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Dresdner Journal : 21.01.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187901217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-01
- Tag 1879-01-21
-
Monat
1879-01
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 21.01.1879
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^1« TIcMag. den ri. Jamar. 1878. Dres-mrIomnal Verantwortlicher Redacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. Schmaltz. Fromm. Nichtamtlicher Theil. UederI >«I. ä«, cl»ut»ci>eu Neiokei tritt?o,t- unck 3t«op«Iru»clll»^ Uiuiu. li» ff»!!»«» t«ut«ed« L»t«U«: . 18 N»rtr H jUkrUcd: 4 ilarie bO kk L>arstu«Hunui>»ri>: 10 ?k. Ttlegraphische Nachrichten. Lagesgeschichte. (Dresden. Berlin. Frankfurt a. M München. Wien Paris. Kopenhagen. Stockholm.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Zwickau. OelSnitz.) Statistik und BolkSwirthschaft. Feuilleton. Börsennachrichten. Telegraphische Witterungtbrrickt». Tage-kalender. Inserate. Feuilleton. Aedigirt von Otto Bonet. lnoorotouprvlne: kür 6en knnw oiasr boapaltsnon kotitooiie 20 kt. Unter „Uill^seonät" Li« Leite bv kk Lroed«l»»»t rLxliek mit Xnanadine äsr Sonn- nnä keisrtoze Xvenll» für den koizenäen Telegraphische Nachrichten. Wien, Sonntag, 1S. Januar, Abends. (W. T. B.) Wie die „Montagtrevue" erfährt, soll heute die Unterzeichnung des österreichisch-frauzöfi- schrn Handelsvertrags auf der Basts der Meist begünstigung stattfiaden. Buda-Pest,Sonntag, IV.Januar,Abends. (W. T B.) Der „Pester Correspondenz" zufolge können die Verhandlungen bezüglich der Administration Bekanntmachung, die diesjährigen Wollmärkte betreffend. Die diesjährigen Wollmärkte in Sachsen fallen in Bautzen auf den 13. Juni, in Dresden auf den 14. Juni, in Leipzig auf den 16. und 17. Juni. Dresden, am 18. Januar 1879. Ministerium des Innern, Abthcilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Io8«rl»te»»nn»>>me ouonllM»» LoipUU! F, Li-antktetter, Lolumimuoaitr a« Vrextoer ^ourLol»; UEdoro - NorUo Vt«v v«tp»tff U»»«I - 85«,I»« rr»Lkku t ». »: L ^0Ai«r, LerUu Vi»L-N»wdmL- ?r»ff-rotp,iU-rr»Lktiirt ». U. Uü»eU«o: NorUo: L /nva?> , Nrewio: F Schotte, vrsiloa : F LtanAk»'« öürvau; ^>. ^o»At; krooktort ». N.: F Fa<A«-'«:k8 u. 0. sotrs ljvedknoälun^! OürUt»: 6. L/üAk» / Uiuwov«: korti L«rU»-rnu»Utott ». U. StuUffort: Daode L (,'v.SEdarff: F' LVeutiAeo, Fci. U s r o u 8 x e d « r: XSniol. Lipeäitiov 6e» t-re«1»er ^ourviU«, Drsnäeu, Lvii>8^r»truL«e 20. K. Hostheatrr. — Altstadt. — Sonnabend, den 18. Januar, gastirte Hr. Siehr als Bertram in Meyerbeer's „Robert der Teufel". Seine Leistung war recht lobenSwerth, sicherer al« in der „Zauberflöte", der Erfolg günstiger. Einige Schwankungen in der Intonation waren unbedeutend, machten aber wieder aus die noch ungenügende Beherrschung de» Organs aufmerksam. Die Stimme hat den Borzug eine» mar kigen und nobel« Klange-, aber in der unteren Octave fehlt ihr ausgiebige Kraft und Fülle, und damit auch der entschiedene rasche Tonansatz; dies wirft auch für den dramatisch charakteristischen Ausdruck des übrigens intelligenten Vortrags beschränkend. Zudem ist eine zu geschlossene Mundstellung der Tonbildung nicht günstig. Triller und einige Toloraturstellen wurden gut ausgeführt. Sehr vortheilhaft für den Gast trat in der Taiftellung des Bertram sein routinirte» und talentvolle» Spiel hervor und seine