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STAHL UND EISEN. Juli 1891. Nr. 7. 557 geschränkte Verwendung einer Einrichtung ertheilt, es mufs vielmehr die Anwendung in ausgedehntestem Mafse gestattet sein, weil sich sonst der Anspruch auf ein Patent bis auf die unbedeutendsten Neben- werthe einer Erfindung erstrecken könnte, was jeden falls nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen hat, indem hierdurch die freie Bewegung in tech nischen Einrichtungen bis ins Kleinlichste gehemmt werden könnte. Dafs ein Hochofen mit geschlossener Brust eine besondere Oeffnung zum Abflufs der Schlacken haben mufs, da die letzteren nicht, wie bei den Hochöfen mit Vorherden, über einen Wallstein abfliefsen können, und dafs daher eine solche Oeffnung an Hochöfen immer vorhanden gewesen sein mufs, ist selbst verständlich, und es kann daher dieses Vorhanden sein einer Schlackenabflufsöffnung nicht den Anspruch auf ein Patent begründen. Auch die örtliche Lage dieser Oeffnung in Bezug auf Höhe oder auf den Umfang des Gestelles kann ihn gegenüber der Patentfrage nicht begründen, denn sie hängt bei jedem Hochofen von speciellen Be dingungen , wie z. B. von der Beschaffenheit der Schmelzmassen, von der Zusammensetzung der Schlacken und von ihrer physikalischen Beschaffen heit, sowie von der Richtung, in welcher die Schlacken als Fabricationsrückstände fortgeschafft oder von der Art und Weise, wie sie etwa Verwerthung finden sollen, ab, und es kann daher wohl ein Patent auf die Lage einer Schlacken-Abflufsöffnung nicht ertheilt werden. Sollte jedoch, was leider aus der Bekannt machung der Patentanmeldung nicht ersichtlich, das Wesentliche des Patentantrages auf die Anwendung eines durch Wasser gekühlten Eisen- oder Bronze-Rohres sich gründen, durch welches die Schlacke abfliefst, so liegt zur Patentirung eines solchen eisernen oder bronzenen Rohres, ganz gleich, ob es mit Wasser gekühlt ist oder nicht, keine Veranlassung vor, denn es gehört kein besonderes Erfindungstalent dazu*, dafs der Hochofentechniker, wenn er für den Schlackenabflufs ohne ein solches nicht auskommt, ein solches einlegt, und je nach Bedürfnifs kühlt oder nicht, es mufs dies doch der freien Bewegung des Technikers gestattet sein, ohne dafs er einen Patentzwang zu fürchten hat. Hier sei gelegentlich die Einschiebung der Be merkung gestattet, dafs es als eine Unvollkommenheit des Verfahrens vor der Prüfung des Patentantrages beklagt werden mufs, dafs nur die Beschreibung des nachgesuchten Patentes, nicht aber auch der Antrag, worauf die Patentertheilung gerichtet ist, veröffentlicht wird, obgleich die Zulässigkeit der Veröffentlichung des Antrages nach § 23 des Patentgesetzes nicht aus geschlossen erscheint, indem in diesem Paragraphen ausdrücklich gesagt ist, dafs der wesentliche Inhalt des in der Patentanmeldung enthaltenen Antrages veröffentlicht wird. Es würde die Veröffentlichung des Patentantrages selbst die Bekämpfung der Paten tirung einer im Sinne des Gesetzes nicht neuen Ein richtung sehr vereinfachen, da in vielen Fällen, so auch im vorliegenden, es nach der Bekanntmachung zweifelhaft ist, worauf der Antrag gerichtet ist, und es kann daher, wenn nicht zufällig beim Einspruch das Wesentliche der Sache getroffen wird, gegen das allgemeine Interesse sehr leicht Vorkommen, dafs eine nicht neue Einrichtung dennoch patentirt wird, weil ihr nicht zutreffend widersprochen wurde. * Es ist schade, dafs der Einsprechende nicht auch gleich einen Erfindungs - Mafsstab beifügt, mit welchem die Gröfse