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Dresdner Journal : 26.01.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187901269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790126
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790126
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-01
- Tag 1879-01-26
-
Monat
1879-01
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 26.01.1879
- Autor
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2l Sonntag, den 26. Januar. 187V lm 8»»»«» älLr»°d»» L«t«ü« . . ll j^jLüllivt»! 4 tl»rk SO ks lciaK-locHawmsro: l« kk NaixriuUd <i«»aeot»ck«o tteiot»«» tritt Pont uo«i 8t«i>p«lru»ctll»^ üiu»u. tNsei-Ltesprcl»«: kür U«a lt»ui» vil« b«p»ltsv«o ketitrsite LV kk. Olltsr „LivU««o<1t" Ui« Loils SV kk. Dres-neMumal. Lr»<I,»t»e», Dü^Iiod mit Ao»n»t»m» 6«r govo- unü keisrtL^k .4vomi» für Uen kolbenden l'ltss. Verantwortlicher Redacteur: Hoftath I. G. Hartmann in Dresden. «7,-H.i^-S-Li ,., i > . -— In8«-n»tei»oa»Iim« »n,vLi-t», Lsipri-;: ^ranitstetter, 6ommi»«iollLr 6«, Drvuüosr louru^t-; S»wdurU- N«rltu Vi»v L»,il-V^s»l»u ^r»»tfn t ». »« Aaasenstr»» L l'oAte,; Vvrim ?r»^ r.«ip»i^ Nn-otlkurt ». H. Hüvov«ll: /tuc/ .Vu«««; L,rtm: §. /rornict, /nr a/i , Lrsm«r»: L ,- Nr«»l»u: D §ta«Aen'« üüresu; 0d«ouut»: ^ülAt; kr»iUctarl ». N.: F, ^aeA^°cti« u F t?. //errma»m- »cde Lucdüsnäluo^; VSrM»: t? L/Ä/e», 8»imov«r: <7 i8c^ü»«/<»r,' ?»ri« L«rlm - kr»L>ltiirr ». >l. Stlltt^»rt: Daube L t,o., S»»d»rU: D ^/euc/Aen, ^Ici Lteiner. NerLusxvder: ltöniel LzcpeUitivll 6e« l>rv«<io8r ^oaront«, OresUen, ^vivxerLlriu>«e Xo. LV. NachkekellumM auf das „Dresdner Journal" für die Monate Februar und März werden zu dem Preise von 3 Mark angenommen für Dre-de» bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auswärts bei den betreffenden Post anstalten. Ueber die Verhandlungen des deutschen Reichs tags wird das „Dresdner Journal" wiederum durch seinen bewährten Specialreferenten be richten. In Dresse«-Neustadt können Abonnements- bestellungen auf das „ Dresdner Journal" abge geben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 31), woselbst auch Inserate zur Beför derung an unfer Blatt angenommen werden. Aukündiguugen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung. Die Jusertionsgebühreu werden im Jnseraten- theile mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „Eingesandtes" sind die Jnsertions- gebühren auf 50 Pf. pro Zeile festgestellt, üömyl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Theil. Dresden, 25. Januar. Se. Kaiser!, und Königl. Hoheit der Kronprinz Rudolf von Oesterreich- Ungarn ist heute früh 1 Uhr 10 Mm. nach Prag zurückgereist. Dresden, 23. Januar. Se. Majestät der König hat dem Geheimen Rath Grafen von Könneritz die Erlaubncß zur Annahme und zum Tragen des dem selben von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Baden verliehenen Großkreuzes vom Orden deS Zähringer Löwen allergnädigst zu bewilligen geruht. Nichtamtlicher Theil. N e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Karlsruhe. Wien. Paris. St. Petersburg.) Zur Orirntfrage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Chemnitz. Zwickau. Crim mitschau. Colditz. Radeburg.) Statistik und Lolkswirthschaft. Eingesandte». Feuilleton. TageSkalender. Inserate. . Beilage. Vorträge über die Reich-justizgesetze II. Feuilleton. Telegraphische Witterungsberickte. Börsennachrichten. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Triest, Sonnabend, 85. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die kaiserl. königl. Seebrhörde Feuilleton. Rtdigirl von Otto Banek. K. Hoftheater. — Altstadt. — Dienstag, den 24. Januar: Die Vorstellung von Verdi's Oper „Amelia, oder der Maskenball", welcher Ihre Majestäten der König und die Königin mit Sr. kaiserl. königl. Hoheit dem Kronprinzen Rudolf von Oester reich (in der großen Mittelloge), sowie Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Georg (m der Prosceniumsloge) beiwohnten, bot einen vor züglichen Genuß in Bezug auf die künstlerischen Leistungen. An erster Stelle stand die des Hrn. Riese-Richard im schönen Vortrag der Cantilene, in Beherrschung zartester Tonfärbungen wie der inten sivsten Tonkraft. Frau Sachse-Hofmeister sang die Amelia sehr lobcnSwerth und wirkungsvoll, Hr- De- aele den Rene mit dramatisch bewegtem, charakteri stischem Ausdruck, Frl. Nanitz führte die Ulrike vor trefflich au-, und Frau Schuch gab den Pagen höchst reizend und mit graziöser Gesangsvirtuosität. Die Herren Sommer (Mattose), Decarli, Eichberger trugen wesentlich zum Gelingen der Vorstellung bei, nicht minder der Chor und die meisterhafte Leistung des Orchesters. Die Gesammrausführung unter Di- rection des Hrn. Kapellmeisters Schuch war eine vor zügliche, musikalisch präcis und fein ausgearbeitet, voll Schwung und dramatischem Leben. C. B. hat einstweilen die ärztliche Beschau der See-. Provenienzen aus Rußland angeordnet und erwar tet weitere Weisungen deS Handelsministeriums.' (Bgl. die „TageSgeschichte" unter Wien.) Paris, Freitag, 24. Januar, AbendS. (W; T. B.) Die radikalen Drputirten Haden die Ein-' bringung des Antrags auf den Erlaß einer Am nestie auf nächste Woche vertagt. (Vgl. unsere^ Pariser Correspondenz unter „TageSgeschichte"^ Dem „National" zufolge wäre General Davoust zum Chef deS GeneralstabeS ernannt. DaS Gerücht von dem DemisfionSgesuch deS HandelSministerS Teifferenc de Bort wird von unterrichteter Seite für unbegründet erklärt. In dem Processe gegen den verantwortlichen Herausgeber deS radikalen Journals „I,a 4>uv- 1«rne" wegen Verleumdung von Beamten der Polizeipräfectur wurde auf 3monatige Gefängniß- strafe und 2000 KrkS. Geldbuße, sowie auf Ver öffentlichung deS UrtheilS in dem Journal „In 4,»ot«rnk" und in noch 5 andern Blättern er kannt. Versailles, Freitag, 24. Januar, AbendS. (W T. B.) Der Senat nahm heute den Antrag Bertaud'S an, welcher die Commissionen ermächtigt, in Paris ihre Sitzungen abzuhalten. In der Deputirtenkammer legte der Minister deS öffentlichen Unterrichts, Bardour, den Gesetz entwurf vor, wonach der Primärunterricht vom 1. Januar 1881 ab obligatorisch sein soll. Nach dem Inhalt deS Gesetzentwurfs werden Familien väter, welche gegen die Bestimmungen des Gesetz entwurfs verstoßen, mit einer öffentlichen Ver warnung bedroht, und können denselben, wenn ein vierter Rückfall vorliegt, die politischen Rechte zeitweilig entzogen werden. Bukarest, Freitag, 24. Januar, AbendS. (Corr.-Bur.) Savfet Pascha ist heute hier einge troffen und wurde vom Fürsten Karl in einer Privatandienz empfangen. Konstantinopel, Freitag, 24. Januar, Mit tags. (W. T. B.) Wie verlautet, würden die Russen mit der Räumung von Adrianopel be ginnen, sobald die Besetzung von Podgorizza durch die Montenegriner erfolgt ist. Die Führer der Aufständischen in Mesopota mien haben sich den Regierungsbehörden definitiv unterworfen. Konstantinopel, Sonnabend, 25. