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548 Nr. 7. .STAHL UND EISEN.“ Juli 1891. Dieser erhöhte Wärmebedarf macht sich in der Weise bemerkbar, dafs der Einsatz, welcher heifs einzuschmelzen scheint, während des Kochens matt wird. Stärker gefrischte Parthieen legen sich am Boden an, da dem Bad die Wärme fehlt, sie sofort flüssig zu erhalten, und erst nach längerer Zeit lösen sich diese Ansätze weichen Eisens auf, und wird das ganze Bad wieder heifser. Die Hitzen dauern 1 bis 2 Stunden länger, als bei Einsätzen ohne Erz bei sonst gleichen Verhältnissen, da die Generatoren in der Stunde durchschnittlich gleichviel Gas geben, daher eine längere Zeit erforderlich ist, um einem gröfseren Wärmebedarf zu entsprechen. Bei der älteren Art des Schmelzverfahrens mit viel Schrott und wenig Roheisen war die Annahme gerechtfertigt, dafs die zur entsprechen den Erhitzung des Metallbades nöthige Wärme von der Flamme zugeführt werden müsse; bei der neueren Art mit dem gröfseren Roheisensatz geben auch die im Roheisen enthaltenen inter- molecularen Brennstoffe einen Ausschlag. So würde bei einem Roheisensatz von 7000 kg ein Unterschied von 1 % Silicium in der Zusammen setzung 70 X 7830 = 548100 Galerien aus machen, welche nach obigem 456 kg Kohle mehr oder weniger auf den ganzen Einsatz oder 38 kg auf jede Tonne Blöcke entsprechen. Hier macht sich ein Widerspruch geltend, dem je nach Umständen Rechnung getragen werden mufs. Wird Roheisen mit niedrigem Siliciumgehalt verwendet, so hat man einen matten Chargenverlauf zu gewärtigen, der im stande ist, die Dauer der Hitze zu verlängern. Ist der Siliciumgehalt des Roheisens hoch, so ist ein höherer Kalkzuschlag erforderlich, um die nöthige Basicität der Schlacke herbeizuführen, da mehr Kieselsäure zu verschlacken sein wird; die gröfsere Schlackenmenge behindert die Wärme- mittheilung der Flamme an das Metallbad, der Frischprocefs wird längere Zeit erfordern, da mehr Silicium zu oxydiren ist; andererseits ist die Wärmeentwicklung im Bad selbst eine be deutendere, so dafs bei erhöhter Temperatur desselben die Reactionen rascher verlaufen. Man wird daher bei einem heifsgehenden Ofen ein siliciumärmeres, bei einem mattgehenden ein siliciumreicheres Material verwenden müssen. Warum es bei der Arbeit mit basischer Schlacke möglich ist, auch bei Vermeidung von eisenoxydreichen Zuschlägen einen höheren Roh eisensatz zu verwenden als bei der sauren Arbeit, läfst sich vielleicht folgend erklären: Wenn sich das Silicium zu einem Ueberschufs von Kiesel säure in der Schlacke so verhält, wie es für den Phosphor beim Thomasprocefs nachgewiesen ist, dafs nämlich bei Ueberschreitung eines be stimmten Silicirungsgrades der Schlacke der Ueber schufs der sich bildenden Kieselsäure leichter in das Metallbad zurückgeführt wird als jener Theil der Kieselsäure, welcher mit Basen gesättigt ist’ so ist klar, dafs ein Ueberschufs von Basen nölhig ist, um eine rasche Entsilicirung des Metallbades zu ermöglichen. Warum sollte auch der Kohlenstoffgehalt des Roheisens nicht redu- cirend auf die ungebundene Kieselsäure der Schlacke wirken können? Ja es ist sogar an zunehmen, dafs selbst das saure Zustellungs material des Bodens dieser Reductionswirkung ausgesetzt ist, analog der Siliciumaufnahme des Tiegelgufsstahls aus dem Thon der Tiegel. Aus obigem Grunde ist es auch einleuchtend, dafs das Endproduct der basischen Arbeit auf basischer Herdsohle einen so niedrigen Siliciumgehalt auf weist, wie die Arbeit auf saurem Boden nie er möglichte. Dafs der so niedrige Siliciumgehalt des basischen Flufseisens von grofser Bedeutung für die Erklärung der vorzüglichen Qualität des selben ist, sei nur nebenher erwähnt. Da die Verwandtschaft der einzelnen Elemente zum Sauerstoff in derselben Reihenfolge, wie es vom Bessemerprocefs bekannt ist, auch beim Herdschmelzen mafsgebend sein wird, so ist klar, dafs infolge rascherer Entfernung des Si liciums aus dem Metallbad auch die Oxydation von Kohlenstoff und Mangan schneller erfolgen wird, woraus ein rascherer Chargenverlauf, an dererseits ein höherer Roheisensatz sich erklären. Der letzte Umstand läfst auch ein rascheres Ein schmelzen erklären, da das Roheisen an und für sich leichter schmilzt als Schrott. Dafs die Aufeinanderfolge der Verbrennung von Silicium, Kohlenstoff und Mangan nicht so streng geschieden ist wie beim Windfrischen, liegt einestheils in dem langsameren Verlauf des Processes, andererseits darin, dafs schon während des Einschmelzens von einzelnen Theilen des Einsatzes alle Stufen der Frischung durchgemacht werden, so dafs nach der vollständigen Ver flüssigung und Vermischung sämmtliche Ver unreinigungen des Eisens schon in gröfserer oder geringerer Menge oxydirf werden. Um diesen Vorgang zu veranschaulichen, habe ich mir von den eingesetzten Materialien und einer Reihe von aufeinander folgenden Schöpf proben von Metall und Schlacke Analysen ver schafft, deren Resultate in umstehender Tabelle ersichtlich sind und welche durch das angefügte Linienbild für die wichtigsten Körper veranschau licht werden. Der gesammte Einsatz war auf einmal in den Ofen gegeben worden und benöthigte drei Stunden zum vollständigen Einschmelzen. Nach dieser Zeit wurde die erste Schlacke abgezogen und nach jeder Probenahme der Frischprocefs durch Zusatz von Hammerschlag, der mit 25 % Kalkbrei zu Ziegeln geformt worden war, be schleunigt, bis der Kohlenstoffgehalt auf etwa 0,3 % herabgedrückt war; von da an liefs man das Bad ruhig auskochen.