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III. Gründung des Königreichs Italien. 781 Dynastie war, während in Neapel, Toscana, Parma Abkömmlinge der Bour bonen und Habsburger auf de» Thronen saßen. Die Italiener fühlten sich zu kinem König, der ihres Blutes und Stammes war, mehr hingezogen, als zu Herrschergeschlechtern, die, aus der Fremde eingcwandcrt, ihren Halt nicht im Bölke, sondern in der Abstammung und Verwandtschaft suchten. Daß bei der gespannten Lage der Dinge zwischen Sardinien und Oesterreich noch einmal die Entscheidung der Waffen gesucht werden würde, daß der italienische Krieg nur noch eine Frage der Zeit sei, war gegen Ende der fünfziger Jahre Jedermann einleuchtend. Zum Glück für Sardinien stand Oesterreich damals ganz isolirt. Seine Haltung im orientalischen Kriege hatte ihm die Feindschaft Rußlands zu- gezogen, ohne ihm das Vertrauen und die Freundschaft der Westmächte erworben zu haben. Mit Preußen war bei der eingewurzelten Rivalität und dem tief- gehenden Mißtrauen zwischen beiden Staaten auf ein herzliches Einverständniß nicht zu hoffen, und der vielköpfige deutsche Bund war außer Stand, in den großenWelthändcln mitzusprcchen oder mitzuhandeln. Auch war es Napoleons eifrigstes Bemühen, Rußland mit Frankreich und Sardinien auszusöhnen und in freundliche Beziehungen zu setzen und dadurch der heiligen Allianz, die schon durch den Krimkrieg einen tödtlichen Stoß erlitten hatte, ans immer die Wieder kehr unmöglich zu machen. Als im Herbst 1856 die Kaiserin Mutter Alexandra von Rußland die Bäder in Nizza besuchte, wurde sie von Victor Emanuel mit Beweisen von Hochachtung und Aufmerksamkeit überhäuft, und als im nächsten 2ahr eine russische Dampfschifffahrts-Gesellschaft im geheimen Auftrag der Re- iss?, gierung den Hafen von Villafranca unweit Nizza, angeblich als Kohlenlager, zu kaufen wünschte, kam ihr das sardinische Ministerium mit aller Willfährigkeit entgegen. Bald sah man russische Kriegsschiffe das Mittelmeer befahren. Nicht minder erfolgreich waren Napolcon's Bewerbungen um Rußlands Freundschaft für Frankreich. Nachdem er in einer persönlichen Zusammenkunft mit der Königin «.Aug.iss?. Victoria zu Osborn, welcher auch die beiden Minister Walewski und Palmerston »nwohnten, die englisch-französische Allianz aufs Neue befestigt, traf er im Sep tember mit Alexander II. in Stuttgart zusammen, und wenn auch die Begeg- rr. S-prbr. Mmg zunächst nur den Charakter einer persönlichen Begrüßung trug, so hatte sie für den französischen Machthaber doch den Vortheil, daß er als Ebenbürtiger ouftrat und Rußland von der Zeit an gegen Frankreich ein wohlwollendes Ent gegenkommen an Tag legte. Auch in Deutschland suchte Napoleon schlummernde Sympathien zu wecken, indem er für die noch übrigen Soldaten der großen Armee seines Oheims die Helenamedaille stiftete. Allen diesen Schritten lag ohne Zweifel der geheime Gedanke zum Grunde, Oesterreichs Macht und Uebergewicht in Italien zu brechen und eine Regierung zu unterstützen, welche die Sympathien des Volkes für sich hatte und nie soo-M'-. mächtig sein würde, daß sie sich des Dankes gegen ihn entschlagcn oder seines fortdauernden Beistandes in Zukunft entbehren könnte. Daß es dabei auch auf