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der britische Dampfer „Aloha", Getreide nach Antwerpen führend, ist im Bosporus infolge eines Zusammenstoßes ge sunken. Menschenleben find nicht zu beklagen. TageSgeschichte. Dresden, 25. Januar. Bei der in voriger Nacht 1 Uhr 10 Minuten erfolgten Abreife Sr. kaiserl. und königl. Hoheit des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich-Ungarn hat, dem Wunsche Sr. kaiserl. und königl. Hoheit entsprechend, eine officielle Verab schiedung nicht stattgefunden. Auf dem böhmischen Bahnhofe waren anwesend: der kaiserl. und königl. Gesandte am hiesigen königl. Hofe, Frhr. v. Francken stein, mit dem Legationssecretär Frhrn. v. Biegeleben, der kaiserl. und königl. Militärbevollmächtigte in Ber lin Prinz zu Liechtenstein, sowie die zum Ehrendienst bei Sr. kaiserl. und königl. Hoheit befehligten dies seitigen Offiziere, welche sich hier von Höchstdemselben Ein Rückblick auf Miß Sara Sampson. (Fortsetzung und Schluß zu Nr. 20.) Auch die neueste Zeit ist zu diesem Punkte hinge tappt, ohne sich dessen bewußt zu werden. Man hat sich bei der Marwood an Gestalten des modernen fran zösischen Theaters, an die Demimondeweiber, gefalle nen Engel, romantisch-praktischen Grisetten und blut dürstigen gekränkten Megären erinnert und herauSae- sunden, daß sie Alle nur lieblich oder schreckhaft be maltes Nürnberger Spielzeug gegen Lessing s Marwood sind. Sehr richtig, aber daß man sich eben bei dieser Figur an jene erinnern konnte, das ist kein Fehler im Charakter der Marwood, sondern em Fehler im Stück, welches eben, um statt eines traurigen Vorganges eine wirkliche Tragödie mit sittlicher Schuld und poetischer, zur Weltvernunft erhebender Versöhnung zu sein, einen solchen Marwoodcharakter nicht verwenden durste. Gegenwärtig erfahren wir zwar nichts Ge wisses über die Vergangenheit und das sittliche Leben der Marwood, denn beide Quellen, ihre eigene, für einen bestimmten Zweck berechnete Erzählung und die Aussagen deS charakterlosen, sich reinwaschenden Melle- fonh sind ganz unzuverlässig. Wir sehen nur ihre Handlungen, hören ihre Worte. Beide werden zwar immer nur in der erregten Lage eines gestellten Wil der gegeben, dessen augenblickliches Thun für sein Ge- sammtwesen nicht völlig maßgebend sein kann. Aber auf der Bühne uttheilt man nur nach den Visirlinien des Momentes. Diese zeigen einen infernalen Anblick. Die Marwood erregt bei uns nur das Interesse deS Bösewichtcharakters, wir sind begierig, was sie thun wird, wie denn überhaupt im ganzen Stücke das Jn- verabschiedeten, und Finanzrath v. Nostitz für die königl. Generaldirection der Staatsbahnen. Außerdem war eine größere Anzahl Damen und Herren erschie nen, welche Sr. kaiserl. und königl. Hoheit beim Be treten des Perrons ein Hoch ausbrachten. Den Zug begleitete bis Bodenbach wiederum der Transport- inspector Falkenstein. Dresden, 25. Januar Der nächste Hofball bei Ihren königlichen Majestäten wird Donnerstag, den 30. Januar, stattfinden. Vor Beginn desselben wer den die allerhöchsten und höchsten Herrschaften die ge nehmigten Vorstellungen angemeldeter fremder und ein heimischer Damen und Herren annehmen. Dresden, 25. Januar. Von der Kreishauptmann schaft zu Leipzig ist auf Grund von 88 11 und 12 des Reichsgesetzes vom 2l. October 1878 die Zeit