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I. Die Wcslmächle und Rußland. 7^1 die Verfügungen hinnehmcn, welche die heiligen Rechte der Kirche bceinträchriglen. Trotz des Verbotes wurden in den Kirchen national-religiöse Lieder gesungen, in denen die Herstellung Polens vom Himmel ersteht ward, und von den Geistlichen nicht gehindert. Am 15. Juli wurde der in Paris erfolgte Tod des Fürsten 2»u wer. Adam Czartoryski, des Nestors der polnischen Patrioten vom Jahre 1831, zu großen Traucrseierlichkeitcn benutzt. Als die Demonstrationen in kirchlicher Hülle sich immer mehr hcrvorwagten, als sich bei jeder Gelegenheit der erbittertste Russenhaß kund gab und die nationale Trauer in Kleidung und Abzeichen ab sichtlich zur Schau getragen ward, schritt endlich Graf Lambert, der Nach folger des am 30. Mai gestorbenen Gortschakoff in der Statthalterwürdc, zu energischeren Maßregeln: Vier Tage nach der Beerdigung des Erzbischofs Fial- kowski von Warschau, bei welcher wieder auffallende Demonstrationen vorkamcn, " c-n,. verhängte er den Kriegszustand über das ganze Königreich und verbot durch eine Proklamation das Zusammcnstehcn von mehr als drei Personen, das Tragen aller Abzeichen und Nationalcostüme, das Absingen des nationalen Klag- und Bittliedes, das Vcrthcilcn von Placaten und Bildern sowie jede Art politischer und nationaler Manifestation. Als dessen ungeachtet am folgenden Tage tzie^. One«. Todesfcier Kosciuszko's begangen ward, besetzten Soldaten die Thüren der dicht gefüllten Kirchen und verhafteten die heraustretenden Männer. Auf die Kunde davon weigerten sich die Uebrigen, die Kirchen zu verlassen; Tausende verharrten die ganze Nacht in den heiligen Räumen, bis sie am Morgen aus der Kathedrale und der Beruhardinerkirche durch cintrctendes Militär mit Gewalt vertrieben wurden. Nun erklärte aber die gcsammte Geistlichkeit, den Administrator der Erzdiöcese Bialobrzwcski an der Spitze, daß die Kirchen entweiht worden und geschlossen bleiben sollten, bis genügende Garantie für die Sicherheit der Gottes häuser und ihrer Besucher gegeben wäre. So wurde die Stadt gleichsam unter Interdikt gelegt. Die Regierung gab jedoch nicht nach. An die Stelle des Grafen Lambert, der um seine Entlastung nachsuchte und sie erhielt, trat General Lüders. Dieser ließ alsbald eine Reihe der angesehensten Männer, darunter fast alle Mitglieder des ehemaligen Sicherheitsausschusses, verhaften und zum Theil in entfernte Festungen abführen. Auch der Bisthumsverwalter wurde ins Gefäugniß gebracht und durch kriegsrichterlichcn Spruch zum Tode verurtheilt, jedoch unter Vermittelung des Papstes von Alexander zu einem Jahr Festungs haft begnadigt. Felinski, ein einfacher Priester, der bisher in St. Peters burg gelebt hatte, wurde zum Erzbischof von Warschau ernannt, worauf sich die Kirchen den Gläubigen wieder öffneten. Wie ungünstig auch unter solchen Verhältnissen der Boden für die Begründ- ung der beabsichtigten Reformen sein mochte, so verlor der Kaiser dennoch sein «aurE Ziel nicht aus dem Auge. Nach einer Berathung mit dem Markgrafen Wielo-u°n-n. Polski, der fern von den unpraktischen Bestrebungen und Träumen der Emi granten und Idealisten sich zu der Ueberzeugung bekannte, „daß Polen zwar seiner