V. Geschichte dtr Jahre 1865 bis 1 870. 879 dkductionen aus verjährten und vergessenen Vertragsbestimmungen vor der Macht realer Verhältnisse späterer Zeiten keine Beweiskraft besäßen, gewann immer breiteren Boden; selbst die preußische Königsfamilie trat in die Zahl der Präten« deuten ein. Eine frühere Aeußcrung aus den Londoner Confcrenzen zu Gunsten der Augustenburger Ansprüche wurde als .diplomatischer Schachzug" erklärt, llnd um den Aussprüche» der Juristcnfacultätcu ein Gegengewicht zu bieten, holte man das Gutachten der preußischen Kronjuristen ein. Die sprachen sich in der Mehrheit im Sinne der Regierung aus, indem sie erklärten, daß nur Preußen and Oesterreich kraft des Wiener Friedens ein Anrecht auf die Herzogthümcr hätten. Selbst in Schleswig-Holstein wurde für die Verbindung mit dem preu ßischen Staat agitirt. Aber die Erklärung der siebcnzchn Rittergutsbesitzer, welche auf Anregung des Freiherr« von Schccl-Plessen, des einstigen Präsidenten der holsteinischen Stände, in einer Adresse an König Wilhelm sich für den „eng- l>en Anschluß" an Preußen aussprachen, und der „nationalen" Partei, welche die »alle Militärhoheit zu Land und zu Wasser, die diplomatische Vertretung und die handelspolitische Führung der Krone Preußen „für alle Zeiten übertragen" j^-br. wissen wollte, lvurdc durch zahlreiche Gegenerklärungen überboten. Die Mehr lahl der Bevölkerung wünschte, daß Friedrich von Augustenburg auf Grund des Ebrechts und des Volkswillens zum Herzog von Schleswig-Holstein eingesetzt werde und daß cs dann ihm überlassen bleiben sollte, im Verein mit der legalen Äändeversammlung sich über einen „näheren Anschluß" mit Preußen zn verstän digen und zu vereinbaren. Aber in Berlin war man nicht gemeint, die Modalitäten dieses näheren ^Wusses von dem guten Willen des Landesherrn und von der Stimmung der Stände abhängig zu machen und den Preis der kriegerischen Anstrengungen gegen ' »»sichere Hoffnungen aus der Hand zu geben, zumal da in den Herzogthümern ^i einer großen Partei der dynastische und provinzielle Particularismus die deutsch-patriotische Gesinnung und die nationalen Gesichtspunkte überwog. Man ^gte daher in einer Depesche vom 22. Februar dem Wiener Cabinct die Bedin-^E°^ Augen vor, unter denen die preußische Regierung geneigt wäre, über die Cession der Herzogthümcr an einen eigenen Souverän sich mit Oesterreich zu verständigen. Diese Bedingungen waren jedoch der Art, daß das kaiserliche Ministerium cr- Aäkte, ein Herzog von Schleswig-Holstein, der mit den von Preußen verlangten Schränkungen eingesetzt würde, könne unmöglich als gleichberechtigtes und ^»unfähiges Mitglied in den Kreis der Souveräne des deutschen Bundes ein- ^tm. Man forderte in Berlin nicht nur, daß Militär und Marine mit der preußischen Kriegsmacht und Flotte vereinigt, die Festungen von Preußen besetzt »»d das erforderliche Gebiet für einen zu erbauenden Nord-Ostsee-Kanal und Am Kriegshafen abgetreten werden sollte, auch dem preußischen Zollsystem, A»- und Telegraphenwescn sollten die nordalbingischcn Hcrzogthümer bei- lleten, und alle im Heer und auf der Flotte dienenden Schleswig-Holsteiner dem