deutliche Aussprache. Der Gesammteindruck war gewinnend. Die vorzüg lichen Gesangsleistungen in dieser Oper — vor Allem des Hrn. Riese und dann der Damen Sachse-Hof- meister und Sembrich — gewannen wieder reichen Beifall. Eine Tonschwantung zwischen Chor und Orchester in einem etwas rasch genommenen Ehorsatz de» zweiten Act» wurde auffällig. E. B Bosniens und der Herzegowina vorläufig als ab- aeschlofsen betrachtet werden; die entgilnge Eut- ickeidung über einige Kragen, über welche noch Vorarbeiten uothwendig find, ist späteren Berath- ungen Vorbehalten. Bern, Montag, LV. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bei der gestrigen Volksabstimmung über die Subvention der Gotthardbahn durch die Schweiz ist die Unterstützung dieses nationalen Unternehmens mit überwältigender Majorität an genommen worden. Dagegen stimmten nur die Cantone Waadt und Graubünden. (Nachdem Deutschland und Italien für das auf schweizerischem Boden liegende Riesenwerk 85 Millionen Frcs. « tonä psräu bewilligt haben, wird der Bund nun noch mit 4H Millionen die von den Cantonen und Eisenbahn- gesellschasten zugesicherten 23 H Millionen ergänzen.) Amtlicher Theil. Dresden, 10. Januar. Se. Majestät der König hat allergnädigst m genehmigen geruht, daß der Be triebsingenieur Alexander Ernst Theodor Freiherr von Oer in Altenburg das ihm von Sr. Hoheit dem regierenden Herzog von Sachsen-Altenburg verliehene Ritterkreuz l. Elaste deS Herzoglich Sachsen-Ernestini- schen HausordenS annehme und trage. Dresden, 13. Januar. Se. Majestät der König hat zu genehmigen geruht, daß der Universitäts-Secre- tär, Assessor Dr. jur. Meltzer in Leipzig da- ihm von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen - Altenburg verliehene Ritterkreuz H. Elaste de- Herzoglich Gachsen- Ernestinischen HauSordens annehme und trage. Miß Sara Sampson. Dieser bürgerlichen Tragödie, welche am 22. Januar neu in Scene gehen wird, hatte unser Theater schon vor 7 Jahren durch eine Darstellung seine Ausmerk samkeit zugewandt. Da der Gegenstand nicht für Alle, die sonst gern das Theater besuchen, populär ist, so empfiehlt e» sich, in gleicher Weise, wie schon damals, auf die Wichtigkeit deS Stückes und aus seine Ent stehung hinzuweisen. Vielen Lesern wird eS bekannt sein, daß Stahr in seiner Lessingbiographie die Bemerkung macht, „Miß Sara Sampson" habe der Zeit den Tribut deS Todes bezahlt, wenigstens der öffentlichen allgemeinen Theilnahme gegenüber. Wörtlich sagt er: „Miß Sara ist jetzt vergessen und verschollen, von der Bühne ver schwunden, kaum noch von einem Literaturfteunde ae- jesen. Die Marwood ist ein Charakter von solcher Großartigkeit, wie sie auf diesem Gebiete seitdem kaum wieder errichtet worden ist. An diesen Charakter hätte ein Bearbeiter de» Stückes, das in seiner ur sprünglichen Gestalt allerdings nicht mehr ausführbar ist, anzuknüpfen, um mit geringer Mühe ein Drama von großer Wirkung auch für die heutige Bühne her zustellen." Derartige Bühnenversuch« und Bearbeitungen, wenn auch, dem Himmel sei Dank, nicht so frei, nicht so verarbeitend, als sie sich Stahr dachte, sind senden, gemacht worden, und zwar mit verschiedenem Srsolg. Stahr » Aeußerung über die Verschollenheit des Stücke» sind ihm mehrfach al» Beleidigung gegen die Lessing schuldige Pietät und gegen die deutsche Intel ligenz verargt worden. Ich glaube doch mit Unrecht: