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der alsdann vorhandenen Meh rhe i t der Arbeiter nicht mehr entspricht, weil die nachErlafs der Arbeitsordnung in die Fabrik eintretenden Arbeiter über dieselbe gar nicht gehört werden. Bei dem bekannten Wandertrieb unserer Arbeiter bevölkerung in grofsen Industriebezirken müfste also die Anhörung der Arbeiter mindestens all jährlich geschehen und ebenso oft die Arbeits ordnung den jeweiligen Wünschen der Arbeiter gemäfs umgeändert werden, eine Schlufsfolgerung, welche selbst der Verfasser des Entwurfs der Gewerbeordnungsnovelle als unumgänglich, zu gleich aber als undurchführbar erkennen mufste. Mufs sonach den Bestimmungen des § 134 d aus inneren Gründen jeder Nutzen abgesprochen werden, so ist der Schaden, der durch dieselben angerichtet werden kann, keineswegs zu unter schätzen. Wir haben bereits früher darauf hingewiesen, dafs die auf Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeiter hinwirkenden Elemente sich des im § 134 d liegenden Agita tionsmittels in ausgiebigster Weise bedienen werden. Dies ist von den Vertretern der Social demokratie in der Reichstagscommission unum wunden angekündigt worden. Wo die social demokratische Agitation der Arbeiter irgendwie Fufs gefafst hat, da wird es an einer im Sinne der Socialdemokratie aufgestellten, für den Ar beitgeber unannehmbaren Arbeitsordnung nicht fehlen, um sie derjenigen des Arbeitgebers gegen überzustellen. Dann aber wird selbst da, wo die Verhältnisse sich bis jetzt noch friedlich oder wenigstens erträglich gestaltet haben, der Grund gelegt, auf welchem Unzufriedenheit und Ver schlechterung der Beziehungen zwischen Arbeiter und Arbeitgeber von den Agitatoren kräftig ent wickelt werden können. Dasselbe gilt von Arbeiterausschüssen, die hier und da vortreffliche Folgen haben mögen, die man aber in manchen Betrieben und manchen Gegenden nicht einrichten kann, weil die ge gebenen Verhältnisse sich nicht dazu eignen. Die Regierung selbst hat deshalb mit Recht davon abgesehen, Arbeiterausschüsse obligatorisch zu machen. Ob und in welcher Form derartige Ausschüsse zweckmäfsig erscheinen, mufs dem freien Ermessen des Arbeitgebers nach Mafsgabe der eigenartigen Verhältnisse seines Betriebes überlassen bleiben. Dafs die Arbeiter viel zu weit gehende Competenzen für solche Ausschüsse zu fordern geneigt sind, haben uns die „Resolu tionen“ niederrheinisch-westfälischer Bergarbeiter versammlungen gezeigt. Die Ausschüsse sollen die Befugnis haben, die Arbeitsstellen zu befahren, das Inslebentreten von Einrichtungen, welche für die Arbeiter in Betracht kommen, von ihrer Zustimmung abhängig zu machen ; die Verwaltung soll Arbeiter erst entlassen dürfen, nachdem der Ausschufs seine Zustimmung ertheilt hat u. s. w. u. s. w. Schon der bergbauliche Verein hat mit Recht darauf hingewiesen, dafs Aus schüsse mit derartigen Befugnissen einen geordneten Betrieb auf den Zechen überhaupt unmöglich machen, die so nothwendige Disciplin vollständig untergraben und die Verwaltungen in ihren wich tigsten Rechten und Pflichten derart einschränken würden, dafs eine verantwortliche Betriebsführung überhaupt nicht mehr statthaben könnte und an Stelle der Ruhe und Ordnung demnächst die wüsteste Agitation auf sämmtlichen Werken herrschen würde. Es ist ohne weiteres klar, dafs solche Ausschüsse lediglich dazu bestimmt sind, von vornherein eine feindselige Haltung den Zechen verwaltungen gegenüber einzunehmen; denn es wird ausdrücklich gefordert, dafs die Belegschaft berechtigt sein soll, den Ausschufs abzusetzen und einen neuen zu wählen, sobald der Ausschufs, wie es in den Forderungen heifst, „von der Zechenverwaltung einseitig ausgenutzt wird “. Jeder Ausschufs, welcher im gegebenen Falle vernünftig zu vermitteln und die Bestrebungen der gewerbs- mäfsigen Hetzer zu durchkreuzen bestrebt sein würde, würde natürlich sofort unter den Verdacht gestellt werden, dafs er sich von den Zechen verwaltungen einseitig ausnutzen lasse, und somit ohne weiteres von der Belegschaft abgesetzt werden. Ebensowenig wird unseres Erachtens der § 134 d der neuen Gewerbeordnung, wie der Verfasser der Begründung der Novelle angenommen hat, zur Förderung des socialen Friedens, sondern vielmehr zur Schürung und Fortentwicklung des Kampfes der Arbeiter gegen die Arbeitgeber dienen, den aufs äufserste anzufachen das Ziel der Social demokratie in allen Ländern ist. Ein verständiger Arbeitgeber bespricht schon heute mit den älteren Arbeitern — denn unerfahrene, junge Leute pflegt man ja auch in sonstigen Lebens verhältnissen nicht um Rath zu fragen — eine Menge der die Einrichtungen des Werkes und andere Dinge betreffenden Mafsnahmen, und so werden durchweg auch Aenderungen der Arbeits ordnungen vorher, namentlich mit den Meistern, überlegt. Das thut, wie gesagt, jeder verständige Arbeitgeber, da ihm an der Gestaltung eines guten Verhältnisses zwischen ihm und den Ar beiter ja am allermeisten gelegen sein mufs. Aber es widerstrebt ihm mit Recht, zu derartigen Berathungen gesetzlich gezwungen zu sein, da er weifs, dafs, sobald eine Handhabe durch einen Gesetzesparagraphen geboten ist, die gewerbs- mäfsigen Hetzer hinterher sind und planmäfsig Unzufriedenheit säen. Was den § 153 der Gewerbeordnungsnovelle anbelangt, so hat der Reichstag unter den Augen des im Uebermuthe ohne Grund unter Contractbruch in Scene gesetzten niederrheinisch-westfälischen Bergarbeiterausstandes dem Arbeitgeber das durch jenen Paragraphen gewährte Minimum von Schutz