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740 I). Von Errichtung des zweiten franz. Kaiserthums u. Staatswesen umfassende Reformen dem Nothstande abzuhclfcn und den Eredü neu zu beleben. Der Friede von Villafranca fehle der bisherigen Politik Finanzverwaltung ein Ziel; und wenn anch die Rcformplänc, die von der 3^ an auf allen Gebieten des österreichischen Staatslebens in Angriff genonuM oder entworfen wurden, zum großen Theil unvollendet geblieben oder an mach tigcn Hindernissen gescheitert sind, so ist mit jener Periode doch ein neues polid- sches Leben erwacht, der Bruch mit dem alten verjährten System ernstlich M sucht worden. Snömmgcn' Wie in den meisten Ländern Europa's und insbesondere Deutschland war auch iu Oesterreich die reactionäre Partei bemüht, Alles, was die Reval») tionsjahre ins Leben gerufen, in das Grab der Vergessenheit zu legen. Es ein trauriges Zeugniß der geistigen Armuth der Zeit und des Mangels an Sch' pferkraft des lebenden Geschlechts, daß man nach Beseitigung der „Märzcrru»' genschaften" keine neuen Institutionen zu schaffen vermochte, sondern alles in der Rückkehr zu dm abgestorbenen und verlotterten Zuständen der Vergab geuheit suchte. Nirgends hatte sich die absolute Monarchie so sehr in ihn' ganzen Impotenz und Unfruchtbarkeit gezeigt, als in dem Mctternich'schen serstaat; und dennoch hatten die Rathgeber des jugendlichen Kaisers Fr<E Joseph nichts Dringenderes zu thun, als ihn zu veranlassen, die „in derEiK und nach fremden Mustern gearbeitete Märzvcrfassung" aufzuhcbcn und das Regiment wieder hcrzustellcn. Fürst Metternich, nach verlaufener Sturms wieder in die Kaiserstadt zurückgekehrt, lebte noch lange genug, um den gefällt Staatsbaum von Neuem aufrichten zu sehen, aber die faulen und todbringend Früchte kamen erst nach seinem Hingauge (11. Juni 1859) zur vollen Erschci' uuug. kaiserlichen Patente vom 31. Dcccmber 1851, durch welche die va» Franz Joseph noch nicht beschworene Rcichsverfassung mit ihren liberalen Er richtungen außer Wirksamkeit gesetzt, die absolute Monarchie wieder eingefnhrt die Ministerverautwortlichkeit nur gegenüber der Person des Kaisers festgesi^ und der Staatsrath zum Rath des Kaisers und der Krone erklärt wurde, cn zeugten keine Aufregung. Die unter dem Sccpter Oesterreichs vereinigten kcrstämme hatten zu wenig Gesammtiutercssc, als daß sic sich für eine Staats form hätten begeistern sollen, die sie zum Theil nicht begriffen, zum Theil ni^ wollten, und von deren Wirkungen sie noch keine Erfahrungen hatten. sollten die Völker deutscher, ungarischer, italienischer und slavischer Zunge E Abkunft, die bisher kaum durch ein anderes Band als Militär, Polizei Büreaukratie umschlungen waren, nun auf einmal den Wunsch nach einer einigung durch eine gemeinsame Rcichsverfassung und Gesetzgebung in tragen? War doch das ganze Streben der ungarischen und italienischen Rc^' lutionsbcwegung mehr auf Lösung als auf Stärkung des österreichischen Reich' rcgiments gerichtet gewesen! Aber diese Resignation, womit die österreichisch Völker die Entfernung einer ungewohnten Staatsform Hinnahmen, war