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ergeben würde. In der Condensatorwirkung tritt Dir hingegen etwas völlig Neues entgegen, wenig stens soweit es dynamische Elektricitätserscheinun- gen anlangt. Du wirst andererseits erkennen, dafs Dir dieselbe von den statischen Erscheinungen, wie dieselben in der Experimentalphysik bei der Reibungselektricität gezeigt wurden, noch wohl vertraut ist und dafs sie gleichsam ein Bindeglied zwischen den Erscheinungen der statischen und der dynamischen Elektricität liefert. Um Dir aber zunächst über die Art ihrer Wirkung einen Begriff zu verschaffen, wird es sich wohl am meisten empfehlen, an eine Dir geläufigere Analogieerscheinung anzuknüpfen, wozu sich hier, wie auch schon früher, das Wasser darbietet. Stelle Dir eine mit Wasser gefüllte, in sich geschlossene Rohrleitung vor. An irgend einer Stelle möge sich in derselben eine Kraftquelle befinden, welche das Wasser in Bewegung zu setzen vermag, und zwar möge dies einmal eine Saug- und Druckpumpe sein, welche das Wasser nur in einem Sinne umzutreiben vermag, und ein zweites Mal ein hin und her gehender Kolben, welcher das Wasser abwechselnd nach der einen und der andern Richtung treibt. Dafs diese beiden wassermotorischen Bewegungsvorrichtun gen einem Gleich- und einem Wechselstrom generator entsprechen, brauche ich kaum noch hinzuzufügen. Setzen wir das Wasser, ebenso wie früher die Frictionsmolecüle, als incom- pressibel voraus und nehmen zunächst keine Unterbrechung in der Rohrleitung an, so wird die auf das Wasser übertragene Arbeit entweder nur durch Reibung desselben an den Rohr wandungen aufgezehrt werden, entsprechend der elektrischen Leiterwärme, wie sie in den Kupfer leitungen oder in den Kohlenbügeln der Glüh lampen auftritt, oder sie wird an irgend einer andern Stelle der Rohrleitung gröfstentheils auf einen motorartigen Mechanismus übertragen werden können und zwar für das gleichströmende Wasser auf eine Turbine und für das wechselströmende Wasser wiederum auf einen hin und her gehenden Kolben, von wo sie ja leicht in eine gleichsinnig drehende umgewandelt werden kann. — Stelle Dir jetzt die Leitung an einer Stelle unter brochen und beide Enden mit einem festen Ver- schlufs versehen vor, so könnte zwar in beiden Fällen ein statischer Wasserdruck durch den Generator hervorgerufen werden, entsprechend der Klemmspannung einer Dynamo mit offenem Stromkreis, eine Arbeitsübertragung ist jedoch zunächst weder beim gleich- noch beim wechsel strömenden Wasser möglich. Machst Du aber nun die Annahme, dafs die Leitung nicht starr wie eine Eisenrohrleitung sein soll, sondern bei Druck erweiterungsfähig und zwar positiv und negativ, wie etwa eine Leitung aus Kautschuk rohr, so ist dieselbe fähig, je nach dem Druck verschieden grofse Wassermengen aufzunehmen oder zu condensiren im elektrischen Sinne. Bei gleichströmendem Wasser ist zwar auch dann noch keine dauernde Arbeitsübertragung möglich, da nur bei Beginn der Generatorbewegung in der Druckrichtung eine bestimmte Wassermenge befördert wird, die proportional mit der Elasticität der Rohrleitung entsprechend der Dielektricitäts- Constanten des umgebenden Mediums und ebenso proportional mit der Gröfse des ausgeübten Wasserdruckes entsprechend der angewandten elektrischen Spannung ist, wobei natürlich von einer Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze ab- strahirt wird. Es tritt jedoch sehr schnell wieder ein statischer Zustand ein. — Ganz anders liegen jedoch die Verhältnisse bei dem wechselströmen den Wasser. Hier ist sehr wohl eine dauernde Kraftübertragung möglich, da dieses soeben be sprochene Anfangsstadium der Bewegung infolge des Wechselns der Richtung zu einem dauernden gemacht worden ist, und die beförderte Wasser menge oder besser die Mengeder Wasserbewegung ist aufser mit den beiden obengenannten Factoren, der Gapacität und dem Druck, auch noch mit der Anzahl der Wechsel, d. i. hier der Kolben bewegungen, in der Zeiteinheit proportional. Da für jede Stelle der Leitung nur immer die Gapacität desjenigen Leitungstheiles in Betracht kommt, welcher vom Generator aus hinter dieser Stelle liegt, so wird für den oben angenommenen Fall der einfachen Leitungsunterbrechung die Wasserbewegung und hiermit die Möglichkeit der Kraftübertragung stetig von einem Maximum in dem an den Generator stofsenden Theil der Leitung bis auf Null an dem Ende oder der Unterbrechung der Leitung abnehmen. Denkst Du Dir hingegen am Ende eine gegen die Leitungscapacität grofse Gapacität in Gestalt eines sehr elastischen Kaut schukballons oder eines grofsen Windkessels angebracht, so wird die Wasserbewegung auf der ganzen Leitungslänge annähernd gleich bleiben. An einer beliebigen Stelle der Leitung kannst Du Dir nun einen Wechselstrom-Wassermotor ange bracht denken, auf welchen der gröfsere Teil der Generatorarbeit übertragen wird, wodurch die Möglichkeit der Kraftübertragung mit einer ein fachen Hinleitung gegeben ist. Du wirst Dir bereits selbst gesagt haben, dafs die Verhältnisse bei den elektro-dynamischen Vorgängen den soeben beschriebenen vollkommen analog sind. Es ist nur nöthig, an Stelle des Wassers die Elektricität, oder nach Maxwells Anschauung die Frictionsmolecüle treten zu lassen und Leitung, Druck und Gapacität u. s. f. in elektrischem Sinne zu fassen, um dieselben Ver hältnisse zu haben. Auch das Erweitern der Leitung ist nach Maxwells-Auffassung bei den elektrischen Vorgängen vorhanden; Du brauchst Dich nur daran zu erinnern, dafs nach seiner Annahme die Frictionsmolecüle in dem den Leiter