Lagesgeschichte. Dresden, 20. Januar. Die Kreishauptmannschaft Zwickau hat auf Grund von 88 11 und 12 des Reichsgesetzes vom 21. October 1878 Nr. 5 der Zeit schrift „Crimmitschauer Bürger- und Bauern freund" und das fernere Erscheinen der letzteren verboten. * Berlin, 19. Januar. Nach dem neuesten „Reichsanz." werden in diesem Winter nachstehende Hoffestlichkeiten stattfinden: 25. Januar: Capitel des hohen Ordens vom schwarzen Adler; 26. Januar: Krönungs- und Ordensfest; 30. Januar: Cour und Concert bei Ihren kaiserl. und königl. Majestäten im königl. Schlosse; 31. Januar: SubscripttonSball im königl. Opernhause; 4. Februar: Soiree bei dem Oberst kämmerer Grafen v. Redern; 6. Februar: Ball im königl. Schlosse; 10. Februar: Soiree bei dem Oberst kämmerer Grafen v. Redern; 13. Februar: Assemblee bei dem Vicepräsidenten des Staatsministeriums, Grafen zu Stolberg-Wernigerode; 17. Februar: Ball bei dem italienischen Botschafter Grafen v. Launay; 20. Februar: Ball im königl. Palais; 25. Februar (Fastnacht): Ball im königl. Schlosse. — Nachdem in neuerer Zeit mehrfach Klagen über die mangelhafte Beschaffenheit deS zu den Stande sregistern verwen deten Papiers laut geworden sind, hat der Minister deS Innern Veranlassung genommen, durch Vermitt lung deS Ministers für Handel und Gewerbe ein Gut achten der königl. technischen Deputation für Gewerbe darüber einzuziehen, mittelst welcher Maßregeln gegen den gerügten Uebelstand Abhilfe zu schaffen sein möchte. Die gedachte Deputation hat sich nunmehr zur Sache dahin ausgesprochen: ES empfehle sich in Zukunft bei der Beschaffung deS zu StandeSregistern zu verwen denden Papiers als erste Bedingung aufzustellen, daß das Papier aus reinen Lumpen gefertigt sein müsse. Als mindestes Gewicht für das Doppelformat von 500 Bogen bei 450—750 ww werden 34 kg festge setzt. Der Minister hat die Beschaffung eines den im Gutachten sestgestellten Bedingungen entsprechenden Papier- für die Standesregister anbefoblen, auch wenn die Beschaffungskosten sich höher belaufen sollten, als bisher. — Ueber die Thätiykeit der Zolltarifreform- commisslon finden sich m mehreren Zeitungen Mit- theilungen, welche ganz oder zum Theil unrichtig sind. Es ist zunächst falsch, daß die Commission bereits eine dritte Sitzung abgehalten hat. Die Vorarbeiten, welche von den einzelnen Referenten zu leisten sind, sind nach der „N A. Z." derartig umfangreich, daß es sich zur Zeit noch nicht übersehen läßt, wann die Commission im Plenum zusammenkommen wird. Es müssen daher alle Angaben über Vorgänge in der Commission, welche sich in die Oeffentlichkeit hinein schleichen, mit großer Vorsicht ausgenommen werden. — Nach demselben Blatte wird das in Sachen des „Großen Kurfürst" berufene Kriegsgericht in der nächsten Woche zusammen» treten. Ein Endresultat der Verhandlungen, welches der Oeffentlichkeit übergeben werden kann, ist vor Ende Februar schwerlich zu erwarten. — Wie die „Post" hört, wird vom Reichskanzler ein Antrag an den Bun- deSrath vorbereitet, welcher die Regulirung der Eisen bahntarife auf dem Wege der Gesetzgebung nach Ana logie der Posttarife bezweckt. — Von der kaiserl. Marine liegen folgende neuere Meldungen vor: Die gedeckte Corvette „Leipzig", 12 Geschütze, Commandant Capitän z. S. Paschen, hat am 25. November 1878 Kobe verlassen und ankerte, nach dem Besuch mehrerer Häfen an der Südküste Nipons, am 