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STAHL UND EISEN.“ Nr. 10. 867 October 1890. Sonn- und Festtage gesetzlich vorzuschreiben. Da alle gröfseren und wichtigeren Reparaturarbeiten nur dann gemacht werden können, wenn der Betrieb ruht, also nur an Sonn- und Festtagen, so würde man durch derartige Mafsnahmen sehr oft in die unangenehme Lage kommen, die Re paraturen nicht rechtzeitig fertig stellen und den Betrieb zur bestimmten Zeit nicht wieder auf nehmen zu können. 4. Eisengiefsereien. Die meisten Giefsereien arbeiten nur während des Tages, wobei aller dings häufig Ueberstunden nothwendig werden, um die eingeformten Stücke selben Tages noch zu giefsen, so dafs die unter la, b, c, verlangten Bestimmungen durchführbar sind, für die Mehr zahl der Giefsereien auch schon bestehen. Eine Ausnahme machen Röhrengiefsereien mit un unterbrochenem Betriebe, welcher mehrfach zur besseren Ausnützung der kostspieligen Einrich tungen und zur Erzielung billigerer Gestehungs kosten eingeführt ist. Der Betrieb beginnt Montag früh 6 Uhr und endet Sonntag früh 6 Uhr, ruht also während 24 Stunden. Es sind zwei vollständige Arbeiterabtheilungen eingestellt, ab wechselnd eine für den Tag, die andere für die Nacht, jede derselben verfährt wöchentlich 6 volle Schichten. Anfangs der Woche findet Schicht wechsel statt; die Samstag Abend entlassenen Leute treten Montag Abend wieder an, geniefsen also 48 Stunden Ruhe, die Sonntag früh entlassenen Leute treten Montag früh an, geniefsen demnach nur 24 Stunden Ruhe. Der Durchschnitt beträgt also 36 Stunden Ruhe. Tritt die Bestimmung unter 1b in Kraft, so mufs die Schicht von Samstag Abend bis Sonntag früh ausfallen, es erleidet also jeder Arbeiter innerhalb 14 Tagen den Ausfall einer Schicht, arbeitet nur mehr 11 anstatt früher 12 Schichten, was auch hier wieder einer Lohneinbufse von 100 = 81/3 % entspricht. Der Productionsausfall des Arbeit gebers ist ebenso hoch, würde beispielsweise für eine Röhrengiefserei des Regierungsbezirkes Düssel dorf, welche zu den bedeutendsten in ganz Deutsch land zählt, jährlich etwa 2000 t betragen. Die ungestörte Wiederaufnahme des Betriebes am Montag früh bedingt das vorhergehende An feuern der Trockenöfen u. s. w. Die betreffenden wenigen Leute treten Sonntag Abend 9 Uhr an, geniefsen also nur 27 Stunden Ruhe. 5. Bei den Maschinen-, Brücken- und Waggon bau-Anstalten bestehen die Bestimmungen unter la, b, c ebenfalls gröfstentheils jetzt schon, nur nicht da, wo die Werkzeugsmaschinen Tag und Nacht im Betriebe sind, was an manchen Stellen der Fall ist. Hierfür gilt das über die Röhren- giefsereien mit Tages- uud Nachtsbetrieb Gesagte. Die Arbeiter zur Bedienung der Werkzeugs maschinen würden also bei Einführung der Be ¬ stimmung 1b ebenfalls — =81/3 % ihres Lohnes 1 2 verlieren und die betreffenden Arbeitgeber durch Verminderung ihrer Productionen wesentliche Einbufsen erleiden. Fassen wir nunmehr die Antworten auf Grund der vorstehenden Schilderungen der thatsächlichen heutigen Betriebsverhältnisse zusammen, so lauten dieselben: Frage 1. Zu § 105b Abs. 1 und § 105c Abs. 3 des Entwurfes. Ist es in allen im § 105b Abs. 1 bezeichneten Gewerbebetrieben möglich, a) den Arbeitern für jeden Sonn- und Festtag mindestens 30 Stunden Ruhe zu gewähren? Auf Hochöfen und Martinstahlwerken: Nein, das zu gewährleistende Maximum ist alle 14 Tage 24 Stunden; auf Bessemer- und Thomasstahlwerken: Nein, höchstens 24 Stunden, an in die Woche fallenden Festtagen 12 Stunden; auf Puddel- und Walzwerken: Nein, zu gestatten ist abwechselnd an einem Sonntage 24, am andern 36, also durch schnittlich 30 Stunden, an Festtagen, welche in die Woche fallen, 12 Stunden; der Betrieb ruht an einem Sonntag 12, am andern 36 Stunden. In Eisengiefsereien, Maschinen fabriken, Brücken- und Waggonbauanstal ten : Ira allgemeinen j a, bei solchen mit Wechsel schicht jedoch nur durchschnittlich 30 Stunden an Sonntagen, 12 Stunden an Festtagen, welche in die Woche fallen. Der Betrieb ruht 24 Stunden. Ausgenommen sind in allen Betrieben die Arbeiter zur Vornahme von Reparaturen, Unter haltung der Feuer und sonstigen unerläfslichen Arbeiten. Für das Weihnachts-, Oster- und Pfingst fest 60 Stunden und in sonstigen Fällen für je 2 aufeinanderfolgende Sonn- und Festtage 48 Stunden Ruhe zu gewähren? Auf Hochofenwerken: Nein; es ist un möglich, Ausnahmen gegen gewöhnliche Sonntage zu machen; auf Martinstahlwerken: Nein, man pflegt allerdings unter grofsen Opfern eine Ruhepause im Betrieb von 24 Stunden eintreten zu lassen. Aus technischen Gründen ist diese Zeit als die zulässige Maximalpause zu bezeichnen. Auf Bessemer- und Thomasstahlwerken mit Wechselschicht: Nein. 48 Stunden ist als das zulässige Maximum zu bezeichnen. Auf desgleichen mit einfachem Tagesbetrieb: Ja. Auf Puddel- und Walzwerken: Ja. Auf Eisengiefsereien, Maschinenfabri ken, Brücken- und Waggonbauanstalten: Ja. Auszunehmen sind auch hier wiederum die Arbeiter zur Vornahme der Reparaturen u. s. w. b) Diese Ruhezeit am vorhergehenden Werk tage frühestens um 6, spätestens um 12 Uhr beginnen zu lassen?