schrift „Neue Welt. Jllustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk" verboten worden. * Berlin, 24. Januar. Se. Majestät der Kaiser hat heute, wie der „ Reichsanz." meldet, die Großmeister der drei hiesigen Großlogen des Freimaurerordens zu empfangen geruht. — Die „N. A. Z." enthält an be vorzugter Stelle und durch gesperrten Satz ausge zeichnet folgende Note: „Die Zeitungen haben in letzter Zeit wieder häufiger Mitteilungen über bevorstehende militärische Personalveränderungen gebracht, welche sich ebenso wie frühere derartige Angaben zu meist als völlig unbegründet und lediglich erfunden er wiesen haben. Die Art und Weise, wie derartige Angelegenheiten entschieden und behandelt werden, macht jedes Bekanntwerden von Plänen vor definitiver Entscheidung in der That unmöglich. Der Wunsch, daß die Presse zur Verbreitung solcher erfundener Nachrichten nicht beitragen wolle, muß um so dringen der ausgesprochen werden, als dieselben häufig auch für die Betroffenen sehr verletzend und für deren An gehörige fehr beunruhigend wirken." — Nach dem selben Blatte geben die vorläufigen vertraulichen Be sprechungen über die Weiterführung der Arbeiten der Landtagssession der Aussicht Raum, daß bis zum 20. Februar die nothwendigsten Aufgaben der Session zum Abschluß gebracht werden können, vor Allem der Staatshaushalt und die Justizgesetze; außerdem wohl nur einige Entwürfe, deren Erledigung ohne Schwierig keit erfolgen kann. Letzteres dürfte wahrscheinlich mit den Vorlagen des landwirthschaftlichen Ministers der Fall sein, über welche in der Commission bereits eine Verständigung fast vollständig erreicht ist. Auch in Bezug auf das Gesetz über die Vorbildung zum höheren Verwaltungsdienst walte sowohl bei der national liberalen Fraction wie bei der Regierung der Wunsch nach Verständigung ob, und es sei daher die Hoffnung nicht aufgegeben, daß dieselbe erreicht werden wird. Dagegen werde das Communalsteuergesetz ungeachtet der bedeutenden Fortschritte, welche die Verständigung auch auf diesem Gebiete gemacht hat, wohl nicht mehr zur Erledigung gelangen können. Die Erstattung des Generalberichtes der Budgetcommission, welcher nament lich durch die Beilagen eine umfassende Arbeit werden dürfte, erwarte man noch vor Ablauf dieses Monats. Die Berathung darüber werde dagegen nicht vor dem 3. Februar anfangen können. Bis dahin würden voraussichtlich alle Justizgesetze und die erwähnten an deren Vorlagen durchberathen sein. — Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrat Hs für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungswesen, die ver einigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Handel und Verkehr, der Ausschuß sür Rech nungswesen und der Ausschuß für Handel und Ver kehr hielten heute Sitzungen — Auch das Staats - Ministerium trat heute Mittag 1 Uhr zu einer Sitzung zusammen. — Die „Nat.-Ztg." schreibt: Der Landesökono- mierath, welcher am 22. Januar hier zusammenge- teresse, welches die Personen mehr und mehr versagen, einzig auf die Handlung hingedrängt wird, eine große Abkühlung für ein Drama, denn es tritt dadurch an die Stelle des menschlich-persönlichen Interesses das sachliche. Neben jenem Interesse, das ein Bösewicht charakter einflößt, erweckt die Marwood durchaus unsern Abscheu; sie zeigt sich nicht nur unsittlich, sondern hab süchtig, niedrig intrigant, rachsüchtig, ohne Mutterliebe, ja sogar ohne