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VI. Der deulsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 971 Amnestie für politische Verbrechen und Vergehen sollte das Zeichen sein, daß in diesem schicksalsschweren Momente eine innere Versöhnung in alle Gemülhcr ein- kehren möchte. Die französische Hauptarmee, etwa 200,000 Mann stark, stand in und um Metz unter dem Marschall Bazoine, der einst in dem Trauerspiel von Mcrico die Hauptrolle gespielt und als Lohn eine Creolin von fabelhaften Reichthümern hcimgcfnhrt hatte, unter Canrobert, der sich im Krimkricg einen Mn Namen erworben, und unter General Bourbaki, dem Anführer der kaisergarde. Der Name „Rheinarmee", den man derselben bcigelcgt hatte, deutete auf den Schauplatz hin, wo sie ihre Thätigkeit entfalten sollte. Dorthin begab sich der Kaiser, begleitet von seinem Sohne, „um ihn frühzeitig in die Helden- laufbahn einzuweihen" und von dem Marschall Leboeuf, dem Kriegsminister und eigentlichen Oberbefehlshaber der gesammten Hecrcsmacht. Denn der Kaiser selbst, obwohl dem Namen nach der höchste Kriegsherr, überließ in alle» wich- tigen Operationen die Entscheidung seinen erfahrenen Generälen. Eine Procla- niation an die französischen Soldaten verkündete: „Welchen Weg wir auch außer halb unserer Grenzen einschlagcn, wir werden dort die glorreichen Spuren unserer Väter finden. Wir werden uns ihrer würdig zeigen. Von unsern Erfolgen hängt das Schicksal der Freiheit und Civilisation ab". Weiter gen Osten stand die Südarmee unter MacMahon, Herzog von Magenta, dem berühmtesten Feldherrn in Frankreich, etwa 100,000 Mann stark, darunter die schwarzen und dunkelfarbigen Krieger aus Afrika und die Zuaven, meistens geborne Fran zosen, die „verlornen Söhne" der großen Städte. Sie war nach deni Elsaß vor geschoben und ihre Vorhut unter General Douay stand am Oberrhein. In dem stehenden Lager von Chalons war eine dritte Armee, aus Ersatzmannschaf ten und Mobilgarden zusammengesetzt, noch im Bilden und Sammeln begriffen, während eine gut bemannte Kriegsflotte von Cherbourg durch den Kanal segelte, um in der Nord- und Ostsee zu kreuzen, die Häfen zu blokiren und an den Küsten zu landen. Auch die deutsche Kricgsmaunschaft, welche in der letzten, glühend heißen Juliwoche sich durch die baierische Rheinpfalz den Grenzen Frankreichs näherte, war in drei Heersäulen gethcilt, die erste unter General Steinmetz, 61,000 Mann stark und die Armcecorps I Manteuffel), VII (Zastrow) und VIII (Gocben) umfassend, auf dem rechten Flügel, die zweite unter Prinz Friedrich Karl in einer Stärke von 206,000 Mann und 534 Geschützen, in der Mitte, die dritte, 180,000 Kriegsmannschaft und 480 Geschütze zählend unter dem Kronprinzen von Preußen und dem General von Blumenthal als Chef des Generalstabs, auf dem linken Flügel. Bei der mittleren Heersäule, der die Armcecorps II unter Fransecky, III undIV unter den beiden Alvens- Ieben, IX unter M anstein, X unter Voigts - Rhctz und das XII. (Sächsische) unter dem Kronprinzen Albert von Sachsen angehörten, befand sich der König, der Oberfeldherr über die Gesammtmacht, deren treffliche Organisation er als „sein eigenstes Werk" betrachten konnte, und ihm zur Seite der große Generalstab unter