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Hr. Lürmann erwähnt noch, dafs Ruhrort mit 24 Solvay-Oefen in einem Jahre 50280 durch die Verwerthung der Nebenproducte gewonnen habe, und rechnet später aus, dafs das Anlagekapital in reichlich 2 Jahren wieder gewonnen werde. Obige Summe ist völlig uncontrolirbar, da gar kein Anhalt gegeben ist, welche Preise Solvay den Ruhrorter Werken bezahlt, bezw. welche Preise sich Ruhrort selber ansetzt, ob das Brutto- oder Reingewinn u. s. w. ist. Thatsache dagegen ist, dafs sogenannte theurere Otto-Hoffmann-Anlagen durch den Reingewinn an Nebenproducten ohne Benzol- und Dampfverwerthung schon in etwa 31/2 bis 4 Jahren völlig amortisirt worden sind und zwar in Jahren, welche nicht sehr hohe Produetionspreise erzielen liefsen. Das Ausbringen an Theer und Ammoniak ist bekanntlich gegenüber anderen Ofensystemen bei Solvay-Oefen sehr gering; nicht allein die Beimischung der Magerkohle ist daran schuld, theilweise in sehr hohem Mafse die Betriebsweise und Construction. Wollte ich eine Gegenrechnung aufstellen, die aber sehr wenig Werth hat, da jede Kohle Aenderungen in den Betriebs- wie finanziellen Resultaten herbeiführt, so würden die Construc- tionen der Otto-, Hüssener- und einiger anderen wirklich guten Oefen bei gleichen Preisannahmen, wie sie Hr. Lürmann macht, einen ungleich höheren Werth als Gewinn pro Ofen herausrechnen lassen. Boi der heutigen Marktlage gilt aber, wie Hr. Leistikow vom Benzol schon sagt, dafs das, was ich heute vielleicht als richtig berechne, schon in wenigen Wochen nicht mehr stimmt und die Rechnung völlig in der Luft schwebt. Ich hoffe, durch meine etwas länger, als zuerst beabsichtigt, gewordenen Ausführungen über zeugend nachgewiesen zu haben, dafs mit den Solvay-Oefen keine so durchgreifende Aenderung unserer bisherigen Kohlendestillation herbeigeführt worden ist, um dieserhalb von bisher bewährtem Guten, das gleichen oder mehr Nutzen bietet, ab zugehen und diese Oefen als die Zukunftsöfen und das Bessere ansehen zu können. Die Solvay- Oe fen werden, mit den Erfahrungen undVer- besserungen der alten Oefen ausgerüstet, in der Reihe der verwendbaren Ofencon- struetionen mitlaufen, und die älteren Ofenconstrueteure werden die kleinenVor- züge, welche die Solvay-Oefen aufweisen und welche ich oben anführte, bei ihren Oefen mit gleichem Nutzen verwerthen. Nun noch ein Wort zu der Frage der Volks- wirthschaftlichen Bedeutung der Gewinnung der ( Nebenproducte. Ich weifs nicht mehr genau, wer zuerst die Losung ausgab: „Unbegrenzte Absatzfähigkeit“. Die Losung ist aber irgend einmal gegeben worden Und hat unbesehen Weiter Verbreitung und in weiten Kreisen unbedingten Glauben gefunden; XX.12 nur die Leute, welche die Nebenproducte ver kaufen mufsten, wissen ein anderes Lied von den sehr engen Grenzen der Absatzfähigkeit zu singen. Benzol: Dieses ist noch vor ganz kurzer Zeit dasjenige Product gewesen, welches die Aetien der Kohlendestillationen ins Ungeahnte steigen liefsen; Verkaufspreise von 1,70 K bei etwa 38 bis 40 8 Selbstkosten mufsten ja unwillkürlich Hausse er zeugen und jeden Kohlendestillateur (fast ohne Ausnahme) veranlassen, das Kapital für solche rentable Anlage aufzuwenden, um so mehr, als trotz äufserster Geheimhaltung der Fabricationsmetho- den seitens der ersten Constructeure sehr bald die Sache von Jedermann hergestellt und die ver- hältnismäfsig einfache Gewinnung eingerichtet werden konnte, wenn auch mit vielleicht sehr grofsenUnterschieden in der procentualen Ausbeute. Vor etwa 3 Jahren wurden seitens der Kohlen destillationen etwa nur 28000 kl Benzol im Monat dargestellt und in den Handel gebracht, heute über steigt die Production in diesen Anstalten die Summe von 300000 kl schon um ein Bedeutendes; auf der Seite der Production also fast eine 12 malige Zu nahme, dagegen auf der des Verbrauches eine solche, welche man geradezu als Null bezeichnen kann. Der Vortheil der Herstellung von Benzol in Deutschland besteht heute thatsächlich nur darin, dafs wir nicht mehr mit dem Bezüge so aufs Ausland angewiesen sind, wie früher. Die grofse Ueberproduction macht sich im Verkaufspreise naturgemäfs ganz bedeutend be merkbar; ein Preis von 40 8, wie er heute kaum zu erreichen ist, ist ein solcher, der nicht mehl* die Selbstkosten deckt und wahrlich nicht zu bedeutenden Neuanlagen reizen kann, es sei denn, dafs neue Verwendungszwecke gefunden würden. In gleicher Lage befindet sich der Markt in Bezug auf die anderen, bei der Benzolgewinnung resul- tirenden Produete. Auf lange Zeit hinaus ist hierin überhaupt keine Besserung zu erwarten, wenn auch hin und wieder einmal das eine oder das andere Product lohnende Preise für kurze Zeit aufweisen sollte. Aehnlieh liegt die Sache beim Theer: Nicht 40 • pro Tonne sind heute zu erzielen, 28 und höchstens 30 JC ist der Verkaufspreis für einen höchstens 2% Wasser haltenden Rohtheer. Während in den letzten Jahren das Pech für die Brikett- fabrication einen Rückhalt für die Steifigkeit der Theerpreise bot, ist seit einem Jahre durch den allgemeinen Rückgang der Kohlenpreise die Hausse in der Brikettfabrication völlig zum Stillstand gekommen und damit gleichzeitig ein Druck auf die Pechpreise ausgeübt werden, so dafs wir auch darin nur starke rückläufige Bewegung verzeichnen können. Die übrigen Produete aus dem Theer zeigen schon seit Jahren nur ganz vereinzelte und vorübergehende höhere Preisstände und sind meist auf einen kaum lohnenden Preis herab gesunken. Diese Sachlage zu ändern, sind wir in 4