Liebe zu ihrem zehnjährigen Liebhaber; sie sagt sich mit diesem sehr unangenehm berührende, ganz außerordentliche Gemeinheiten, die nicht blos mo mentaner Haß gebären kann —, jeder andere reiche und kräftige junge Mann würde ihr ebenso willkommen sein. Diese buhlerische Vertreterin der niedrigen Wol lust, an deren Schönheitszauber man bei so nichtswür digen, das Auge stets verletzenden,Charakterzügen nicht glauben kann, gebraucht ihr coquetteS Comödiantenthum nicht um Herzen, sondern um Geldbeutel zu gewinnen, und endlich wird dieses unreine Geschöpf zur strafen den NemesiS gegen das Opferlamm Sara gemacht, das nur gefehlt, lang genug dafür gebüßt und nicht die Spur einer tragischen Schuld begangen hat. Das ist zu viel, das geht nicht. Marwood brauchte durchaus nicht unsre Verachtung zu erwerben, brauchte kein heroisches Vorbild der De- munondedamen zu sein. Mit gefallener Tugend, mit Coquetterie, mit Ueppigkeit, mit Herrschsucht, Haß und Rachsucht gegen eine Nebenbuhlerin, ja mit augenblick licher Wuth gegen einen treulosen Geliebten verträgt sich in der That sehr gut der Adel wirklicher Liebe, der Zug materieller Noblesse, die Zärtlichkeit der Mut ter. Eine Marwood, die durch diese Eigenschaften über da- Niveau einer käuflichen Schönheit hinweggehoben treten ist, hat in seiner gestrigen zweiten Sitzung die Frage der Wiedereinführung der Erbpacht oder ähn licher Verhältnisse für den ländlichen Grundbesitz in Berathung genommen. Der interessanten Verhandlung lagen zwei Anträge zu Grunde: ein allgemein gehal tener von Korn (Breslau), welcher den landwirth schaftlichen Minister uin die eingehende Prüfung der Frage ersucht, und ein detaillirter Entwurf von Grund zügen für die Einführung von Erbzinsgütern, auSge- gangen von dem Abg. v. Wedell-Malchow. Außer dem landwirthschaftlichen Minister, der sich thätig an den Berathungen betheiligte, wohnte unser Kronprinz der länger als 4 Stunden währenden Sitzung von Anfang bis zie Ende bei. Das Ergebniß der Berathung war die Constatirung eines allseitigen Einverständnisses darüber, daß zur Vermehrung der bäuerlichen Wirth- schaften, zur Besserung der ländlichen Arbeiterverhält nisse und zur Förderung neuer Ansiedelungen die Bil dung ländlicher Besitzverhältnisse, welche zwischen dem vollen Grundeigenthum und der Zeitpacht stehen, sich dringend empfehle — Wie der „Wes.-Ztg." gemeldet wird, hat das kaiserl. Oberseeamt heute entschieden, daß der Spruch des Seeamts Emden wegen Strandung des Schuners „Margaretha" dahin abzuändern sei, daß dem Schiffer Giese aus Papenburg die Befugniß zur Ausübung seines Gewerbes zu entziehen, aber die Befugniß zur Ausübung des Gewerbes als Steuermann zu belassen sei, und zwar wegen Ueberladung des Schiffes, wegen Unterlassung der Nothsignale und wegen voreiligen Aufsttandsetzens des Schiffes. U. Berlin, 24. Januar. Das Abgeordneten haus hat heute eine sehr reichhaltige Tagesordnung erledigt. Zunächst wurden auf einen von Mitgliedern aller Fractionen unterzeichneten Anttag in einer Ab stimmung folgende 7 Vorlagen in dritter Berathung sn bloe angenommen: die Staatsverträge mit verschie denen Staaten über die Begründung von Gerichts gemeinschaften; der Entwurf einer HinterlegungSord- nung; die Gesetzentwürfe, betreffend die Ausführung der deutschen Civilproceßordnung; zur Ausführung der Concursordnung; betreffend die UebergangSbestimmungen zur deutschen Civilproceßordnung