VI. Der deutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 973 nn Zeiten jene Eigenschaften zu Tage gekehrt hat, hatte inan sich diesseits des Rheines die glcißnerische Sclbstbespiegelung, den bodenlosen Eigendünkel doch nicht gedacht. Eine französische Division von der Mac Mahon'schen Armee war unter Gencral Abel Douay bis an die Grenze von Rhcinbaicrn vorgerückt nnd hatte das befestigte Städtchen Weißenb urg beseht, den Mittelpunkt der in der Kriegs geschichte vielgenannten „Weißenburger Linien", wo schon im spanischen Erb- solgekrieg nnd dann in den Rcvolutionskämpfcn des Jahres 1793 deutsche nnd französische Heere ihre Kräfte miteinander gemessen hatten. Dieser an Er- innerungen reiche Boden im nördlichen Elsaß sollte auch jetzt wieder der Schau platz des ersten ernsten Kampfes beider Nationen werden. Die aus Preußen und süddeutschen Bundestruppcn zusammengesetzte dritte Armee unter dem Oberbefehl des Kronprinzen war au die Lauter vorgcdrungcn und rückte zwischen Weißen- bürg und Lauterburg südwärts. Da stieß der rechte Flügel, zumeist bestehend aus Baiern unter den Generälen von der Tann nnd Hartmann und dem Divisionsgeneral Bothmer, aus Schlesiern und Posenern unter General v. Kirch bach und ans Hessen, Nassauern und Thüringern unter Generallicutcnant v. Bose, sme zum V., diese zum XI. Armeecorps vereinigt, auf den Feind, der thcils in der Stadt selbst, theils auf dem Gcisberg, einer steilen Anhöhe mit Schloß im Süden derselben, aufgestellt war, und erfocht den ersten Sieg. Weißenburg wurde im heißen Straßenkampf erstürmt und die Franzosen trotz ihres tapfern "ug.'»w- Uderstandes und der vortheilhafken Stellung aus den Linien und vom Geis berg zurückgeworfen. Douay selbst ließ sein Leben in der Schlacht. Auf beiden Seiten waren die Verluste beträchtlich; die große Zahl gefallener Offiziere war ein Beweis, mit welchem Muthe sie den Mannschaften vorangiugen; nur mit Mühe rettete Major von Kaisenberg mit Aufopferung des eigenen Lebens eine Vatailionsfahne des Königs-Grenadier-Regiments. Damals sah das aufgeregte Deutschland zum erstenmal unter den Gefangenen afrikanische Turcos und dankte dem Himmel, daß diese wilden Söhne der Wüste nicht als Sieger oder als be waffnete Angreifer den Rhein überschritten. Hatte schon die Erstürmung des Geisbcrgs, wo die preußischen und baierischcn Bataillone im stärksten Feuer der Chasscpot- und Gcschützkugcln mehrere tausend Schritte aufwärts vorrückend die Höhe erklimmten und den Feind in die Flucht Wen, die Welt mit Bewunderung erfüllt über die todesmuthige Tapferkeit der deutschen Krieger, so sollte diese Bewunderung noch steigen, als zwei Tage nachher die Kunde von der Hauptschlacht bei W ö r th zu den Völkern Europa's drang. Die a. Aug. Feuertaufe zum einträchtigen Zusammengehen, welche bei Weißenburg Baiern, Preußen und norddeutsche Bundestruppcn empfangen, wurde bei Wörth, wo neben ihnen auch Hessen, Würtemberger und Badener unter dem Befehl des preußischen Generals v. Werder in dieAction eintraten, in größerer Ausdehnung crtheilt. Auf die Nachricht von der Niederlage des Generals Dvuay nämlich hatte MacMahon,