MUSIK UND MUSIKER AUS POLEN ZUR GESCHICHTE DER POLNISCHEN MUSIK Die Geschichte der polnischen Musik ist so alt wie die Geschichte der Musik überhaupt; Polen gehört zu den ältesten europäischen Musiknationen. Ein Nikolaus von Radom steht an den Anfängen der Polyphonie, deren Blütezeit auch in Polen bedeutende Vertreter fand : Sebastian von Felsztyn, Wenzel von Samter, dessen Messen und Motetten wir auch in deutschen Drucken jener Zeit begegnen, Martinus Leopolita (aus Lemberg), wohl einem Schüler Felsztyns, dessen Stil etwa dem Orlando di Lassos gleichzusetzen ist, während Thomas von Szadek in seinen Messen mehr Palestrina nahesteht und Nikolaus Zielinski, der Organist des Erzbischofs von Gnesen mit seinen Offertorien und „Communiones" ein Vertreter des römisch-venezianischen und des Viadana-Stils genannt werden darf. Die Kenntnisse über diese Epoche, wie überhaupt über die Geschichte der polnischen Musik bis herauf in unsere Tage, verdanken wir in der Hauptsache den Forschungen des be deutenden polnischen Musikwissenschaftlers an der Universität Krakau Zdzislaw Jachimecki, der übrigens auch, wie eine Reihe von Publikationen beweist, ein hervorragender Kenner der deutschen Musikgeschichte ist. Die aufblühende Instrumentalmusik im 17. Jahrhundert hatte in Polen ein eigenes Ge präge durch den starken Einfluß, den die heimischen Tänze, die Polonäse und die Mazurka ausübten. Ihre Auswirkung griff nach Deutschland herüber, wo wir ihnen bei Joh. Schobert auf dem Klavier und bei Heinrich Albert chorisch gesetzt begegnen. Eine wichtige Rolle in der weiteren Entwicklung übernahm Joseph Xaver Elsner, der Lehrer Chopins, der als Theaterkapellmeister in Lemberg und dann in Warschau wirkte, eine „Gesellschaft zur Er haltung und Förderung derTonkunst“ begründete und aus einer Gesangs-und Deklamations schule das Warschauer Konservatorium (1821) entwickelte. Seine Opern mit polnischen Stoffen, noch mehr aberseine theoretischen Erwägungen über „Die Fügsamkeit der polnischen Sprache für die Komposition“ und über „Rhythmus und Metrum der polnischen Sprache“ lassen es berechtigt erscheinen, ihn den „Vater der polnischen Musik“ zu nennen. Von seinen Zeitgenossen muß Fürst Anton Radzuwill erwähnt werden, dessen Musik zu Goethes „Faust" schon 1810 durch die Berliner Singakademie aufgeführt wurde, und dem Beethoven seine Ouvertüre op. 115, die sogenannte „Namensfeier-Ouvertüre“, gewidmet hat, weiter hin Matthias Kamienski, dessen Singspiel „Glück im Unglück“ (1778) die erste polnische Oper war, der er noch mehrere andere folgen ließ. Ihm folgten auf diesem Gebiet Karl Kurpinski, der in den Jahren 1811 bis 1826 nicht weniger als 26 polnische Opern für Warschau