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September 1891. STAHL UND EISEN. Nr. 9. 735 „Procentsätze der Grundstoffe“ geregelt werden, während das weitere Gelingen des Gusses von den richtigen Abmessungen und der entsprechenden Vorwärmung der Coquille abhängig ist. Letztere Aeufserung kann vielleicht als eine Bestätigung meiner Ansicht über den Einflufs der Temperatur aufgefafst werden. Hinsichtlich des Einflusses der chemischen Zusammensetzung des grauen Roheisens sagt der Verfasser, dafs Eisen, Kohlenstoff und Sili cium die eigentlich wesentlichen — constituirenden — Bestandtheile des grauen Roheisens bilden, von deren gegenseitigem Gewichtsverhältnifs die Graphitbildung im Roheisen und dessen sonstiges Verhalten abhängig ist. Neben Kohlenstoff und Silicium aber spielt das Mangan eine wichtige Rolle: es fehlt niemals ganz im Handelseisen, beeinflufst die Art der Verbindung des Kohlen stoffs mit dem Eisen in entgegengesetztem Sinne als Silicium und befördert demnach die Ent stehung von weifsem Roh- oder Gufseisen. Durch Analysen verschiedener Roheisensorten werden Belege für diese den Fachleuten bekannten Thatsachen gegeben. Wenn jedoch der Verfasser, wie aus ver schiedenen seiner Aeufserungen hervorzugehen scheint, einen Mangangehalt des. Gufseisens — d. h. des bereits geschmolzenen und in Formen gegossenen Roheisens — für nothwendig zur Hartgufsdarstellung hält, so kann ich dieser Ansicht nicht ganz zustimmen. Die Aeufserung z. B. auf Seite 15: „Entzieht man weifsem Eisen seinen Gehalt an Mangan oder ersetzt man gar letzteres theilweise durch Silicium, so entsteht graues Eisen“, ist nicht genau richtig. Graues Boheisen entsteht überhaupt nur, wenn Silicium zugegen ist, gefeintes Roheisen, frei von Mangan, ist weifs. Die auf derselben Seite gemachte Bemerkung aber : „Das Verhältnifs, unter welchem Mangan und Silicium (in Hartgufsstüeken) vor handen sein müssen, hängt von der Tiefe der gewünschten Härte ab“, kann, obwohl an und für sich unanfechtbar, den Neuling in der Hart gufsdarstellung doch leicht zu argen- Fehlgriffen verleiten. Ein Gufseisen mit 2 bis 3% Mangan neben 1,5 oder etwas mehr Silicium giebt, in entsprechend starker Coquille gegossen, vorzüg liche Härtungen, soweit der Augenschein als Mafsstab dienen kann; aber es ist spröde und bekommt schon beim Giefsen leicht Hartborsten. Auch in den stärksten Grusonschen Gufsstücken geht daher — soweit mir ihre Zusammensetzung bekannt geworden ist — der Mangangehalt nicht über das auch bei gewöhnlichem Graugufs übliche Mafs hinaus. Eine Hartgufswalze der genannten Fabrik enthielt 1,34 % Mangan, ein starker Hartgufspanzer für Küstenbefestigung 1,10%. Sind die Gegenstände verhältnifsmäfsig dünn im Querschnitt, und starken Erschütterungen ausgesetzt, wie es besonders bei Eisenbahnrädern der Fall ist, so ist ein noch niedrigerer Mangan- gehall wünschenswerth. Nach einer Mittheilung von Freson (Revue universelle des mines, Serie II, tome XIX, p. 99) dürfen die durch ihre Vor züglichkeit berühmten amerikanischen Laufräder höchstens 0,50 % Mangan enthalten; in Wirk lichkeit enthielt ein solches bei der Probe sich gut bewährendes Rad mit 10 mm starker Härtung 0,44% Mangan, ein anderes ebenfalls als gut be zeichnetes Rad sogar nur 0,12 % (Journal of the Gharcoal Iron Workers, vol. Vll, p. 72; vol. VIII, p. 152). Wenn demnach ein Mangan gehalt zwar die Erzielung starker Härtungen erleichtert, so kann er dennoch kaum als völlig unentbehrlich für Hartgufsdarstellung bezeichnet werden, und im allgemeinen werden die Hart güsse um so besser sich bewähren, je weniger Mangan sie enthalten. Auch Wedding sprach die gleiche Ansicht schon früher aus (»Stahl und Eisen« 1887, Seile 567). Von verschiedenen Hochofenwerken kann man auf Verlangen Roheisensorten beziehen, welche ohne weiteres für Hartgufsdarstellung in der Coquille sich eignen; und Anfänger in diesem Betriebszweige oder solche Werke, welche nur ausnahmsweise Hartgufsstücke zu fertigen haben, machen auch mit mehr oder minder befriedigendem Erfolge hiervon Anwendung. Besser freilich ist, wie in der Abhandlung ausdrücklich hervor gehoben wird, das Verfahren, verschiedene Roheisensorten in bestimmten Gewichtsverhält nissen zu mischen. Man ist hierbei von dem einzelnen Hochofenwerk unabhängig und kann die Beschaffenheit des Giefsmaterials beliebig regeln. Ein derartiger Betrieb aber ist, sofern man nicht lediglich auf blinden Versuchen fufsen will, nur möglich, wenn man die chemische Zusammensetzung der zu verschmelzenden Roh eisensorten kennt. „Genauer als jeder andere Giefser", sagt J. von Schütz, „mufs der Hart- gufsfabricant die Eigenschaften seines Rohmaterials kennen, da er sie beherrschen und modificiren soll, und ein durch nichts zu ersetzendes Hülfs- mittel ist daher für ihn das chemische Labora torium. Erst die chemische Analyse erhebt die Hartgieserei von der Empirik zur methodischen Fabrication. Der Hüttenmeister lernt durch die selbe die Bestandtheile der Eisensorten kennen, welche er zu mischen beabsichtigt, und diese Kenntnifs, verbunden mit seiner praktischen Er fahrung, setzt ihn in die Lage, die richtigen Procentsätze zu bestimmen, um seinen Gufsstücken genau die beabsichtigte Härte zu geben. Durch die Analyse also wird der Hartgufsfabricant in der That von den Hüttenwerken bis zu einem gewissen Grade unabhängig, denn er kann etwaige Aenderungen in der Zusammensetzung der Roheisensorten innerhalb gewisser Grenzen bei der Mischung selbständig corrigiren und ist