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700 I). Von Errichtung des zweiten franz. Kaiscrthnms re. Stocken gcrathen. Eine drückende wcitgrcifcndc Aushebung zum Kriegsdienst hatte die Finanzen erschöpft und die Kräfte dem Ackerbau, der Industrie, den Künste« des Friedens entzogen. Diese Ucbclständc zu hebe», war daher AleW- dcr's eifrigstes Anliegen. Eine bedeutende Reduction des Heeres, verbunden mit zweckmäßigen Neuerungen, minderte die Ausgaben und entfesselte viele gcbundcm Hände; durch Handelsverträge mit mehreren Staaten Europas wurde dic Scheidewand nicdergerifsen, welche bisher das russische Reich abgeschlossen hatte, und das strenge Prohibitivsystem mit dem dcmoralisircndcn Schleichhandel im Ge- folge, gegen eine mildere Form der Schutzzölle vertauscht; Dampfschiffahrts- und Handelsgesellschaften nahm der Kaiser unter seine besondere Protection. Durch Verträge mit einheimischen und fremden Bankhäusern ermöglichte er den Da» großer Eisenbahnen, welche den Verkehr und Waarcntransport aus und nach deu cnbi'issvi entlegenen Provinzen erleichterten und förderten. Eine Reise nach Deutschland, wo er nach einem Besuche in Darmstadt, der Hcimath seiner Gemahlin Maria Paulowna, in Stuttgart mitNapoleon, in Weimar mit dem österreichischen Kaiser zusammentraf, wurde zu politischen Abmachungen und Anknüpfungen benutzt. Zugleich wurden in Asien dem Verkehr und Waarenumsatz neue Wege geschaffen, bald durch Beförderung der Schiffahrt auf dem kaspischen Meere, bald durch Gründung oder Erweiterung neuer Handelsstatioucn und Ansiedelungen, bald durch diplomatische Verhandlungen mit den Reichen Ostasiens, besonders niit China, bald durch Sicherung und Ausdehnung der Grenzen in Tscherkessien und am Südrande Sibiriens. Innerhalb zehn Jahren wurden im Stromgebiet des Jaxartes (Syr-Darja) die russischen Besitzungen nach Kokand ausgedehnt, drangen die russischen Waffen siegreich gegen Chiwa und Samarkand vor, wurde das nordwestliche Turkestan in ein russisches General-Gouvernement Taschkend verwandelt und das Machtgebiet des Zaren den englischen Besitzungen in Indien nahe gerückt. Scham yl, der alte Erbfeind Rußlands, wurde so sehr in die Enge getrieben, daß er sich in der Bcrgfestung Ghunib dem russischen General " Bariatinsky übergeben und als Gefangener nach Rußland wandern mußte, w» er zwölf Jahre später starb. Er hatte sich durch Habgier uud Erpressung ft allgemein verhaßt gemacht, daß die meisten Stämme von dem „Fürsten der Gläubigen" abgefallen waren. Um sich gegen die englische Politik, welche den Russen in Mittelasien wie in Griechenland vielfach feindlich entgegentrat, z" stärken, trat das Petersburger Cabinet in nähere Verbindung mit der Regierung der Bereinsstaaten Nordamerika's, eine Verbindung, die, genährt durch gcgc"' seitige Aufmerksamkeiten uud durch den Verkauf der russisch-amerikanischen sitzungen an die Union mit den Jahren an Festigkeit zunahm. Mnan Aber auch auf anderen Gebieten regte sich unter Alexander II. ein neuer Geist. Cs wurde früher angedcutct (S. 263 ff.), mit welcher Strenge Nicolaus das geistige Leben fesselte, wie er dem religiösen Bewußtsein seiner Unterthemen Ge walt anthat, mit welcher Rücksichtslosigkeit er gegen die Bekenner aller von