Volltext Seite (XML)
November 1892. ,STAHL UND EISEN.“ Nr. 22. 989 beschäftigten. So schreibt mir ein Puddlings- und Walzwerk des Dortmunder Bezirks: „Die Ruhe pausen für jugendliche Arbeiter ergeben sich in unserem Betriebe ganz von selbst. Wir sind auf je 5 bis 6 Sätze pro Schicht eingerichtet. Das Wärmen eines Satzes erfordert etwa eine Stunde und ebenso das Herauswalzen; mithin haben die jugendlichen Arbeiter in der 12stündigen Schicht je 5 bis 6 Stunden Ruhe. Die ganzen Nebenarbeiten der jugendlichen Arbeiter bestehen bei uns nur in dem einmaligen Kehren der Belegplatten an den betreffenden Arbeitsstellen.“ Das sind, wie zugegeben werden mufs, besonders günstige Verhältnisse, die nicht auf jedem Werke zutreffen. Was aber nach den von mir angestellten Erfahrungen auf allen Werken thatsächlich zutrifft, ist eine effectiv arbeitsfreie Zeit von mindestens 3 Stunden in 12stündiger Schicht. Diese Zeit von insgesammt drei arbeitsfreien Stunden für die 12stündige Schicht kann und will jedes Walz- und Hammerwerk den jugendlichen Arbeitern garantiren, und dafs damit in hygieinischer Beziehung vollauf genug geschieht, dürfte nicht erst des besonderen Nachweises bedürfen. Sollen also die jugendlichen Arbeiter noch fernerhin beschäftigt werden, so mag man sich diese Garantie von den Werken geben lassen und dafür die in Rede stehenden Ausführungsbestimmungen aufheben, ehe es zu spät ist. Die Industrie hat damit ihr Entgegen kommen betreffs der Fortbeschäftigung der jugendlichen Arbeiter gezeigt und kann nunmehr der entscheidenden Stelle gegenüber sich auf das Dichterwort beziehen: ,Cardinal, ich habe das Meinige gethan; thun Sie das Ihre!“ — (Lebhafter, allseitiger Beifall!) Vorsitzender: Zu Anträgen giebt der Vortrag keine Veranlassung, wohl aber mit Rücksicht auf die Schlufsworte zu der Erklärung, dafs wir auch seitens des Vereins bereit sein werden, die Versicherung zu geben, den jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken eine dreistündige arbeitsfreie Zeit während der zwölfstündigen Schicht zu gewähren, selbstverständlich ohne dann eine tabellarische Aufzeichnung, wie sie die bundesräthliche Ausführungsbestimmung will, zu übernehmen. Ich spreche dem Herrn Redner im Namen unseres Vereins für den lichtvollen Vortrag über den für uns an sich nicht sehr erquicklichen Gegenstand lebhaften Dank aus. Wir gehen nun über zum dritten Punkt der Tagesordnung: Ueber Verbesserungen an Martinöfen nach den Patenten von Schönwälder. Hr. Inspector Dowcrg-Friedenshütte: In dem Maiheft des vorigen Jahres von ,,Stahl und Eisen“ war eine kurze Beschreibung einer neuen Martinofen-Gonstruction wiedergegeben, welche dem Friedenshütter Obermeister Hrn. H. Schönwälder unter Nr. 55 707 patentirt worden war. Man entschlofs sich auf der Friedenshütte nicht ohne weiteres, Schönwälders Idee ins Praktische zu übertragen, da man nicht durchaus von dem Nutzen derselben überzeugt war und sie zunächst für zu kostspielig in der Ausführung erachtete. Als indessen einer der beiden Friedenshütter Martinöfen in den Regeneratoren der Reparatur wegen bis auf den Grund ausgeräumt werden mufste, und Hr. Schönwälder behauptete dafür garantiren zu können, dafs die Haltbarkeit des Ofens sich gegen früher erhöhen würde, wenn wir ihm nur gestatten wollten, ohne jede gröfsere Bauarbeit die ihm patentirten Kanäle anzulegen und dieselben mit Schiebern zu versehen, erlaubte man ihm das und es wurden mit einem geringen Kostenaufwand, auf welchen ich später noch zu sprechen komme, die Kanäle eingebaut, die aus Ghamottsteinen bestehenden Absperrschieber eingehängt und der Ofen in Betrieb genommen. Weder die Betriebsleitung noch das Personal der Martinöfen erwartete zunächst von den Schiebern etwas Besonderes. Aber schon nach kurzer Zeit des Betriebs zeigte es sieb, dafs sie doch ein äufserst bequemes Hülfsmittel boten, um das Anbrennen einzelner Theile im Ofen, namentlich der Köpfe und des Gewölbes, erfolgreich zu verhindern. Trotzdem aufserordentlich viel herumexperimentirt wurde, um die Brauchbarkeit des Schiebers für alle möglichen Zwecke und Betriebsvorfälle, welch letztere man zum Theil künstlich herbeiführte, auszuprobiren, war das mit dem Ofen erreichte Resultat schon ein aufsergewöhnlich günstiges. Er hielt 302 Chargen und machte 3740 t Blöcke, während vorher die günstigste bei den beiden Oefen überhaupt erreichte Chargenzahl 191 betragen hatte mit 2300 t Blöcken, und die ungünstigste 68 mit 722 t Blöcken. Der Durchschnitt war bei den beiden in Friedenshütte vor handenen Oefen 147 bezw. 152 Chargen mit 1560 bezw. 1412 t Blöcken in je einer Hüttenreise. Das Resultat des neuen Ofens war also ein recht gutes. Das Gewölbe hatte sich so schön gehalten, dafs nur 1 l i Steinstärke desselben abgeschmolzen war, die Köpfe waren allerdings noch nicht gleich- mäfsig genug aufgearbeitet, immerhin aber so sehr viel gleichmäfsiger als früher, dafs darauf in allererster Reihe die längere Campagne zurückgeführt werden mufste. Denn fast immer waren bei einer früheren Hüttenreise die Köpfe daran Schuld, dafs der Ofen abgesetzt und in Reparatur genommen XXII12 2