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August 1891. STAHL UND.EISEN.“ Nr. 8. 659 Nunmehr wird die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren in Fabriken verboten, solcher von 13 bis 14 Jahren bleibt für 6 Stunden täglich nur dann erlaubt, wenn sie nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. Damit ist principiell die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren für Deutschland be seitigt, da der Regel nach die Schulpflicht sich bis zum 14. Jahre erstreckt, und gerade in jenen Landestheilen, wo dieselbe schon mit dem 13. Lebensjahre endet, gewerbliche Beschäftigung von Kindern überhaupt nur in geringem Umfange erfolgt. Jedenfalls war aber gerathen, für diesen Ausnahmefall die gewerbliche Beschäftigung der 13- bis 14 jährigen zuzulassen, damit nicht zwischen Schule und Arbeit sich ein ganzes Jahr einschiebe, in welchem die Kinder sich ganz und gar selbst überlassen blieben. Betreffs der oben erwähnten Specialbestimmungen behält es sein Bewenden; nur fällt die Arbeitskarte für die 13 bis 14jährigen fort, auch für diese treten die allgemeinen, für Minderjährige geltenden Bestimmungen betreffs der Arbeitsbücher in Kraft. Jugendliche Arbeiter von 14 bis 16 Jahren dürfen wie bisher in Fabriken nicht länger als 10 Stunden täglich beschäftigt werden. Für dieselben bleibt Nachtarbeit auch ferner unter sagt, sie dürfen nicht vor 51/2 Morgens und nach 81/2 Uhr Abends beschäftigt werden. Auch hinsichtlich der Pausen bleibt es beim alten, die Mittagspause mufs 1 Stunde, die Vor- und Nachmittagspause je 1/2 Stunde betragen. Be treffs des Aufhaltens der jugendlichen Arbeiter in den Arbeitsräumen während der Pausen kommt die Bestimmung hinzu, dafs derselbe nur dann gestattet werden darf, wenn der Aufenthalt im Freien nicht möglich und andere geeignete Aufent haltsräume ohne unverhältnifsmäfsige Schwierig keiten nicht beschafft werden können, so dafs also dieser Aufenthalt nicht mehr allein davon abhängig gemacht bleibt, dafs der Betrieb in dem Arbeitsraum während der Pause vollkommen eingestellt ist. Betreffs der Sonntagsarbeit und der religiösen Unterrichtsstunden gilt auch ferner das schon betreffs der Kinder Erwähnte. Die betreffs der Beschäftigungsdauer zulässigen Ausnahmen resp. weiteren Einschränkungen er leiden keine wesentlichen sachlichen Verände rungen, da sich dieselben indessen vielfach mit denjenigen betreffs der Frauenarbeit neugetroffenen Bestimmungen berühren, werden wir sie bei dieser erörtern. Betreffs der Arbeitsbücher für Minderjährige ist die Bestimmung neu, dafs deren Aushändigung an den Vater oder Vormund erfolgt, sofern diese es verlangen, oder der Arbeiter das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Mit Zustimmung der Gemeindebehörde des Aufenthaltsortes kann jedoch die Aushändigung auch an die Mutter, an einen andern Verwandten, oder andererseits an den minderjährigen Arbeiter selbst erfolgen. Das Arbeitsbuch mufs in Zukunft auch Namen und letzten Wohnort des Vaters oder Vormundes der Inhaber enthalten. Auch das Zeugnifs, welches der Arbeiter bei seinem Abgänge zu verlangen hat, kann, sofern derselbe minderjährig ist, von dem Vater oder Vormund gefordert werden. Diese können ver langen , dafs auch dieses Zeugnifs an sie und nicht an den Minderjährigen ausgehändigt wird; aber auch hier kann gegen den Willen des Vaters die Aushändigung an den Arbeiter selbst mit Genehmigung der Gemeindebehörde erfolgen. Endlich kann durch Ortsstatut, resp. seitens des weiteren Communalverbandes angeordnet werden, dafs der von Minderjährigen verdiente Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohnzahlung unmittelbar an die Minder jährigen gezahlt wird, sowie auch, dafs die Ge werbetreibenden den Eltern oder Vormündern innerhalb gewisser Fristen Mittheilung von den an Minderjährige gezahlten Lohnbeträgen zu machen haben. So gut alle diese für Minderjährige, also im besonderen auch für die jugendlichen Arbeiter neu erlassenen einschränkenden Bestimmungen gemeint sein mögen, grofsen Erwartungen in betreff ihres praktischen Nutzens wird man sich kaum hingeben dürfen. Fassen wir nun zunächst die Beschlüsse ins Auge, welche betreffs dieser Kategorieen die internationale Arbeiterschu tzconferenz fafste, so bezeichnete sie als wünschenswerth, es solle für Kinder beiderlei Geschlechts die Altersgrenze für die Zulässigkeit gewerblicher Arbeit auf 12 Jahre, für die südlichen Länder auf 10 Jahre festgesetzt werden. Diese Alters grenze solle für alle gewerblichen Anlagen gelten ; die Kinder sollten jedoch vorher den Vorschriften über den Elementarunterricht genügt haben; vor vollendetem 14. Jahr weder Nachts noch Sonntags und nicht länger täglich als 6 Stunden effective Arbeitszeit, von einer halbstündigen Pause unter brochen , arbeiten dürfen; von ungesunden und gefährlichen Beschäftigungen seien die Kinder auszuschliefsen, oder doch nur unter besonderen Schutzbedingungen dabei zuzulassen. Arbeiter beiderlei Geschlechts von 14 bis 16 Jahren sollen, so bezeichnete die Conferenz als wünschenswerth, weder Nachts noch Sonntags arbeiten, ihre effective Arbeitszeit bei Ruhepausen von mindestens 11/2 Stunden nicht 10 Stunden täglich überschreiten, dagegen seien für einzelne Industrieen Ausnahmen zuzulassen, für besonders gefährliche oder ungesunde Arbeiten jedoch weitere Beschränkungen vorzusehen. Für junge Männer von 16 bis 18 Jahren — gleichaltrige weibliche Personen kamen, weil unter ihre Be-