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650 Nr. 8. Festigkeit der Stäbe hergestellt wird. Die deutsche Eisenindustrie hat ihrerseits für bestgeeignetes Material und geringen Preis desselben gesorgt, indem sie die Erzeugung von weichem, zähem Flufseisen nach dem Entphosphorungsverfahren und die Anlage von zweckmäfsigen Einrichtungen zur Verarbeitung desselben eingeführt hat. Wenn demnach auch auf diesem Gebiete die heimische Ingenieurkunst und die Hülfsquellen sich auf der bis jetzt erreichten Höhe bewegen, so erscheint das Bestreben einer Verallgemeinerung der er zielten Erfolge wohl berechtigt. In den letzten Jahren sind in der Benutzung von Eisen zu Hochbauten sehr erhebliche Fort schritte gemacht worden; es herrscht jedoch in verschiedenen Gegenden und Städten hierin noch ein grofser Unterschied, ohne dafs sachliche Gründe dafür zu finden wären, und es erhellt daraus, dafs auf dem Wege der Aufklärung über die Art und Weise der Verwendung von Eisen noch Vieles geschehen kann. Diese Ausführungen haben zunächst den Zweck, die früher bereits mit Erfolg betriebene Wirksamkeit in den Kreisen der Eisenindustriellen und namentlich im Verein deutscher Eisenhüttenleute wieder von neuem zu gröfserer Anstrengung anzufachen. Vieles ist bereits geschehen durch Wort, Schrift und Bild, sowie namentlich durch die Herstellung geeigneter Erzeugnisse, aber ein Mitttel wird noch zu wenig ausgebeutet, nämlich die Vorführung von Musterbauten, und in diesem Punkte ist die Ansicht, dafs Ausstellungen der Grofseisenindustrie nicht von Nutzen seien, nicht zutreffend; denn es giebt keinen wirksameren Weg, das grofse Publikum zu überzeugen, als die Vorzeigung des ausge führten Gegenstandes. Die Ausstellung der Er zeugnisse der Hüttenindustrie allein ist kostspielig und verhältnifsmäfsig wenig lohnend, weil vor wiegend grofse Mengen von Schaustücken von abnormer Gröfse erforderlich sind, um die Schau lust der grofsen Masse zu erregen. Wenn aber vorwiegend fertige Gonstructionen zu Bauten und ganze Gebäude ausgestellt werden, so sind diese an sich nicht so theuer, weil sie stets verwendbar bleiben, erregen aber mehr die Aufmerksamkeit weiterer Kreise und wirken also in ausgedehnterem Mafse belehrend in praktischer Weise. Die letzte Pariser Aus stellung hat z. B. auf diesem Gebiete Auser- ordentliches geleistet, und wenn auch die Hütten erzeugnisse nur mangelhaft vertreten waren, so kann ihr doch ein entschiedener Erfolg für die Eisenindustrie durch die Vorführung von Eisen- August 1891. bauten nicht abgesprochen werden. Deutschland ist aber aus den oben angeführten Gründen zum mindesten ebensowohl in der Lage, Originelles zu bringen, und wenn die Bestrebungen der Con- structeure und Fabricanten sich in dieser Richtung vereinigen würden, so ist die Zeit dazu jetzt nicht verfrüht, denn der Erfolg ist zweifellos und, wie nachgewiesen, für alle wirthschaftlichen Ver hältnisse günstig. Es würde auch nicht zutreffend sein zu sagen, die deutsche Eisenindustrie habe kein Interesse daran, in diesem Fache für das Ausland belehrend zu wirken, im Gegentheil würde es ein sehr gesundes Unternehmen sein, die Be strebungen zur Vermehrung des Ver brauches an Eisen auf internationalem Boden zu begründen, denn je mehr ein jedes Land seiner eigenen Industrie Beschäftigung bietet, um so weniger verhängnifsvoll sind die Begegnungen auf dem Weltmärkte, und um so mehr werden die Rückwirkungen der dort wegen des schwankenden Bedarfs unvermeidlichen Stö rungen auf die heimischen Verhältnisse sein. Deutschland besitzt auf dem Gebiete der Eisen verwendung ein reiches Material an Erfahrungen, welches, in geeigneter Weise zusammengestellt, in weit ausgedehnterem Mafse nutzbar gemacht werden könnte, als dies bis jetzt der Fall ist. Es ist daher voll berechtigt, in einer dahin zie lenden Anregung die führende Rolle zu über nehmen, und wenn dasselbe durch den Austausch mit den Erfahrungen der übrigen Industriestaaten gesichtet und vermehrt würde, so kann nur all gemeiner Gewinn der Erfolg sein. Die in vielen Zweigen der Industrie herr schende Ausstellungsmüdigkeit ist namentlich für den Eisenhüttenmann erklärlich, denn seine Er zeugnisse gelangen auf den zu zahlreich auf tretenden kleinen Ausstellungen im Verhältnifs zum Aufwande an Arbeit und Kosten nicht ge nügend zur Geltung, und er bedarf auch that- sächlich des Wettbewerbes durch öffentliche Schaustellung nicht, um Anregungen zu Ver besserungen und Fortschritten zu erlangen. Eine allgemeine Landes- oder internationale Ausstellung des Deutschen Reiches würde aber ohne die Mitwirkung der Eisen industrie eine verhängnifsvolle Lücke zeigen, und diese kann durch die Annahme der Vorführung praktischer Eisen Verwendung, als eines der Haupt ziele, in einer für beide Theile befrie digenden und vortheilhaften Weise aus gefüllt werden. R. M. Daelen. „STAHL UND EISEN.“