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IV. Außereuropäische Staaten (Mittel- u. Südamerika). 851 Präsident Lopez diese FricdenSübcreinkunft nicht zugeben wollte, weil er darin eine Ge fährdung der Handelsintcressen der Republik erkannte. Bald zog die Kriegsmacht der drei verbündeten Staaten wider Paraguay inS Feld; aber gegenseitiges Mißtrauen lockerte den Bund; und da die Paraguayten sich mit Heldenmuth verthcidigtcn, so zogen sich nach einigen Gefechten von schwankendem Kricgsglück die argentinischen und uruguay'schen Truppen zurück und überließen den Krieg allein den Brasilianern. Während der Abwesenheit des Generals hatte die Gegenpartei der Weißen in Monte video wieder Boden gewonnen. Man suchte sein Ansehen herabzusetzen durch die Nach rede, er sei mehr brasilianischer Feldherr als Haupt eines unabhängigen Staats. In dem Augenblick, als die Colorados damit umgingen, ihm durch die Wahl zum Präsi denten ein legitimes Ansehen zu geben, wurde Venancio Flores, als er in den Regie- rungSpalast fuhr, von vier verschworenen Blancos durch Dolchstöße und Schüsse ermor- det. Empört über diese ruchlose That, wandte sich die Bolkswuth gegen die ganze Partei und übte blutige Verfolgung. Unter diesen Eindrücken übertrug der Senat dem Bruder des Ermordeten, Don Manuel FloreS, die höchste Gewalt, der den Kriegs zustand über die Republik verhängte und alle der Blanco-Partei angehörenden Offiziere aus der Armeeliste streichen ließ. Aber noch war kaum ein Jahr verflossen, so starben einundzwanzig hervorragende Anhänger des ermordeten Generals, darunter auch sein Bruder, der provisorische Präsident, in kurzen Zwischenräumen. Ob an Gift oder an^'^- der Cholera, blieb unentschieden. 3. Paraguay. Lange hatte der alte Jesuitenstaat zwischen den Flüssen Parana 3. Paraguay, und Paraguay gezögert, ehe er dem von La Plata ausgehenden Ruf nach Abschütte- l»ng der spanischen Herrschaft Folge leistete; und als die Regierung endlich nachgab, Zum i8n. bohlte sich der Staat die Stellung einer unabhängigen Republik. Der Congreß von Buenos-Ayres konnte das Recht der Selbstbestimmung, das er für sich in Anspruch uahm, dem Nachbarstaat nicht versagen; doch hat er es dem kleinen Lande nie ver- iichm, daß es seine eigenen Wege gehen wollte, und den Gedanken einer Suprematie nie aufgegeben. Rach einigen Jahren gelang es dem ehrgeizigen und herrschsüchtigen ^r. Francia, sich an die Spitze des Staats emporzuschwingen. Er wurde zum lsi2. Diktator gewählt und einige Zeit nachher diese Würde ihm aus Lebenszeit übertragen, 'sn. Und nun vereinigte er alle Regierungs- und Richtergewalt in seiner Hand , so daß er zu seinem Tode als unumschränkter Herr und Gebieter das Land im Sinne des Näheren Systems der Jesuitcnmissioncn mit eisernem Arm beherrschte und cs gegen das Ausland vollständig abschloß. Kein Fremder durfte ins Land, kein Eingeborner ins Ausland. Er selbst war der einzige Kaufmann, der reichste Grundbesitzer, das Haupt deS Bölkes. Nach seinem Tode wurde das Absperrungssystem allmählich aufgegeben. ,84^°^'' ^in Nationalcongrcß trat in Assuncion zusammen, beschloß ein Staatsgrundgcsetz undMäizis«. ^nannte Don Carlos Antonio Lopez, einen Reffendes Dictators, zum Präsidenten. »nd so sehr war die einherrliche Gewalt dem Volke von Paraguay zur andern Ratur Horden, daß auch Lopez die Präsidentenwürde mit dictatorischer Gewalt bis zu seinem D°de bewahrte. Wir wissen , welche Anstrengungen Rosas machte, um Paraguay mit ^kwalt zum Eintritt in die Argentinische Republik zu zwingen; erst nach dem Sturze issr. bAfeS gewaltthätigcn Mannes wurde die Unabhängigkeit des Landes von den amerikani schen und europäischen Regierungen allgemein anerkannt. Schon vorher hatte Lopez daS fruchtbare und wohlhabende Land durch Handels- und Schifffahrtsverträge dem Verkehrs- eben geöffnet, und von der Zeit an war er unermüdlich bestrebt, den Staat im Geiste Neuzeit durch Reformen und Unterrichtsanstalten zu heben. Verwickelungen und Heiligkeiten mit den Vereinsstaaten Nordamerikas, mit Brasilien, mit England und Frankreich wurden ohne Waffengewalt durch friedliche Unterhandlungen und Verträge 54*