2. Der 6ricg vom Jahr 1866. a. Die Genesis des Kriegs. Die Ucbcrcinkunft von Gastein schuf nur eine kurze Friedenspause. Man wollte dadurch Zeit zu neuen Unterhandlungen gewinnen. Da die beiden Re- gierungcn übercingckmnmcn waren, daß die künftigen Verhältnisse der Hcrzog- thiimcr nur durch gemeinsames Einvcrsläudniß der „Condomini" entschieden wer den sollten, so hoffte Graf Bismarck Mittel und Wege zu finden, den vielfach bedrängten Kaiscrstaat zu einem freiwilligen Anfgcben seines Mitbcsitznngsrcchts in den nbcrclbischcn Landen zu vermögen. Der Vorgang in Laucnburg mochte den Glauben erzeugen, daß man in Wien sich auch für Holstein mit einer Geld summe abfinden lassen werde, und ohne Zweifel wäre man in Berlin zu einem solchen Abkommen bereit gewesen; dem widerstrebte aber die Ehre des Kaiser reichs , wo seit dem Ausscheiden Rcchberg's die traditionelle Politik des Hauses Habsburg wieder mehr zur Geltung kam, und die Scheu vor der öffentlichen Meinung, welche sich mit Entrüstung gegen jeden „Ländcrschachcr" aussprach. Hatte man doch früher die Anerbietungen der italienischen Regierung, Venetien durch einen Kaufvertrag zu erwerben, standhaft abgewiefen und lieber die Last einer fortwährenden Kriegsbereitschaft zum Schutze der bedrohten Besitzungen getragen! Gegen eine entsprechende Landabtretung, etlva in Schlesien, wodurch die Ehre des Großstaats gewahrt geblieben wäre, hätte man wohl die Condo- winalsrcchtc hingegeben; dem widersprachen aber die Traditionen des Hohcn- pllern'schen Herrscherhauses und das naturgemäße Streben des jungen Militär staats, seine Besitzungen auszudchnen. Unter solchen Verhältnissen konnte cs licht fehlen, daß die unfertige Lage der Herzogtümer und das allgemeine Ver langen nach einer Beendigung des provisorischen Zustandes die possedirenden Re gierungen in Zwiespalt bringen mußten, zumal da Oesterreich mehr und mehr bm „bundcsrechtlichen" Standpunkt betonte, Graf Bismarck aber neben den na tionalen Interessen insbesondere die „berechtigten Ansprüche Preußens" bei der endgültigen Lösung hervorhob. Was half cs dem preußischen Gouverneur v. Manteuffel in Schleswig, daß er alle Demonstrationen zu Gunsten des »Prinzen von Augustenburg" als hochverräterische Handlungen mit den streng sten Strafen bedrohte, wenn derselbe in Holstein unter den Augen des österreichi schen Statthalters von der Presse, in Vereinen, auf Volksversammlungen als legitimer Herzog behandelt und in Kiel eine herzogliche Regierung und Hof haltung geduldet ward; wenn man immer dringender die Einberufung einer schleswig-holsteinischen Ständeversammlung fordern durfte? Schon im Januars 2»». beschwerte sich daher Graf Bismarck, daß die Haltung der holsteinischen Landes- derwaltung die Beziehungen Preußens zu Oesterreich trüben müßte, und sechs