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September 1891. STAHL UND EISEN. Nr. 9. 726 geschlagenen Prüfungsweise ist (nach Ansicht des Berichterstatters) ausreichende Sicherheit bei Verwendung von Flufseisen nicht gewährleistet. d) Bedingungen für die Behandlung des Flufsmetalls in der Werkstatt und auf der Baustelle. Ein Flufsmetall, welches nach erfolgter Prü fung obigen Bedingungen entsprochen hat, kann in der Werkstatt und in der Hütte die nämliche Behandlung vertragen, wie es beim Schweifseisen bisher Gebrauch war. Allerdings hat man es meist für nothwendig gehalten, (vor ihrer Be arbeitung) ein Ausglühen aller aus der Hütte kommenden Stücke vorzuschreiben. Man will dabei ein Ausgleichen der in den Stücken vom Walzvorgange her noch vorhandenen schädlichen Spannungen herbeiführen. Für alle härteren Sorten von Flufsmetall (etwa über 45 kg Zugfestig keit) ist diese Vorschrift zweifellos von grofsem Nutzen. Fraglich ist es, ob man in anbetracht der damit verbundenen Unbequemlichkeiten sie auch für weichere Sorten mit Nutzen anwendet. Die Unbequemlichkeiten beruhen darin, dafs die ausgeglühten Stücke meistens sehr uneben, mit Knicken und Beulen behaftet, aus dem Glüh ofen zurückkommen, so dafs die Richtarbeit, besonders bei dünnen Blechen, dadurch sehr erschwert wird. Lange Formeisen kann man überhaupt nicht ausglühen, weil auf den meisten Werken dazu die nöthigen Einrichtungen fehlen. Dagegen ist nicht zu verkennen, dafs das Aus- glühen des Flufsmetalls einen günstigen Einflufs auf dasselbe insofern äufsert, als es dadurch zäher wird als zuvor. Diese bekannte Erschei nung ist u. a. recht deutlich bei der Anstellung von Biegeversuchen mit ungeglühten Streifen beobachtet worden. Selbst Härtebiegeproben mit verletztem Stabe waren nicht so gefährlich, als ebensolche Kaltbiegeproben, wahrscheinlich weil das Rothwarmmachen die Streifen — trotz der Einwirkung der nachfolgenden plötzlichen Ab löschung — geschmeidiger macht. Die Frage, ob es von Nutzen ist, das Ausglühen durchweg zu verlangen, ist daher zur Zeit wohl noch als offen zu betrachten. Nothwendig ist das Aus glühen jedenfalls nicht. Man wird auch das nicht ausgeglühte Flufs eisen (von 40 bis 45 kg Zugfestigkeit) im all gemeinen in der nämlichen Weise bearbeiten dürfen, wie man es beim Schweifseisen gewöhnt ist. Rohe kalte Bearbeitung und unvorsichtige Behandlung in der Blauwärme ist natürlich zu verbieten. Derart unsachgemäfse Behandlung verträgt übrigens selbst das beste Schweifseisen nicht gut, wenn auch, wie es den Anschein hat, wohl etwas besser als Flufsmetall. Zweckmäfsig wird es aufserdem sein, in die Bedingungen die Vorschrift aufzunehmen, dafs die Scheere nur benutzt werden darf, wenn es sich um Herstellung von Blechen und Formeisen mit den Zuschlags- | mafsen handelt. Zur genauen Bearbeitung auf Länge und Breite dürfen jedoch nur die Werk zeugmaschinen oder Feilen verwendet werden. Uebermäfsiges Aufdornen der Nietlöcher unter Anwendung starker Schläge ist ebenfalls zu ver bieten, weil dabei die Wandungen der Nietlöcher oft einen Druck erhalten, der über die Streck grenze hinausgeht, und weil naturgemäfs jede Beanspruchung der Stücke über die zulässige Grenze (etwa 1200 kg) hinaus, soviel wie möglich vermieden werden mufs. Da alle Löcher, mit Ausnahme derjenigen in den Futterstücken, ge bohrt werden, und weil die Bohrarbeit eine er hebliche Schwächung der Festigkeit der gebohrten Stücke infolge örtlicher Härtungen im Loch umfange nicht verursacht, so könnte es fraglich erscheinen, ob die meistgeübte Vorschrift, nach welcher jedes gebohrte Lcch aufzureiben ist, unbedingt immer erforderlich ist, besonders bei sauberer Arbeit mit scharfen Bohrern. Das Auf reiben ist aufserdem eine kostspielige Arbeit, weshalb man sich genügen lassen könnte, wenn nur der Grat der Bohrlöcher durch beiderseitige, nicht zu starke Versenkung beseitigt wird. Warme Bearbeitung von Constructions- (heilen sollte aufs äufserste eingeschränkt werden. Schon der Gonstructeur hat dafür zu sorgen, dafs bei Herstellung seiner Gonstruction warme Bearbeitung einzelner Theile vermieden werden kann. Kröpfungen und Biegungen sind daher möglichst auszuschliefsen. Wo solche aber nicht vermieden werden können, ist vorzuschreiben, dafs nach erfolgter Bearbeitung die betreffenden Stücke noch rothwarm sein müssen. Bearbeitung in Blauwärme ist zu verbieten. Ein letzter wichtiger Punkt, der besonderer Erörterung werth erscheint, ist die Herstellung der Nietung. Da hierüber aber bereits an anderer Stelle dieses Blattes* ausführlich be richtet worden ist, so wird es hier genügen, darauf zu verweisen mit der Bemerkung, dafs es wünschenswerth erscheint, wenn bei gröfseren Eisenbauten künftig die Bauverwaltungen und Brückenwerke vereint die Anstellung vergleichen der Versuche zwischen der Handarbeit und der Maschinenarbeit anstreben möchten. Mit der Zeit wird dann die Frage, welche Art von Nietarbeit die zweckmäfsigste ist, in jedem Falle leichter eine zutreffende Antwort finden. e) Schlulswort. Es dürfte nicht unnöthig sein, am Schlüsse des Berichts hervorzuheben, dafs die Verwendung des Flufseisens für Bauconstructionen erst in den Anfängen begriffen ist und dafs, um die Ent wicklung nicht zu stören, eine verfrühte Heraus gabe von Normalbedingungen oder dergleichen * 1891, Nr. 4. Einiges über die Herstellung eiserner Brücken in Amerika.