noch auszuschöpfen ist. Sein Opus 1, „Preludes“ für Klavier, knüpfte bei Chopin an, zeigte aber auch, daß Polen in Szymanowski einen Musiker von der Bedeutung Chopins erhalten sollte. Die weitere Entwicklung hat diese Prognose bestätigt. Ob Kammermusik, Orchesterwerke, Lieder, Opern oder Chorwerke — immer hat Szymanowski Eigenes und Bedeutendes zu sagen, in einem Stil, der über Romantik und Impressionismus hinauswuchs in den Raum einer wahrhaft neuen Tonsprache. Die jüngere Generation stellt sich mit Alexander Tansman vor, der 1897 in Lodz geboren und 1919 mit dem Großen Preis für Komposition ausgezeichnet wurde. Neue Namen lernen wir nun in dem Konzert der polnischen Gäste kennen. DIE KOMPONISTEN, IHREWERKE, IHRE INTERPRETEN Es beginnt zunächst mit einem Blick in die Vergangenheit. Von Feliks Janiewicz, einem Schüler Josef Haydns, erklingt ein Divertimento aus einem Streichtrio, das Andrzej Panufnik 1947 für Streichorchester bearbeitet hat. „In seiner charakteristischen Grazie, gemütvollen Tiefe und selig-lächelndenVerklärtheit (dritter Satz) ist es“, so schreibt die Berliner Presse, „ein Stück ganz im Geiste des Wiener Meisters.“ Die Orchestrierung hat Panufnik in einer Weise durchgeführt, die für das schöpferische Ge samtbild dieses jungen hochbegabten Musikers höchst charakteristisch ist, also mit äußer ster persönlicher Bescheidenheit, mit Behutsamkeit und Feingefühl für Form und Inhalt des Werkes.