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076 I). Von Errichtung des zweiten franz. Kaiserthums re. christlichen Untcrthanen entzogen und ihn auch in den Augen der Mohammedaner hcrabgewürdigt haben würde, wäre der erste Schritt zur Auflösung dcS Osmanen- reichs gewesen. Es waren grade vier Jahrhunderte verflossen, seit Mohammed II. dem byzantinischen Reiche ein Ende gemacht: eine alte Prophczcihung, die da mals geflissentlich ausgcstreut ward, daß nach vierhundert Jahren der Halbmond aus Constantinopel verschwinden würde, sollte die Welt ans ein großes Ereignis vorbcrcitcn, enthüllte aber zugleich die Wünsche und Pläne des russischen Kaisers und seiner Parteigänger. B^ängnib' blieb den Einsichtigen und tiefer Blickenden kein Gchcimniß, wohin Rußlands ehrgeizige Pläne zielten, daß die erstrebte Schirmvogtei über die morgenländische Christenheit nur die Hülle politischer Entwürfe von großer Trag weite sei, daß hinter dem zur Schau getragene» religiösen und kirchliche» Interesse gewaltige Eroberungsgedaiiken verborgen lägen. Die europäischen Großmächte, mit Ausnahme des in den russischen Zaubcrkrcis gebannten Preußens, beschloßen daher, dem Vorhaben Rußlands entgegenzutretcn und die Türkei in ihrer Inte grität zu erhalten. Es war eine eigenthümliche Erscheinung, daß drei christliche Großstaaten sich verbanden, um christliche Völker, deren Befreiung das nächste angebliche Ziel des russischen Machthabers war, unter dem Joche roher Moham medaner zu halten- daß dasselbe Osmancnrcich, gegen welches zwei Jahrhunderte lang die gesammte abendländische Christenheit ins Feld gezogen war, nun nnt liebender Fürsorge geschützt und gepflegt wurde, ja daß die öffentliche Meinung, die sich nun wieder schüchtern hervorwagte, für die Türken in die Schranke trat. Die Großmächte waren übrigens klug genug, den Russen auf demselben Bode» zu folgen. Das protestantische England freilich, das keine Pilger zu schützen hatte, konnte von der religiösen Maske keinen Gebrauch machen; es mußte die Er haltung des politischen Gleichgewichts, die Beschützung einer befreundeten Maehl in ihrer Bedrängniß und die Vertheidigung einer gerechten Sache gegen Neben muth und Gewalt als Denkspruch und Losungswort führe». Ein tieferer Be weggrund aber lag in der Besorgniß, durch Rußlands Uebermacht vom schwarze» Meere ausgeschlossen und im östlichen Handel beeinträchtigt zu werde». Der Kaiser von Frankreich dagegen, der seine Herrschaft nicht glorreicher ein weihen konnte, als durch einen Rachekrieg gegen dasselbe Rußland, dem eiB sei» Oheim und die große Armee erlegen, dessen Monarch stets so unverhohlen seine Geringschätzung gegen die Tuilerienregierung kund gegeben, warf sich z»"' Beschützer der römisch-katholischen Christen auf und verlangte für sie gleicht Recht und gleichen Schutz; und Oesterreich, das dein Bunde der Westmächte überhaupt nicht aufrichtig beitrat, das an dem Kriege keinen thätigen Antheil nahm, aber noch weniger einen Löwenbund mit Rußland eingehen wollte, durch kreuzte mit der ihni eigenen instinctiven Schlauheit die Pläne des gewaltig"' Machthabers, indem es in dem von Rußland angefachten Streit der Monte»" griner gegen die Türken die Pforte in brüsker Weise zur raschen Nachgiebig!"'