29. November in Aokuhama. Die Glattdeckscorvette „Freya", 8 Ge schütze, Commandant Corvettencapltän v. Nostitz, hat am 9. December 1878 von Hongkong aus die Reise nach Formosa und den nördlichen Häfen von China angetreten. Das Kanonenboot „Cyklop", 4 Geschütze, Commandant Capitänlieutenant v. Schuckmann I., ist von Tientsin nach Hongkong und Kanton in See ge gangen. U. Berlin, 18. Januar. Das Abgeordneten haus hat heute m zwei Sitzungen die zweite Be- rathung des Cultusetats zu Ende gesührt. In der Vormittagssitzung wurden nach wenig erheblicher De batte Capitel 126 (Kunst, Wissenschaft), ohne Debatte 126« (gewerbliches Unterrichtswesen) genehmigt. Bei Capitel 127 (Cultus und Unterricht gemeinsam) wie derholt Abg. Franssen die Beschwerden über die alt katholischen Professoren in Bonn und bringt nament lich den Vorgang zur Sprache, wobei das Conclave und der Papst verhöhnt sein soll. So habe in einem von Professoren unterzeichneten Wahlaufruf die allen Katholiken heilige Persönlichkeit des Oberhauptes der Kirche „freche, niederträchtige Beteiligungen" erfahren. (Lärm.) Redner richtet deshalb an den Cultusminister die Bitte, den Bonner Professoren, namentlich den altkatholischen, Anstand und Sitte zu lehren. Der Cultusminister bemerkt in Rücksicht auf die vom Vorredner gebrauchten Ausdrücke, er müsse sich wundern, was im Laufe der Zeit Alles parlamen tarisch erlaubt worden ist. Der Minister verliest so dann eine Correspondenz zwischen dem Oberbürger meister Kaufmann und dem Vorstand des Bonner Gesellschaftsvereins, wonach der Vorfall nicht den vom Vorredner gerügten blasphemischen Charakter gehabt hat. Präsident v. Bennigsen bemerkt in Bezug auf die Aeußerung deS Ministers, er könne es auch nicht für wünschenSwerth finden, wenn Mitglieder des Hauses dritte Personen bezeichnen mit Ausdrücken, die zweifel los injuriös sind. ^Als Vorsitzender dieses Hauses habe er aber nicht das Recht und auch insoweit nicht die Pflicht, dritte Personen, welche weder dem Hause, noch der Regierung angehören, gegen derartige Belei digungen in Schutz zu nehmen Er müsse vielmehr den einzelnen Mitgliedern überlassen, wie weit sie in ihrem eigenen Interesse und auch im Interesse der Privilegien dieses Hauses glauben, es verantworten zu können, dritte Personen mit derartigen Ausdrücken zu beleidigen. Abg. Franssen bemerkt, er werde die Tribüne dieses Hauses immer wieder benutzen, wenn die Bonner Professoren eine gleiche „Frechheit" wieder begehen werden. Der Präsident erklärt, daß zu diesem letzten Ausdruck keine Veranlassung vorhanden war. Der Abg. Nasse bemerkt, dem Abg. Franssen gegenüber müsse er im Hinblick auf die gegen geschätzte Collegen ge richteten Beleidigungen die Worte jenes französischen Ministers wiederholen: „Häufen Sie das Maß Ihrer Beleidigungen: Sie werden niemals das Maß unserer Verachtung erreichen!" Der Präsident erklärt den letzten Ausdruck für nicht parlamentarisch. Die Abgg. Bachem, Dauzenberger und Windthorst (Meppen) bringen wenn man schonungslos und ohne Schminke sprechen will, darf man seine Worte wohl weiter auSdehnen und sich mit Wehmuth fragen: was würden die größern gebildeten Kreise (denn um eine literarische Elite kann es sich nie handeln) wohl durch Lecture von den Wer ken Lessing's kennen, wenn ihnen nicht durch Auge und Ohr das Repertoire aller guten Bühnen die drn dramatischen Meisterwerke desselben: „Minna von Barnhelm", „EmiliaGalotti" und „Nathan der Weise" von Zeit zu Zeit zuführten? Den Ruhm unsrer Classiker im Munde zu führen und mit Ausnahme von Goethe und Schiller beinahe gar nichts mehr von ihren Werken zu lesen, ist neben vielen bedenklichen Bildungszeichen ein wenig erfreu liches für unsre jüngere Generation. ES ist an der Zeit, ihr dies rücksichtslos zu sagen, weniger aber hat man ein Recht, der deutschen Bühne einen großen Vorwurf daraus zu machen, daß sie neben den genann ten drei Werken Lessing's nicht stets auch „Sara" als daS vierte aufrecht erhalten, oder eS ihnen längst wieder beigesellt hat. Der Jahreskreislauf ist für jede Bühne von fest begrenztem Umfange, gar viele Dichternamen ersten, zweiten und dritten Ranges aus der gejammten Welt literatur haben sich in den LykluS von circa drei hundert Vorstellungen incl. der vielen Repetitionen zu theilen; dazu kommt noch der Novitätenschatz von Ein- tagSpoeten, welche da- Recht der Gegenwart und ihre localen Interessen für sich haben; und ferner auch die UebersctzungSliteratur des modernen Treibens unsrer Nachbarn. Diese Thatsachen rufen ein fortwährendes Ringen um den Platz hervor, und wenn damit auch ein ebenso fortwährendes Ausscheiden deS Nichtlebens fähigen, der Zeit Verfallenden Hand in Hand geht, so wächst doch das Repertoire zu einer immer größern Vielseitigkeit heran. Der Kampf um das Dasein, wel ches hier der Raum ist, wendet sich auch gegen daS noch Lebensfähige, wofern es das Aeltere oder sogar das Alte ist, und zwar mit der innern unausgesprochenen und vom Publicum unterstützten Devise: Der Lebende hat Recht. Wenn sich daher Theaterstücke fünfzig, ja hundert Jahre unwandelbar auf dem Repertoire erhal ten sollen, so müssen sie nach allen Seiten hin muster- giltig und für die Charakteristik ihres Schöpfers als Bühnenpoeten unentbehrlich sein. Sobald sie diese An forderungen irgend wie nicht erfüllen, werden sie ohne Gnade von der specifischen Druckkraft der neuen Mas sen zurückgedrängt — -ine natürliche Ausscheidung, die nur zeitweise durch einen bestimmten Entschluß wieder aufgehoben werden kann. Daß sowohl bei jenem AuS- rangiren wie bei diesem Wiedereinsetzen Willkür, Igno ranz und blinde Zufälligkeiten manchen Streich spielen, ist unleugbar, ändert aber an dem allgemeinen Gange der Dinge wesentlich gar nichts. Und in der That ist da- Zurückdrängen der „Miß Sara Sampson" erklärbar genug und keines wegs ein Gewaltact. Steht doch dieses Werk durchaus in dem UebergangSstadlum zwischen Lessing's frühesten Dichtungen und seinen späteren reif geklärten, wahrhaft klassischen Leistungen. Die meisten Leser wissen, daß eine ganze Folge von Bühnenversuchen der „Sara" voraufging. Schon als Leipziger Student hatte Lessing das Glück, daß „der junge Gelehrte", den er umgearbeitet hatte, von der Neuberin aufgeführt wurde Um freien Theaterbesuch zu erlangen, übertrug er mit seinem Freunde Weiss« weitere Beschwerden vor, auf welche der Regierung- commissar antwortet. Abg. vr. Virchow ruft den Herren vom Centrum zu, sie seien jetzt in einem Sta dium der Nervosität, in dem sie Alles, was »bnen sonst als ein natürliches Zubehör des katholischeu Lebens erschien, als eine Art von Belcidigung auf fassen, wenn eS aus einem Kreise kommt, in dem das nicht ganz traditionell ist. Wenn das Lied „Der Papst lebt herrlich in der Welt" heute gedichtet und