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Denkschrift über die Entwicklung der gewerblichen Fachschulen und der Fortbildungsschulen in Preufsen während der Jahre 1879 bis 1891. Im Februar d. J. erschienen die Verhandlungen der Schulreform-Conferenz, die sich nur auf die allgemein bildenden höheren Unterrichts-Anstalten beziehen und die als eine Art von Quellenwerk für die künftige Literatur über diesen Zweig des Schulwesens zu gelten haben. Dafs auch auf dem Gebiete des Fachschulwesens eine Regelung bevorsteht, beweisen die soeben bei C. Heymann in Berlin erschienenen „Denkschriften über die Entwicklung der gewerblichen Fach schulen und der Fortbildungsschulen in Preufsen wahrend der Jahre 1879 bis 1890.“ Verfasser ist der Geheime Oberregiei ungsrath A. Lüders, vor tragender Rath im Ministerium für Handel und Gewerbe, der schon mehrfach das Fachschulwesen vor dem Landtage zu vertreten hatte. Aus dem reichen Materiale seien nur einige Punkto von allgemeinerer Bedeutung hervor gehoben, um auf die wichtige Denkschrift gebührend aufmerksam zu machen. Seit 1881 besteht für das technische Schulwesen Preufsens eine ständige Commission von jetzt 25 Mitgliedern, die durch Beruf oder Interesse dem gewerblichen Unterrichte nahestehen, und an deren Verhandlungen Commissare des Handels und Unterrichtsministeriums theilnehmen. Im Februar 1881 und im März 1883 war dieselbe ver sammelt und führte ihre Verhandlungen auf Grund zweier Denkschriften, die am Schlüsse des soeben erschienenen Bandes abgedruckt sind und so zum erstenmal zur öffentlichen Kenntnifs gelangen. Dasselbe gilt von den Beschlüssen der Commission, in denen die Bestrebungen der Staatsregierung zur Förderung des Fachschulwesens anerkannt und aufserdem Hoffnungen auf Erhöhung des Dispositionsfonds und Vermehrung der Anstalten ausgesprochen werden. Sonstige greifbare Resul tate der Commissionsthätigkeit waren bisher nicht bekannt geworden. Seit 1883 sind den Mitgliedern weitere Mit- theilungen der Staatsregierung nicht zugegangen, Verhandlungen fanden ebensowenig statt, und erst jetzt erfährt_man, was inzwischen geschehen ist. Die Gründe der Unterbrechung werden in der Denkschrift angedeutet. Navigations- und Borgschulen sind aus den Verhandlungen ausges :hlossen, denn nur um Schulen des Handels-Ressorts handelt es sich hier. Mehrfach kommen allerdings die Fachklassen der Gewerbeschulen zu Aachen, Barmen, Breslau, Gleiwitz und Hagen zur Sprache, die, weil sie mit höheren Lehranstalten allgemein bildender Art VIII. verbunden sind, noch unter dem Cultusministerium stehen. Die Denkschrift macht kein Hehl daraus, dafs dieses Ressortverhältnifs demnächst aufhören soll, womit jedoch wesentliche Aenderungen voraus sichtlich nicht verbunden sein werden. Die genannten Fachschulen nehmen im all gemeinen nur solche Schüler auf, die im Besitze des einjährigen Dienstrechts sind und möglichst schon praktisch gearbeitet haben, sie entsprechen also im wesentlichen den technischen Mittelschulen, die der Verein deutscher Ingenieure nach den Karlsruher Beschlüssen von 1889 gefordert hat, indem er eine Dreitheilung des technischen Schul wesens in Hochschule, Mittelschule und niedere Fachschule wünschte. Es ist von weittragender Bedeutung, wie sich die Vertreter der Staatsregierung gerade der mittleren Fachschule gegenüberstellen. Die Denkschrift theilt mit, dafs die Gleiwitzer Fachklassen für Maschinenbau und Hüttenwesen, die zu Breslau und Aachen befindlichen für Ma schinenbau und chemische Industrie, die in Barmen und Hagen befindliche nur für Maschinenbau bestimmt seien. In Gleiwitz sei der Gesammt- besuch einschliefslich der Hospitanten im Februar 1890 nur 21 gewesen, in Breslau 42 Maschinen bauer und 20 Chemiker im Februar 1891, in Bar men 26 Maschinenbauer im Mai 1890, in Aachen 9 Maschinenbauer im Februar 1891, in Hagen 80 Maschinenbauer im Februar 1891. Gut besucht seien also nur die Anstalten in Breslau und Hagen, von denen die letztere nach unseren Erkundi gungen jetzt 100 Fachschüler zählt. „Die geringe Frequenz der Fachklasson in Barmen, Aachen und Gleiwitz dürfte Anlafs bieten, sie an den beiden zuerst genannten Orten aufzu heben und in Gleiwitz vielleicht durch eine Werk meister- oder Hüttenschule zu ersetzen.“ Verfasser würde jene Aufhebung für bedauer lich halten, da nach seiner Kenntnifs die Schülerzahl jetzt auch dort im Wachsen begriffen ist. Leicht ist es, eine Fachschule zu vernichten, schwer sie wieder zu errichten. „Vorläufig und ohne den mit den industriellen Kreisen und den städtischen Verwaltungen noch zu führenden Verhandlungen vorgreifen zu wollen, ist die Verwaltung des gewerblichen Unterrichts der Ansicht, dafs Werkmeister- bezw. Fachschulen für mittlere Techniker in Danzig und Stettin, vielleicht unter Berücksichtigung des Schiffbaues, in Berlin, Hannover und Altona sieh als Bedürfnifs herausstellen werden.“ 8