des Erfindungstalents abgemessen, damit also genau bestimmt werden kann, wann ein Patent zu ertheilen ist und wann nicht. Sollte es im vorliegenden Falle hierauf zufällig jedoch nicht ankommen, so mufs im allgemeinen die Behauptung aufgestellt werden, dafs die Lürmannsche Einrichtung zur Zeit der Veröffentlichung der Patent anmeldung am 16. August d. J. nach ihrer Be schreibung und der dieser beigegebenen Zeichnung im Sinne des § 2 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 nicht als neu angesehen werden kann,* denn sie ist zunächst in vollständiger Uebereinstimmung mit seiner Beschreibung und Zeichnung in dem ausführlichen, und wohl in der Hand jedes einigermafsen gebildeten Hochofentechnikers befindlichen, im Jahre 1873 er schienenen Handbuch der Eisenhüttenkunde, nach dem Englischen des John Percy frei bearbeitet von Dr. Hermann Wedding, beschrieben; auch hat der Antragsteller selbst durch seine nach allen Richtungen von ihm selbst bewerkstelligte Versendung seiner Beschreibungen und Zeichnungen vom October 1867, vom Januar 1868 u. s. w., sowie durch seine Correspon- denzen in den Jahren 1867, 1872 und 1873, von welchen allen ein Volumen zur geneigten Ueberzeugung mit der Bitte um Rückgabe anbei überreicht wird, ohne dafs ihm bis dahin die Erlangung eines Patentes möglich geworden war, zur Veröffentlichung beigetragen. Es fehlt aber auch in dem eventuellen zweiten Moment des § 2 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 zur Versagung des Patentes nicht, denn es ist als notorisch anzusehen, dafs die Lürmannsche Einrich tung seit Jahren vor dem 16. August d. J. offenkundig benutzt wird; wenigstens existirte an diesem Tage in Oberschlesien kein im Betrieb be findlicher Hochofen, an welchem sie nicht angebracht war, und in seinem gedruckten Circular, welches sich Seite 17 des beiliegenden Volumens be findet und welches am 12. März 1868 in meine Hände gelangte, führte Antragsteller selbst nicht weniger als 26 Hochofenwerke in Oberschlesien, Rheinland und Westfalen auf, welche seine Einrich tung damals schon eingeführt hatten. Ob er dafür im Wege freier Vereinbarung honorirt worden ist oder nicht — und der letztere Fall waltet heute noch bezüglich eines an dern Hochofenwerks ob** — darauf dürfte es nicht ankommen. Nach Vorstehendem dürfte mein Widerspruch ausreichend begründet erscheinen , und zu dem An träge , welcher dahin geht, das beantragte Patent zu versagen , berechtigen , weshalb ich bitte, demselben stattgeben zu wollen. (Folgt Unterschrift.) In meiner kurzen Erwiderung auf diesen Einspruch sagte ich: Es ist vollständig richtig, dafs kein besonderes Erfindungstalent für einen Hochofen - Techniker dazu gehört, falls er für den Schlackenabflufs ohne eine Schlackenform nicht auskommt, eine solche ein- zulegen. Wenn man aber etwas einlegen, d. h. anwenden will, mufs man es erst kennen und haben. Ich behaupte, dafs die Anwendung einer ge kühlten Schlacken-Abflufsöffnung, d. h. die sogenannte Schlackenform, vor October 1867 im Sinne des Patent gesetzes neu war. Hr hat in anliegendem Schreiben vom 5. November 1867 und 22. Januar 1873 (Anlage I und II) selbst Notiz von der Schlackenform, * Der Einsprechende übersah, dafs es hier gar nicht auf den Inhalt des § 2 ankam, sondern nur auf Grund der oben angeführten §§ 41 und 42 ein deutsches Reichspatent ertheilt werden mufste, weil ich in Elsafs-Lothringen ein Patent, wenn auch fran zösischer Abstammung, besafs. ** Dasselbe ist im Originalschreiben genannt. Es schmeckt dies nach einer Denunciation.