ie es als etwas Neue- singen hören würden, — er ei überzeugt, sie würden gleich sagen: daS gehört vor >cn Staatsanwalt. (Heiterkeit.) Nachdem auch noch >er Abg. LaSker das Wort ergriffen und vor leicht- ertiger Schwätzerei gewarnt hatte, wurde die Debatte geschlossen, worauf sodann der Abg. Fransten erklärt, der Gebrauch der mehrfach gerügten Worte seinerseits sei in seiner Aufregung über den Vorfall begründet; er nehme aber die Worte, soweit sie die Würde deS Hauses betreffen, zurück. Die Position selbst wurde nun genehmigt und darauf die Sitzung vertagt bis Abends 8 Uhr. — In der Abendsitzung kam zunächst zur Berathung Titel 3 des Cap. 127: 3 305 731 M. zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlichen aller Bekenntnisse. Abg. Windt horst (Meppen) beantragt, diesen Fonds auch den jüdischen Religionsdienern zu Gute kommen zu lassen. Geh. Rath LucanuS beruft sich darauf, daß nach der Entstehungsart des Fonds derselbe nur für Geistliche im Sinne deS Landrechts, d. h. für Kirchendiener der christlichen Confessionen bestimmt sei. Auf den An trag des Abg. Magdzinöki wird der „Antrag Windt Horst" der Budgetcommission überwiesen. Beim Tit. 15: 500000 M. zur Entschädigung der Geistlichen rc. für den Ausfall der Stolgebübren beantragt Abg. Techow, die Mittel auch zu Beihilfen an solche Kirchengemein den zu verwenden, in denen die Stolgebühren ganz oder zum Theil aufgehoben sind, so lange und inso-. weit die bisher empfangsberechtigten Geistlichen rc. im Amte verbleiben. Dieser Antrag wurde angenommen und der Titel genehmigt. Der Abg. v. Heereman kommt auf daS sogenannte Ordensgesetz zu sprechen und kann nicht verstehen, wie man die ttösterlichen, zur Krankenpflege bestimmten Genostenschaften habe aufheben können, bereu Mitglieder sich gänzlich den Werken der Barmherzigkeit widmen und die überall die höchste Anerkennung gefunden haben. Abg. Windt horst (Meppen) äußerte, eS sei himmelschreiend, daß im 19. Jahrhundert in Preußen ein Gesetz mit solchen barbarischen Bestimmungen erlösten werden konnte. Präsident v. Bennigsen bezeichnet den Ausdruck „bar barisch " als unparlamentarisch. Abg. Windthorst (Mep pen): Ich weiß in der That keinen andern Ausdruck dafür; wenn mir der Herr Präsident einen solchen suppeditiren wollte, so wäre ich ihm sehr dankbar. Präsident v. Bennigsen: Dazu ist der Präsident nicht da, einem Redner einen fehlenden Ausdruck zu sup peditiren. So lange ein Gesetz besteht, sind Sie nicht berechtigt, dasselbe zu schmähen; der Ausdruck ging über die zulässige Kritik deS Gesetzes hinaus. Bei Cap. 129: Allgemeine Fonds, erklärt Abg. Windthorst (Meppen), daß er beabsichtigt hätte, bei diesen Positionen die Frage der Simultanschule zur Sprache zu bringen; aber sie sei ihm viel zu ernst, als daß er sie in einer Abendsitzung besprechen wollte; er behalte sich die- für die dritte Lesung vor. DaS Haus genehmigt dieses Capitel, sowie die einzelnen Titel des Extraordinariums. Damit ist der Etat des Cul- tusministeriums excl. des Cap. 126« „Technische- Un terrichtswesen" erledigt, welches für die nächste Sitzung (Dienstag) auf die Tagesordnung gebracht wird. Frankfurt a. M., 18. Januar. In der heutigen Strafkammersitzung kam die Klage des württember- gischcn Landtagsabgeordneten Dr. Karl Mayer gegen den Redacteur der „Frankfurter Presse", Hrn. Rein
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