und deutschen Straf- proceßordnung; betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen und betreffend die Zwangs vollstreckung gegen Beneficialerben und das Aufgebot der Nachlaßgläubiger im Geltungsbereiche deS allge meinen Landrechts. Sodann wurde der Staatsvertrag mit dem Fürstenthum Lippe, betreffend die Begründung einer Gerichtsaemeinschaft fast ohne Debatte in erster und zweiter Berathung unverändert angenommen und es folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Befähigung zum höhern Verwaltungs dienst. Zu 8 l, welcher lautet: „Zur Erlangung der Befähigung für den höhern Ver waltungsdienst (§ 9) ist ein mindestens »jähriges Studium der Rechte und der Staatswisfenfchaften aus einer Universität und die Ablegung zweier Prüfungen erforderlich;" hatte Abg. v. Ludwig folgenden Antrag gestellt: „Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Dem 8 1 solgenhe Fassung zu geben: Zur Erlangung der Befähigung sür den höhern Ver waltungsdienst ist ersorderlich l) der Nachweis eines sittlichen, mit den Vorschriften des be treffenden religiösen Bekenntnisses nicht derartig in Wider spruch stehenden Lebenswandel-, daß derselbe zu öffent lichem Aergerniß Anlaß bietet; 2) ein mindestens »jähriges Studium der Rechte und der Staatswissenschasten aus einer Universität und die Ab legung zweier Prüfungen." Der Antragsteller, Abg. v. Ludwig, führte zur Motwirung seines Antrags an, daß derselbe ein Mittel sei, der Corruption unsers Beamtenstandes vorzubeu gen. Der Abg. Frhr. v. Schorlemer - Alst trat dem Anträge mit der Ausführung entgegen, daß unsere höheren Beamten im Ganzen vollständig integer seien, wäre, die sich ohne kaufmännische Berechnung nur der Leidenschaft ihrer Gefühle hingäbe; und endlich bei den heiligen Naturrcchten auf einen Mann, dessen Kindes Mutter sie ist, die Braut jenes Mannes mit einem Dolchstoß statt mit Gist tödtete — eine Sara tödtete, die bei aller mädchenhaften Reinheit doch die Verdrängte tödtlich gekränkt hatte — eine solche Marwood und eine solche Vergeltung für Nebenbuhlerschaft würde das Stück bei geschickter Lösung der Handlung, die Sache deS Dichters ist, zu einer echten Tragödie gemacht haben. Es würde dann auch Mellefont bei ganz dem selben Charakter weniger hohl und unwürdig erschienen sein; er konnte der entführten, geliebten, in ihrer Ehre vernichteten Jungfrau Sara vor dem lieberafenden, gefallenen doch treuen Weibe Marwood den Vorzug geben; aber er durfte einen schweren Kampf in diesem Dualismus kämpfen, es erweckte unsre Theil- nahme, wenn das Weib seinem Herzen nicht fern war, wenn es ihm vermöge ihres bessern Selbst nicht fern sein durste. Sein Kind stand neben ihr. Und doch war's psychologisch, wenn seine Neigung für Sara siegte und wenn die jähe Tödtung der Geliebten ihn zum plötzlichen Selbstmord trieb. Ich will hier nicht in weitern einschränkenden Er wägungen fortfahren, wie ich sie früher fchon ausge sprochen. Lessing siand damals noch nicht in der Er- kenntniß des echt Tragischen, dessen Begriff er später als Dichter und noch mehr als größter Aesthettker für alle Zukunft sichten half. Sein Stück würde un» auch einen zeitgemäßern, sittenbildartigern Eindruck machen, wenn es treuer nach dem Original aufgeführt würde, gekürzt zwar und befreit von einigen veralteten Rede wendungen, aber doch unberührt von Einschiebseln und
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