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I. Die Westmächte und Ruhland. 677 brachte, uni dein nordischen Nachbar jede Gelegenheit zur Einmischung abzu- schncidcn. Die slavischcn Bewohner des „schwarzen Gebirges" (Montenegro), dessen Gipfcl Mm«, in das adriatische Meer niederschaucn, ein streitbares Räubcrvolk griechischer Confes- sion, bildeten einen kleinen Clientclitaat unter türkischer und russischer Schuhherrschaft, besten Fürst (Vladika) die geistliche und weltliche Obcrmacht in seiner Person vereinigte, aber ganz unter Rußlands Einfluß stand. Jin Deccmbcr 1852 folgte der junge Fürsts. Danilo seinem Vater in der Regierung. Er begab sich sogleich nach Petersburg, um sich von Nicolaus Verhaltungsmaßregeln erthcilcn zu lasten. Als nach seiner Rückkehr die geistliche Würde von der weltlichen getrennt ward, und bald darauf die Montene griner einen Kriegs- und Raubzug gegen das türkische Gebiet unternahmen, glaubte inan darin die Hand des russischen Kaisers zu erkennen. Der erste Schritt sollte die griechischen Christen des Landes dem Patriarchen von Constantinopcl entziehen und der russischen Kirchenaufsicht unterstellen; der zweite sollte das Signal zu einem allgemeinen Ausstand der slavischcn Christen gegen die Osmancn geben. Die Türken begegneten dem Einfall mit großer Energie. Von allen Seiten rückten Truppen an die Grenzen; von Skutari aus drang der Renegat Omer Pascha in die Thaler ein, verwüstete das dan. «ssv. Land und übte die größten Gewaltthaten. Da legte sich Oesterreich, daS weder die christliche Bevölkerung unter seinen Augen hinmordcn lasten, noch den Russen Gelegen heit zu einer Intervention geben wollte, ins Mittel. Der Feldmarschalllieutenant Graf v. Leiningcn reiste schnell nach Constantinopcl und verlangte drohend die Einstellung der Feindseligkeiten und die Beseitigung der vielen an österreichischen Untcrthanen, besonders kroatischen Händlern von türkischen Behörden begangenen Rechtsverweige rungen. Und wie barsch auch das Auftreten des Gesandten war, die Pforte erkannte die Absichten Oesterreichs, das Einschreiten Rußlands zu verhindern, und willigte in die Forderungen der österreichischen Regierung. Schon im Februar wurden die türki schen Truppen zurückgezogen, und Fürst Danilo dankte persönlich dein Wiener Cabinct für die geleistete Hülfe. Moirtcncgro blieb in dem früheren Zustande. Aber der Haß der Bevölkerung gegen die Türken führte in den folgenden Jahren neue Feindseligkeiten und Raubzüge herbei. Kaiser Nicolaus sah mit verbissenem Nerger auf den Triumph Oesterreichs, aber noch größer war sein Grimm, als auch der französische Gesandte Marquis Divan, de Lavalette mit seinen gebieterischen Forderungen für Gleichberechtigung der römisch-katholischen Christen in den heiligen Wallfahrtsorten des Morgenlandes bei der eingeschüchterten Pforte durchdrang. Der staatskluge Kaiser Napoleon hatte mit großem Scharfblick erkannt, daß er den katholischen Klerus für seine Politik gewinnen würde, wenn er als Vorfechtcr des Katholicismns im Orient auftrete, und der Sultan wagte nicht seine Anerkennung zu versagen. Nach diesen Vorgängen glaubte der Zar, daß der türkischen Regierung durch schroffes Auftreten Alles abzutrotzen sei, und er beschloß, die andern noch zn überbieten und vor allen Dingen einen System- und Ministerwechsel herbeizuführcn. Sein Admiral, Fürst Menschikoff, reiste als außerordentlicher Gesandter nach Con- stantinopel. Nachdem derselbe in Sebastopol die russische Flotte und ein Land heer von 30,000 Mann mit großer Ostentation gemustert, erschien er in der Hauptstadt am Bosporus. Ohne sich mit dem Minister des Auswärtigen,