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Juli 1891. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 7. 551 sondern viel vortheilhafter in einem vom Martin ofen getrennten Apparat durchzuführen wäre. Dafs die Verwendung von Erzen im Martin ofen selbst nicht vortheilhaft ist, haben wir oben gesehen, und ist zu erwägen, ob nicht die Ent kohlung des Roheisens durch Erze auch besser in einem vom Martinofen getrennten Apparate bewerkstelligt werden könnte. In diesem Falle würde ein puddelofenähnlicher Apparat, im letzteren ein Bessemer-Converter ein passender Hülfsapparat für den Martinofen sein. Beide Apparate sind schon mit Erfolg in dieser Weise verwendet worden und werden noch verwendet. Nach einer mir persönlich gemachten Mit- theilung von W. George Götz, derzeit in Mil waukee, Wisconsin, wurde in einer Pittsburger Hütte das im Siemensofen eingeschmolzene Roh eisen in einem mit Erz gefütterten Rotator, der mit bis zur Schmelzung erhitzten Erzen beschickt war, in sehr rascher Weise in Luppeneisen ver wandelt; die Luppen wurden nur unter dem Hammer gezängt und so im Martinofen verwendet. Gepuddeltes Eisen, welches zum Einschmelzen bestimmt ist, kann jedenfalls bedeutend billiger erzeugt werden als jenes, welches direct weiter verarbeitet werden kann. Ein möglichst rasch gehendes Eisen, dessen Erzeugung auch im Hoch ofen sich viel billiger stellt, Anwendung von viel Futter (oxydreichen Zuschlägen, unter Umständen Erzen), rasches Aufbrechen, auch wenn die Luppen theilweise roh ausfallen, einfaches Zangen unter dem Hammer mit Weglassung der Walz arbeit, wenn möglich Verwendung des Roheisens im flüssigen Zustand, müssen die Production eines modernen Puddelofens aufserordentlich steigern und die Erzeugungskosten des Eisens herabdrücken. Für diese Arbeit wäre auch der rotirende Puddelofen am Platz. Ist die Lage günstig, so können die Luppen noch heifs im Martinofen eingesetzt werden, indem man sie vom Hammer weg in einer Art Durchweichungs grube bis zur Verwendung im Martinofen auf bewahrt. Natürlich hängt die Anwendbarkeit dieses Verfahrens von dem Verhältnifs des Schrott preises zu dem des Roheisens ab. Günstiger noch gestaltet sich die Anwendung des Bessemerprocesses als Hülfsarbeit für den Martinofenbetrieb. Der Gedanke, die Entsili- cirung des Roheisens getrennt von der Entkoh lung bei basischer Schlacke vorzunehmen, war schon in den ersten Zeiten der Einführung des Thomasprocesses ausgesprochen und später auf verschiedenen Hütten im regelmäfsigen Betriebe durchgeführt worden. Seit die basische Arbeit im Martinofen mehr und mehr an Verbreitung gewann, konnte jedoch der Thomasconverter, besonders bei oben erwähnter Betriebsweise, weder in Qualität noch in Oekonomie des Betriebes dem Martinofen standhalten. Man ist daher gerade auf diesen Thomashütten darangegangen, die Converter mit basisch zugestellten Martin öfen zu vertauschen, das Material jedoch im sauren Converter für den Martinofen vorzubereiten. Am vortheilhaftesten wird es sein, das flüssige Roheisen aus dem Hochofen direct in den säuren Converter zu bringen. Ist dies nicht möglich, so mufs natürlich das Umschmelzen des Roheisens im Cupolofen vorgenommen werden. In diesem Falle hat man bei einer eventuellen Neuanlage noch den Vortheil der gröfseren Frei heit in der Anordnung der einzelnen Apparate, welche auf die Billigkeit der Betriebsführung von wesentlichem Einflufs ist. Um jeden Wärmeverlust möglichst zu ver meiden und zugleich an Instandhaltung von Trans portpfannen zu sparen, wäre der Converter in einem fahrbaren Gestelle zu lagern, so dafs das Einfliefsen des Roheisens in den Converter aus dem Cupolofen und das Ausgiefsen des geblase nen Metalles aus dem Converter in den Martin ofen unmittelbar erfolgen kann. Denkt man sich eine Anlage von zwei Mar tinöfen für je 15 000 kg Fassungsvermögen, so würden diese von einem Cupolofen, der stünd lich 6000 kg Roheisen herabschmelzen kann, und einem Converter von 2 bis 21/2 t Fassungs raum vollständig mit heifsflüssigem entsilicirten Metall versehen werden können. Für den Cupolofen und den Converter müfs- ten je eine jeden Moment betriebsfähige Reserve vorhanden sein, um Störungen des Martinofen betriebes hintanzuhalten. Zur deutlicheren Veranschaulichung der Be triebsweise einer derartigen Anlage will ich die selbe in ihren Einzelheiten zu schildern suchen. Der Hochofenbetrieb ist so zu leiten, dafs der Siliciumgehalt des Roheisens nicht höher als unumgänglich nöthig ist, um das Vorfrischen im Converter zu ermöglichen. Er wird bei weitem niedriger sein können, als wenn der Procefs im Converter auch beendet werden müfste, und am niedrigsten, wenn das Umschmelzen im Cupol ofen entfallen kann. So ist es auch möglich, den Erzeugungspreis des Roheisens thunlichst niedrig zu halten. Ist nun der Martinofen mit dem zu ver schmelzenden Schrott und gegebenenfalls mit etwas Erz, jedoch nicht mehr als etwa 500 kg, und der berechneten Menge Kalksteinen beschickt, so wird sogleich die erste Füllung des Conver ters angeblasen; es darf jedoch nicht weiter als bis zur vollendeten Entsilicirung des Metalles geblasen werden, was in zwei bis 4 Minuten geschehen sein kann. Dieses Metall wird sogleich aus dem Converter in den Ofen gegossen und dieser Vorgang wiederholt, bis das volle Gewicht des Einsatzes erreicht ist. Die Dauer der einzelnen Blasezeiten wird sich nach dem Verlauf der Charge im Martin ofen richten, so dafs man eine und die andere