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778 I) Vo» Errichtung des zweiten franz. Kaiserthums ic. verhängte, dann aber durch verständiges Einlcnkcn in liberalere Bahnen Dynastie Farnesc-Bourbon das Land zu erhalten suchte. Auch an aickn Orten forderten die Rache und der Meuchelmord ihre Opfer. In Mailand wurl« österreichische Soldaten einzeln überfallen und erdolcht. I» Pavia wurden! kaiserlich gesinnter Professor gctödtet; in Modena und Carrara erzeugtes politische Parteihaß im Bunde mit Familienrache blutige Thatcn. Merkwürdig ist, bemerkt Reuchlin, daß die meisten Träger der UnificationM Söhne der auf ihre „Selbständigkeit" stolzesten und zugleich Italien gegenüber cM sugalstcn Municipalitätcn waren, Manin von Venedig, das einst mehr im wurzelte, Mazzini von Genua, das nie im italienischen Festland rechten Boden f wann, Lafarina von Sicilien, daS seit einem halben Jahrtausend in Versuchen, Festland Italiens sich zu emancipircn, sich verblutete. Mailand, Pallavicino's M stadt, war in Folge seiner Lage oft die Beute der Deutschen, der Spanier, der 8^ zosen gewesen. Gerade dieser ihr Stolz und die bitteren Erinnerungen älterer und^ neuen Zeiten drängten nun die durch Charakter, politischen Geist und persönliche fahrung berufensten Söhne dieser Städte, den Anker ihrer Hoffnung in die Tieft nationalen Einheitsstaats zu werfen. „Um die Stunde dcS Sonnenaufgangs", Treitschke, „die in Italien die verschwiegenste des Tages ist, pflegte fortan Lasanns^ Palastc Cavour's vorzusprcchcn; dort tauschten die beiden rauchend Gedanken "" Pläne aus, und beim Abschied hieß es wohl: „Thun Sie was Sie können. Abtt^ der Welt werde ich Sie verleugnen wie Petrus seinen Heiland." Jedermann gla"^ dem Sicilianer, wenn er in seinen Schriften beharrlich versicherte, die Absichten Regierung seien ihm gänzlich verhüllt. Und nicht blos vor der Welt. selbst vor nächsten Freunden und Amtsgcnosscn Cavour's blieben diese Zusammenkünfte durchs Monate verborgen. Auch die Partei Rattazzi's im Parlamente, welche sich ruh'"" daß der Graf ihr diene, wurde vielmehr von ihm an unsichtbaren Fäden gelegkt " Ntap-I unltt Am schrecklichsten war der Zustand im Königreich Neapel und Sicilien, die Natur zu einem Paradiese, der Mensch zu einem Lande der Verdaulich geschaffen hat. König Ferdinand II. (S. 285), den das Volk wegen derH^' und Grausamkeit, womit er im Jahre 1848 die Volkserhebung in Neapel druckt hatte, „König Bomba" nannte, benutzte die Jahre der europäisch Reaction, um mit Hülfe seiner Schweizergarden und Miethtruppen jede Rcg^ der Freiheit, jede Spur von Volksrechten nicderzudrücken, um die Gesäugt und Galeeren mit seinen politischen Widersachern zu füllen und gestützt aus jesuitischen Klerus und eine despotische Beamtenschaar ein Regimen! d" Schreckens und der Knechtung aufzurichten, in welchem Spionenwesen, 3uD und Polizeityrannei in üppigster Blüthe standen. Der König, dem aller an das Gute im Menschen fehlte, trieb den Despotismus und die absolulM Willkür auf den Gipfel. Carlo Poerio, das hervorragendste Glied einer tischen Advocatenfamilie, mußte, von einem feilen Gerichtshöfe als Hochvcw'^ verurtheilt, acht Jahre lang auf schattenlosen Strafinseln die Galeereu^' schleifen, mit einem Menschen von thierischcr Rohheit zusammengekettet! männer wie Scialoja und Leopardi wurden zu lebenslänglicher Zwangs